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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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Darauf Jffland:


"Lieber Freund?

Ich schreibe über eine Sache so ziemlich aus der üblichen Form. Indeß
die üblichen Formen bringen mehr auseinander als zusammen; das ist nicht
gut -- also zur Sache. Habe ich in Weimar so viel Vergnügen gegeben als
ich dort empfangen habe, so kann es beide Theile interesstren sich wiederzusehen.
Habe ich das erste nicht nur eigenliebig gesehen, so machen Sie Sr. Excellenz
Herrn Minister von Goethe unbefangen meinen Antrag, der darin besteht:

Ich kann etwa vom 19. April bis Mai von hier abkommen. Ich
kann in der Zeit sechsmal dort spielen. Ich wünsche, daß Ihre Theaterkasse
meine Reise trage; so viel kann sie durch meine Gastrollen erwerben. Ich
verlange durchaus kein Honorar. Was ich dort sehe und empfinde, ist das edelste
Honorar. Geben Sie mir eine Wohnung und meines und Meiner Körper
Nahrung -- wovon die Beilage das Nähere sagt, so ist dann die Frage, ob
man überhaupt oder ob man mich jetzt sehen will. Sind Umstände oder der
Augenblick dagegen, so habe ich nichts gesagt. Berlin, 30. März 1798.

Erwartet man dort Herrn Schröder, so paßt mein Antrag nicht, denn'es
ist angenehmer zwei Künstler als zweimal denselben zu sehen. Dann werfen
Sie meinen Antrag wen.
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l^! , ^
Ich reise mit meiner Frau, einer Magd, die sie bedient, und meinem
Schreiber, erbäte also und wenn es sein kann in einem Privathause eine Kam¬
mer mit zwei Betten für mich und Frau, ein Zimmer zum Wohnen, Kammer
und ein Bett für die Magd, ditto für Georg. Das Essen wie damals -- dem
Schreiber gebe ich Kostgeld für die tadle ü'toto --; die Magd rangirt sich
von unsern Resten. Frühstück wie damals. Ich bin deutlich hierüber, um
nicht zu geniren. Es ist keineswegs Indiscretion.

Von den Reisekosten gebe ich Berechnung."

Mit Goethes Genehmigung antwortete Kirms am 9. April 1798:

"Die Bestätigung der mir gemachten Hoffnungen vom 30. März hat all¬
gemeine Freude verursacht wie zu vermuthen war. Daß Sie uns interesstren,
ist eine Folge Ihrer Talente und einer Menge Ihrer eignen persönlichen An¬
nehmlichkeiten; wenn wir aber auch nur so gewiß wären, daß Weimar bei
Ihrer zweiten Abreise von hier Sie ebenso interesstren könnte, als es das erste
Mal geschehen zu sein scheint. Ich fürchte; denn wer aus Berlin in das
kleine Weimar kommt, dem kann es nicht gefallen. Der Herr Geh. R. von
Goethe nimmt Ihr gütiges Anerbieten unter den mitgetheilten Bedingungen
mit Vergnügen an, freut sich darüber und denkt mit eben dem Eifer als vor
zwei Jahren darauf, daß zu Ihrer guten Aufnahme nichts verabsäumt werde,
bedauert aber, daß Ihr Aufenthalt von so kurzer Dauer sein muß. Für Quar¬
tier Und womöglich in einem Privathause soll gesorgt werden, ob es gleich


Darauf Jffland:


„Lieber Freund?

Ich schreibe über eine Sache so ziemlich aus der üblichen Form. Indeß
die üblichen Formen bringen mehr auseinander als zusammen; das ist nicht
gut — also zur Sache. Habe ich in Weimar so viel Vergnügen gegeben als
ich dort empfangen habe, so kann es beide Theile interesstren sich wiederzusehen.
Habe ich das erste nicht nur eigenliebig gesehen, so machen Sie Sr. Excellenz
Herrn Minister von Goethe unbefangen meinen Antrag, der darin besteht:

Ich kann etwa vom 19. April bis Mai von hier abkommen. Ich
kann in der Zeit sechsmal dort spielen. Ich wünsche, daß Ihre Theaterkasse
meine Reise trage; so viel kann sie durch meine Gastrollen erwerben. Ich
verlange durchaus kein Honorar. Was ich dort sehe und empfinde, ist das edelste
Honorar. Geben Sie mir eine Wohnung und meines und Meiner Körper
Nahrung — wovon die Beilage das Nähere sagt, so ist dann die Frage, ob
man überhaupt oder ob man mich jetzt sehen will. Sind Umstände oder der
Augenblick dagegen, so habe ich nichts gesagt. Berlin, 30. März 1798.

Erwartet man dort Herrn Schröder, so paßt mein Antrag nicht, denn'es
ist angenehmer zwei Künstler als zweimal denselben zu sehen. Dann werfen
Sie meinen Antrag wen.
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Ich reise mit meiner Frau, einer Magd, die sie bedient, und meinem
Schreiber, erbäte also und wenn es sein kann in einem Privathause eine Kam¬
mer mit zwei Betten für mich und Frau, ein Zimmer zum Wohnen, Kammer
und ein Bett für die Magd, ditto für Georg. Das Essen wie damals — dem
Schreiber gebe ich Kostgeld für die tadle ü'toto —; die Magd rangirt sich
von unsern Resten. Frühstück wie damals. Ich bin deutlich hierüber, um
nicht zu geniren. Es ist keineswegs Indiscretion.

Von den Reisekosten gebe ich Berechnung."

Mit Goethes Genehmigung antwortete Kirms am 9. April 1798:

„Die Bestätigung der mir gemachten Hoffnungen vom 30. März hat all¬
gemeine Freude verursacht wie zu vermuthen war. Daß Sie uns interesstren,
ist eine Folge Ihrer Talente und einer Menge Ihrer eignen persönlichen An¬
nehmlichkeiten; wenn wir aber auch nur so gewiß wären, daß Weimar bei
Ihrer zweiten Abreise von hier Sie ebenso interesstren könnte, als es das erste
Mal geschehen zu sein scheint. Ich fürchte; denn wer aus Berlin in das
kleine Weimar kommt, dem kann es nicht gefallen. Der Herr Geh. R. von
Goethe nimmt Ihr gütiges Anerbieten unter den mitgetheilten Bedingungen
mit Vergnügen an, freut sich darüber und denkt mit eben dem Eifer als vor
zwei Jahren darauf, daß zu Ihrer guten Aufnahme nichts verabsäumt werde,
bedauert aber, daß Ihr Aufenthalt von so kurzer Dauer sein muß. Für Quar¬
tier Und womöglich in einem Privathause soll gesorgt werden, ob es gleich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/198>, abgerufen am 23.07.2024.