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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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geilem zurückgelassen, sofort die Unabhängigkeit vom Mutterlande an, und ein
Sproß des Hauses Braganza trat an die Spitze des neuen Staates, ein uner¬
meßlicher Vortheil um so mehr, als Dom Pedro I. ein bedeutender Mann war.
Er schnitt die Verfassungswirren, in denen sich die Nachbarstaaten erschöpften,
durch eine freisinnige Verfassung ab, die von den Municipalitäten angenom¬
men ward, und erlangte 1823 die Anerkennung der Unabhängigkeit Brasiliens
von Portugal und den übrigen Staaten Europas. Die Prüfungen blieben
freilich dem jungen Kaiserreich nicht erspart, ein verfehlter Krieg mit Monte¬
video und innere Wirren bewogen Dom Pedro, zu Gunsten seines unmündigen
Sohnes abzudanken, eine zehnjährige Regentschaft voll von Stürmen folgte,
aber bewunderungswürdig gut hat das Land sie überstanden und seit der
Thronbesteigung Dom Pedro II. 1840 ist eS in stetem Fortschritte begriffen.
Suchen wir an der Hand deS obigen trefflichen Werkes den brasilianischen
Zuständen etwas näher zu treten.

Brasilien ist eines der größten Reiche der Erde, seine Gesammtfläche beträgt
740,000 in Meilen. Von den 20 Provinzen, einige groß wie die größten
europäischen Königreiche, haben 16 atlantische Häfen, von den vier Binnenprovin¬
zen sind zwei durch die größten Ströme, den Amazonenstrom und den Paraguay mit
dem Meere in Verbindung. Brasilien hat bei seiner unermeßlichen Ausdehnung
von Nord nach Süd und bei den Bergketten, die es durchziehen, die verschie¬
densten Klimate, von der brennenden Hitze des Aequators bis zur sanften
Temperatur von Nizza und Meran. DersBoden ist fast überall mit pracht¬
vollen Wäldern bedeckt und durchfurcht von großen Strömen, die leicht schiffbar
zu machen sind. Die mächtige Vegetation der tropischen Zone entfaltet ihre
ganze Ueppigkeit, aber die höher gelegenen Landestheile, namentlich die süd¬
lichen Provinzen, passen vollkommen sür die europäischen Culturgewächse. Der
Anbau des Bodens, dessen unermeßliche Fruchtbarkeit zu ihrer Entwicklung
nur der menschlichen Arme bedarf, ist der unvergängliche Reichthum Brasiliens
und liefert seine Hauptaussuhrartikel, Kaffee, Zucker, Tabak, Baumwolle,
Cacao, Kautschuk; seine Wälder geben Europa die herrlichen Kunsttischlerei-
hölzer. Neben dem Monopol des Diamantenfundeö hat Brasilien noch.andre
mineralische Reichthümer, Gold-, Eisen- und Kohlenlager, die bis jetzt nur
mittelmäßig ausgebeutet sind, aber unter den Händen geschickter Bergleute dem
Lande neue Hilfsauellen bieten werden.

Rio de Janeiro, die Hauptstadt, liegt in/der Provinz gleiches Namens
auf einer Halbinsel inmitten einer Bucht,, die einen geräumigen Hasen für
Schiffe aller Größen bildet. Die Stadt zählt ca. 200,000 Einwohner, ihr
Aeußeres ist hübsch, die Straßen sind breit und mit Granit gepflastert, die
Häuser aus Bruch- oder Ziegelsteinen gebaut, haben meist zwei Stockwerke.
Rio hat große Plätze und schöne Gebäude, wie den kaiserlichen Palast, die


geilem zurückgelassen, sofort die Unabhängigkeit vom Mutterlande an, und ein
Sproß des Hauses Braganza trat an die Spitze des neuen Staates, ein uner¬
meßlicher Vortheil um so mehr, als Dom Pedro I. ein bedeutender Mann war.
Er schnitt die Verfassungswirren, in denen sich die Nachbarstaaten erschöpften,
durch eine freisinnige Verfassung ab, die von den Municipalitäten angenom¬
men ward, und erlangte 1823 die Anerkennung der Unabhängigkeit Brasiliens
von Portugal und den übrigen Staaten Europas. Die Prüfungen blieben
freilich dem jungen Kaiserreich nicht erspart, ein verfehlter Krieg mit Monte¬
video und innere Wirren bewogen Dom Pedro, zu Gunsten seines unmündigen
Sohnes abzudanken, eine zehnjährige Regentschaft voll von Stürmen folgte,
aber bewunderungswürdig gut hat das Land sie überstanden und seit der
Thronbesteigung Dom Pedro II. 1840 ist eS in stetem Fortschritte begriffen.
Suchen wir an der Hand deS obigen trefflichen Werkes den brasilianischen
Zuständen etwas näher zu treten.

Brasilien ist eines der größten Reiche der Erde, seine Gesammtfläche beträgt
740,000 in Meilen. Von den 20 Provinzen, einige groß wie die größten
europäischen Königreiche, haben 16 atlantische Häfen, von den vier Binnenprovin¬
zen sind zwei durch die größten Ströme, den Amazonenstrom und den Paraguay mit
dem Meere in Verbindung. Brasilien hat bei seiner unermeßlichen Ausdehnung
von Nord nach Süd und bei den Bergketten, die es durchziehen, die verschie¬
densten Klimate, von der brennenden Hitze des Aequators bis zur sanften
Temperatur von Nizza und Meran. DersBoden ist fast überall mit pracht¬
vollen Wäldern bedeckt und durchfurcht von großen Strömen, die leicht schiffbar
zu machen sind. Die mächtige Vegetation der tropischen Zone entfaltet ihre
ganze Ueppigkeit, aber die höher gelegenen Landestheile, namentlich die süd¬
lichen Provinzen, passen vollkommen sür die europäischen Culturgewächse. Der
Anbau des Bodens, dessen unermeßliche Fruchtbarkeit zu ihrer Entwicklung
nur der menschlichen Arme bedarf, ist der unvergängliche Reichthum Brasiliens
und liefert seine Hauptaussuhrartikel, Kaffee, Zucker, Tabak, Baumwolle,
Cacao, Kautschuk; seine Wälder geben Europa die herrlichen Kunsttischlerei-
hölzer. Neben dem Monopol des Diamantenfundeö hat Brasilien noch.andre
mineralische Reichthümer, Gold-, Eisen- und Kohlenlager, die bis jetzt nur
mittelmäßig ausgebeutet sind, aber unter den Händen geschickter Bergleute dem
Lande neue Hilfsauellen bieten werden.

Rio de Janeiro, die Hauptstadt, liegt in/der Provinz gleiches Namens
auf einer Halbinsel inmitten einer Bucht,, die einen geräumigen Hasen für
Schiffe aller Größen bildet. Die Stadt zählt ca. 200,000 Einwohner, ihr
Aeußeres ist hübsch, die Straßen sind breit und mit Granit gepflastert, die
Häuser aus Bruch- oder Ziegelsteinen gebaut, haben meist zwei Stockwerke.
Rio hat große Plätze und schöne Gebäude, wie den kaiserlichen Palast, die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/16>, abgerufen am 22.12.2024.