Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.liebe Art bemerklich, mit welcher er den Journalismus charcikterifirte. Allerdings Der neue Finanzminister theilte ganz die Ansichten seines Vorgängers liebe Art bemerklich, mit welcher er den Journalismus charcikterifirte. Allerdings Der neue Finanzminister theilte ganz die Ansichten seines Vorgängers <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103105"/> <p xml:id="ID_1639" prev="#ID_1638"> liebe Art bemerklich, mit welcher er den Journalismus charcikterifirte. Allerdings<lb/> kam die Freiheit, die man d.er Presse ließ, auch den Gegnern des herrschenden<lb/> Systems zu Nutze. Der erste Entwurf, den die mit dem Preßgesetz betraute<lb/> Commission vorlegte, erregte einen solchen Sturm in der Presse und in der<lb/> öffentlichen Meinung, daß er zurückgenommen und gemildert werden mußte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1640" next="#ID_1641"> Der neue Finanzminister theilte ganz die Ansichten seines Vorgängers<lb/> rücksichtlich der Consumos. Er vertrat die Wiedereinführung derselben mit so<lb/> großem Nachdruck im Ministerrath, daß dessen sämmtliche Mitglieder, Espartero<lb/> nicht ausgenommen, eine Cabinetsfrage daraus zu machen beschlossen. Unter<lb/> den Auspicien des Marschall O'Dommel wurde der Versuch erneut, die fast<lb/> in Vergessenheit gekommene liberale Union wieder zu beleben, und alle ge¬<lb/> mäßigteren Elemente der Versammlung zu einer compacten, gouvernementalen<lb/> Majorität zu vereinen. Eine Zeitlang schien dies Vorhaben aus dem besten<lb/> Weg des Gelingens zu sein. Verschiedene bedeutende progressistische Namen<lb/> stgurirren unter den Leitern der neuen Partei, bei deren Bildung man bereits<lb/> die Wahlen zu den der Constituante folgenden, ordentlichen Cortes im Auge<lb/> hatte. Nunmehr fingen jedoch die Puros an Besorgniß zu schöpfen. Sie<lb/> verbanden sich mit der radicalen Fraction der Progressisten, die bisher zwischen<lb/> ihnen und den Demokraten eine gesonderte Stellung inne gehabt hatte. Sie<lb/> schickten eine Deputation an Espartero ab, die diesem persönlich die Unter¬<lb/> stützung ihres Vereins anbieten, und zugleich die Adoption ihres Finanzpro-<lb/> jectes durch das Ministerium verlangen sollte. Der SiegeSherzog zeigte auch<lb/> jetzt wieder die ganze Haltlosigkeit seines Charakters. Obwol er kurz zuvor<lb/> der liberalen Union seine ganze Sympathie ausgedrückt, und sie der völligen<lb/> Uebereinstimmung seiner Ansichten mit den ihrigen versichert hatte, so führte<lb/> er doch den Puros gegenüber genau dieselbe Sprache und wahrscheinlich dies<lb/> Mal mit größerer Aufrichtigkeit. Diese Adhäsion Esparteros verschaffte den<lb/> PuroS nach dem Centrum hin so viel Zuwachs, daß die liberale Union sich<lb/> bald von ihnen überflügelt sah. Als Santa-Cruz seinen Budgetentwurf vor¬<lb/> legte, traten die Puros mit einem Contreproject auf, und der Finanzminister<lb/> war genöthigt, wollte er nicht einer Niederlage sich aussetzen, und damit eine<lb/> Cabinetskrise von bedenklichster Tragweite hervorrufen, mit seinen Gegnern zu<lb/> transigiren. Das Resultat des Compromisses war ein Compler von directen<lb/> und indirecten Steuern, die theilweise neu waren, theilweise die Consumos<lb/> wiederherstellten. Die Anlage der directen Steuern sollte den Communal-<lb/> behörden überlassen werden. Das Ganze deckte den Ausfall der Consumos<lb/> nicht genügend, und stieß dabei auf ähnliche Hindernisse, wie diese, in der<lb/> Abneigung der Bevölkerungen. Außerdem ließ die Beauftragung der Communal-<lb/> behörden mit der Aufbringung der directen Steuer, die den Namen „National¬<lb/> steuer" erhielt, lästige Verzögerungen, wenn nicht Ausfälle befürchten, was</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0510]
liebe Art bemerklich, mit welcher er den Journalismus charcikterifirte. Allerdings
kam die Freiheit, die man d.er Presse ließ, auch den Gegnern des herrschenden
Systems zu Nutze. Der erste Entwurf, den die mit dem Preßgesetz betraute
Commission vorlegte, erregte einen solchen Sturm in der Presse und in der
öffentlichen Meinung, daß er zurückgenommen und gemildert werden mußte.
Der neue Finanzminister theilte ganz die Ansichten seines Vorgängers
rücksichtlich der Consumos. Er vertrat die Wiedereinführung derselben mit so
großem Nachdruck im Ministerrath, daß dessen sämmtliche Mitglieder, Espartero
nicht ausgenommen, eine Cabinetsfrage daraus zu machen beschlossen. Unter
den Auspicien des Marschall O'Dommel wurde der Versuch erneut, die fast
in Vergessenheit gekommene liberale Union wieder zu beleben, und alle ge¬
mäßigteren Elemente der Versammlung zu einer compacten, gouvernementalen
Majorität zu vereinen. Eine Zeitlang schien dies Vorhaben aus dem besten
Weg des Gelingens zu sein. Verschiedene bedeutende progressistische Namen
stgurirren unter den Leitern der neuen Partei, bei deren Bildung man bereits
die Wahlen zu den der Constituante folgenden, ordentlichen Cortes im Auge
hatte. Nunmehr fingen jedoch die Puros an Besorgniß zu schöpfen. Sie
verbanden sich mit der radicalen Fraction der Progressisten, die bisher zwischen
ihnen und den Demokraten eine gesonderte Stellung inne gehabt hatte. Sie
schickten eine Deputation an Espartero ab, die diesem persönlich die Unter¬
stützung ihres Vereins anbieten, und zugleich die Adoption ihres Finanzpro-
jectes durch das Ministerium verlangen sollte. Der SiegeSherzog zeigte auch
jetzt wieder die ganze Haltlosigkeit seines Charakters. Obwol er kurz zuvor
der liberalen Union seine ganze Sympathie ausgedrückt, und sie der völligen
Uebereinstimmung seiner Ansichten mit den ihrigen versichert hatte, so führte
er doch den Puros gegenüber genau dieselbe Sprache und wahrscheinlich dies
Mal mit größerer Aufrichtigkeit. Diese Adhäsion Esparteros verschaffte den
PuroS nach dem Centrum hin so viel Zuwachs, daß die liberale Union sich
bald von ihnen überflügelt sah. Als Santa-Cruz seinen Budgetentwurf vor¬
legte, traten die Puros mit einem Contreproject auf, und der Finanzminister
war genöthigt, wollte er nicht einer Niederlage sich aussetzen, und damit eine
Cabinetskrise von bedenklichster Tragweite hervorrufen, mit seinen Gegnern zu
transigiren. Das Resultat des Compromisses war ein Compler von directen
und indirecten Steuern, die theilweise neu waren, theilweise die Consumos
wiederherstellten. Die Anlage der directen Steuern sollte den Communal-
behörden überlassen werden. Das Ganze deckte den Ausfall der Consumos
nicht genügend, und stieß dabei auf ähnliche Hindernisse, wie diese, in der
Abneigung der Bevölkerungen. Außerdem ließ die Beauftragung der Communal-
behörden mit der Aufbringung der directen Steuer, die den Namen „National¬
steuer" erhielt, lästige Verzögerungen, wenn nicht Ausfälle befürchten, was
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