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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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gegenüber durchzusetzen, Rachgegeben, und die Gelder für die Armee ohn- weitere
Bedingungen bewilligt, so Laß der die Sklavereipartei begünstigende Präsident voll¬
kommen sreie Hand hat. -^n Kansas haben die Thatsachen gesprochen. Nach
niedren. bald diese bald jene Seite begünstigenden Scharmützeln ist es am vorletzten
Tage des August zwischen den Freibodenmänneru und der Sklavenhalterparte: zu
einem blutigen Zusammenstoß gekommen, der mit dem vollständigen Sieg der letztern
geendigt hat. und die Regierung selbst läßt von allen Seiten Truppen zur voll¬
ständigen Unterdrückung der erstern heranziehen. Die Energie und Rücksichtslosigkeit
mit der die Sklavenhalterpartei ihr Ziel verfolgt, hat ihr die Oberhand verschafft,
und sie wird nicht lange mit Versuchen säumen, ihre Herrschaft noch weiter auszu¬
dehnen. Früher stand' sie auf der Defensive gegen den Norden, jetzt ist dieser in
die Vertheidigung zurückgeworfen.'und es tritt jetzt an ihn die ernste Frage heran.
°b er sich dem steigenden Einfluß des Südens ruhig fügen, seine heiligsten sittlichen
Principien verletzen und seine materiellen Interessen durch die weitere Ausbreitung
der Sklaverei schwer beeinträchtigen lassen, oder lieber zur Auflösung der Union
schreiten soll.


Hawliczek.*) Gestern Nachmittags (den Iten August) schreibt das
Blatt Bohemia, fand das Lcichenbeqräbniß des am 29. Juli 1856 verstorbenen ccchi-
schen Schriftstellers und einstigen Redacteurs der ehemaligen Mroülü room^ (Na-
tionalzeituug) Karl Hawliczek statt.

Mit Hawliczek. fährt es in seiner Apologie weiter fort, sank ein bedeutendes
Talent, der größte und erste Publicist, den die cechische Literatur auszuweisen hatte,
ins Grab. Er war ein regsamer, energischer, rasch und scharf auffassender Geist,
reich begabt mit Witz, den'er als beißende Waffe rücksichtslos gegen seine Gegner
führte. Die Zeit der Aufregung hat sein Talent genährt und groß gezogen. --
So weit das einzige Referat der'"Bohemia." Durch die Confiscation des Tages,
boten waren die übrigen Journale schon gewarnt, weitere Berichte über Hawliczek
zu bringen.

Der mit einem Lorbeerkranze geschmückte Sarg wurde von Freunden Hawliczeks,
theils von seinen offensten Gegnern bis zum Thore getragen, wo sodann einige Reprä¬
sentanten des Landvolkes die ihm theuere Bürde auf ihren Schultern nach dem Fried-
Hofe zu bringen gesonnen waren. In feierlicher Ruhe bewegte sich der Trauerzug.bestehend aus Literaten. Studenten. Bürgern und Arbeitern zum Thore, mit ent¬
blößtem Haupte, ohne Klang und'Sang, und eine Menge von Arbeitern gabihrem dahingegangenen Gotte bis auf den Friedhof das Ehrengeleite.

Karl Hawliczek. geboren den 31. October 182i, in dem Marktflecken Borowin Böhmen, war der Sohn eines Kaufmanns daselbst. Seine Erziehung, die rein
theologischer Richtung war, und die er von dem dortigen Vicar und Dechant
--'''



.-
*) Dem nachfolgenden Artikel hat die Redaktion, obgleich er den Tendenzen deS BlattesWner steht. als einen Flüchtling vor den östreichischen Prcßznständcn, die ihn in der HeimatNicht erscheinen ließen, eine Stelle eingeräumt.

gegenüber durchzusetzen, Rachgegeben, und die Gelder für die Armee ohn- weitere
Bedingungen bewilligt, so Laß der die Sklavereipartei begünstigende Präsident voll¬
kommen sreie Hand hat. -^n Kansas haben die Thatsachen gesprochen. Nach
niedren. bald diese bald jene Seite begünstigenden Scharmützeln ist es am vorletzten
Tage des August zwischen den Freibodenmänneru und der Sklavenhalterparte: zu
einem blutigen Zusammenstoß gekommen, der mit dem vollständigen Sieg der letztern
geendigt hat. und die Regierung selbst läßt von allen Seiten Truppen zur voll¬
ständigen Unterdrückung der erstern heranziehen. Die Energie und Rücksichtslosigkeit
mit der die Sklavenhalterpartei ihr Ziel verfolgt, hat ihr die Oberhand verschafft,
und sie wird nicht lange mit Versuchen säumen, ihre Herrschaft noch weiter auszu¬
dehnen. Früher stand' sie auf der Defensive gegen den Norden, jetzt ist dieser in
die Vertheidigung zurückgeworfen.'und es tritt jetzt an ihn die ernste Frage heran.
°b er sich dem steigenden Einfluß des Südens ruhig fügen, seine heiligsten sittlichen
Principien verletzen und seine materiellen Interessen durch die weitere Ausbreitung
der Sklaverei schwer beeinträchtigen lassen, oder lieber zur Auflösung der Union
schreiten soll.


Hawliczek.*) Gestern Nachmittags (den Iten August) schreibt das
Blatt Bohemia, fand das Lcichenbeqräbniß des am 29. Juli 1856 verstorbenen ccchi-
schen Schriftstellers und einstigen Redacteurs der ehemaligen Mroülü room^ (Na-
tionalzeituug) Karl Hawliczek statt.

Mit Hawliczek. fährt es in seiner Apologie weiter fort, sank ein bedeutendes
Talent, der größte und erste Publicist, den die cechische Literatur auszuweisen hatte,
ins Grab. Er war ein regsamer, energischer, rasch und scharf auffassender Geist,
reich begabt mit Witz, den'er als beißende Waffe rücksichtslos gegen seine Gegner
führte. Die Zeit der Aufregung hat sein Talent genährt und groß gezogen. —
So weit das einzige Referat der'„Bohemia." Durch die Confiscation des Tages,
boten waren die übrigen Journale schon gewarnt, weitere Berichte über Hawliczek
zu bringen.

Der mit einem Lorbeerkranze geschmückte Sarg wurde von Freunden Hawliczeks,
theils von seinen offensten Gegnern bis zum Thore getragen, wo sodann einige Reprä¬
sentanten des Landvolkes die ihm theuere Bürde auf ihren Schultern nach dem Fried-
Hofe zu bringen gesonnen waren. In feierlicher Ruhe bewegte sich der Trauerzug.bestehend aus Literaten. Studenten. Bürgern und Arbeitern zum Thore, mit ent¬
blößtem Haupte, ohne Klang und'Sang, und eine Menge von Arbeitern gabihrem dahingegangenen Gotte bis auf den Friedhof das Ehrengeleite.

Karl Hawliczek. geboren den 31. October 182i, in dem Marktflecken Borowin Böhmen, war der Sohn eines Kaufmanns daselbst. Seine Erziehung, die rein
theologischer Richtung war, und die er von dem dortigen Vicar und Dechant
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.-
*) Dem nachfolgenden Artikel hat die Redaktion, obgleich er den Tendenzen deS BlattesWner steht. als einen Flüchtling vor den östreichischen Prcßznständcn, die ihn in der HeimatNicht erscheinen ließen, eine Stelle eingeräumt.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/43>, abgerufen am 03.07.2024.