Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

seltne der Sklaverei in den bisherigen Sklavenstaaten. Entstünde aber ein all¬
gemeiner Bürgerkrieg, so könnte derselbe leicht eine solche Wendung nehmen,
daß der eigentliche Aboli tionismus die Oberhand gewönne und dem ganzen
verhaßten Sklavenwesen mit Gewalt der Waffen ein Ende machte. Einen sol¬
chen Bürgerkrieg zu vermeiden liegt sonach im höchsten und klarsten Interesse
deS Südens.

Ä) Wenn es zu einer Trennung käme, so würde auf jeden Fall das von
den Sklavenstaaten so hoch angeschlagene Recht, die Auslieferung flüchtiger
Sklaven zu verlangen, ein Ende nehmen, und man denke sich, wie die Sklaven
im Mcissenausbruch sich alsdann die Nachbarschaft der freien Staaten zu Nutze
machen würden.

L) Der Schutz, den die Sklavenhalter durch die Gesammtmacht der Union
genießen, begründet allein in ihnen daS Gefühl der Sicherheit ihren Sklaven
gegenüber, so weit dieses Gefühl überhaupt eristiren kann, -- in den Sklaven
selbst ab.er das Gefühl der Unmöglichkeit, sich mit Erfolg gegen ihre Herren
aufzulehnen, denen sie an Zahl zehnfach überlegen find. Die Auslösung der
Union würde das Signal zu einer allgemeinen Empörung der Sklaven werden.

6) Der entscheidendste Grund aber, warum eine Trennung der Vereinigten
Staaten dem Süden gefährlich und verderblich werden müßte -- gleichviel ob
sie auf gewaltsame oder friedliche Weise zu Stande käme, -- liegt in dem Um¬
stände, daß die neue südliche Union in jeder Beziehung bei weitem die
schwächere sein würde. Denn nicht nur ist die weiße Bevölkerung der freien
Staaten mehr als doppelt so groß als die der Sklavenstaaten, sondern die
freie Union hätte auch in Bezug auf Handel, Industrie, Reichthum, Staats¬
einkommen, Seemacht, Intelligenz, Bildung, moralische Würde und Energie,
mit einem Worte, in Bezug auf alle Elemente nationaler Kraft, ein so ent¬
schiedenes Uebergewicht über die südliche Union, daß diese letztere dem guten
Willen der nördlichen völlig Preis gegeben wäre, und daß bei dem ersten feind¬
lichen Zusammenstoß der Sieg der freien Union nicht zweifelhaft sein könnte,
-- und zwar um so weniger, da in einem solchen Falle die südliche Union
ihren ärgsten und gefährlichsten Feind -- ihre drei Millionen Sklaven -- in
ihrer eignen Mitte fände. Und dieses Uebergewicht der freien Union würde
von Jahr zu Jahr noch wachsen, da hier der Fortschritt durch Einwanderung
und innere Vermehrung der Bevölkerung und aller andern Nationalkräfte in
weit größerm Maßstabe stattfindet, als im Süden.*)



Als Belege der obigen Ansicht mögen einige interessante statistische Angaben dienen.
Die weiße Bevölkerung des Sklavenstaatcs Siidcarolina stieg in 60 Jahren (von -1790--18L0)
nur von 249,000 auf 274,000, -- die des freie" Staates Illinois dagegen in der Hälfte
dieser Zeit (von 1820 ---I8L0) von "0,000 auf mehr als eine Million, und die des freien
Staates Massachusetts, der viermal kleiner ist als Südcarolina, in 60 Jahren (von
->790 --t8av) von 373,000 auf 994,000. Ein ähnliches Verhältniß i" Bezug auf das An-

seltne der Sklaverei in den bisherigen Sklavenstaaten. Entstünde aber ein all¬
gemeiner Bürgerkrieg, so könnte derselbe leicht eine solche Wendung nehmen,
daß der eigentliche Aboli tionismus die Oberhand gewönne und dem ganzen
verhaßten Sklavenwesen mit Gewalt der Waffen ein Ende machte. Einen sol¬
chen Bürgerkrieg zu vermeiden liegt sonach im höchsten und klarsten Interesse
deS Südens.

Ä) Wenn es zu einer Trennung käme, so würde auf jeden Fall das von
den Sklavenstaaten so hoch angeschlagene Recht, die Auslieferung flüchtiger
Sklaven zu verlangen, ein Ende nehmen, und man denke sich, wie die Sklaven
im Mcissenausbruch sich alsdann die Nachbarschaft der freien Staaten zu Nutze
machen würden.

L) Der Schutz, den die Sklavenhalter durch die Gesammtmacht der Union
genießen, begründet allein in ihnen daS Gefühl der Sicherheit ihren Sklaven
gegenüber, so weit dieses Gefühl überhaupt eristiren kann, — in den Sklaven
selbst ab.er das Gefühl der Unmöglichkeit, sich mit Erfolg gegen ihre Herren
aufzulehnen, denen sie an Zahl zehnfach überlegen find. Die Auslösung der
Union würde das Signal zu einer allgemeinen Empörung der Sklaven werden.

6) Der entscheidendste Grund aber, warum eine Trennung der Vereinigten
Staaten dem Süden gefährlich und verderblich werden müßte — gleichviel ob
sie auf gewaltsame oder friedliche Weise zu Stande käme, — liegt in dem Um¬
stände, daß die neue südliche Union in jeder Beziehung bei weitem die
schwächere sein würde. Denn nicht nur ist die weiße Bevölkerung der freien
Staaten mehr als doppelt so groß als die der Sklavenstaaten, sondern die
freie Union hätte auch in Bezug auf Handel, Industrie, Reichthum, Staats¬
einkommen, Seemacht, Intelligenz, Bildung, moralische Würde und Energie,
mit einem Worte, in Bezug auf alle Elemente nationaler Kraft, ein so ent¬
schiedenes Uebergewicht über die südliche Union, daß diese letztere dem guten
Willen der nördlichen völlig Preis gegeben wäre, und daß bei dem ersten feind¬
lichen Zusammenstoß der Sieg der freien Union nicht zweifelhaft sein könnte,
— und zwar um so weniger, da in einem solchen Falle die südliche Union
ihren ärgsten und gefährlichsten Feind — ihre drei Millionen Sklaven — in
ihrer eignen Mitte fände. Und dieses Uebergewicht der freien Union würde
von Jahr zu Jahr noch wachsen, da hier der Fortschritt durch Einwanderung
und innere Vermehrung der Bevölkerung und aller andern Nationalkräfte in
weit größerm Maßstabe stattfindet, als im Süden.*)



Als Belege der obigen Ansicht mögen einige interessante statistische Angaben dienen.
Die weiße Bevölkerung des Sklavenstaatcs Siidcarolina stieg in 60 Jahren (von -1790—18L0)
nur von 249,000 auf 274,000, — die des freie» Staates Illinois dagegen in der Hälfte
dieser Zeit (von 1820 —-I8L0) von »0,000 auf mehr als eine Million, und die des freien
Staates Massachusetts, der viermal kleiner ist als Südcarolina, in 60 Jahren (von
->790 —t8av) von 373,000 auf 994,000. Ein ähnliches Verhältniß i» Bezug auf das An-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103023"/>
          <p xml:id="ID_1390" prev="#ID_1389"> seltne der Sklaverei in den bisherigen Sklavenstaaten. Entstünde aber ein all¬<lb/>
gemeiner Bürgerkrieg, so könnte derselbe leicht eine solche Wendung nehmen,<lb/>
daß der eigentliche Aboli tionismus die Oberhand gewönne und dem ganzen<lb/>
verhaßten Sklavenwesen mit Gewalt der Waffen ein Ende machte. Einen sol¬<lb/>
chen Bürgerkrieg zu vermeiden liegt sonach im höchsten und klarsten Interesse<lb/>
deS Südens.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1391"> Ä) Wenn es zu einer Trennung käme, so würde auf jeden Fall das von<lb/>
den Sklavenstaaten so hoch angeschlagene Recht, die Auslieferung flüchtiger<lb/>
Sklaven zu verlangen, ein Ende nehmen, und man denke sich, wie die Sklaven<lb/>
im Mcissenausbruch sich alsdann die Nachbarschaft der freien Staaten zu Nutze<lb/>
machen würden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1392"> L) Der Schutz, den die Sklavenhalter durch die Gesammtmacht der Union<lb/>
genießen, begründet allein in ihnen daS Gefühl der Sicherheit ihren Sklaven<lb/>
gegenüber, so weit dieses Gefühl überhaupt eristiren kann, &#x2014; in den Sklaven<lb/>
selbst ab.er das Gefühl der Unmöglichkeit, sich mit Erfolg gegen ihre Herren<lb/>
aufzulehnen, denen sie an Zahl zehnfach überlegen find. Die Auslösung der<lb/>
Union würde das Signal zu einer allgemeinen Empörung der Sklaven werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1393"> 6) Der entscheidendste Grund aber, warum eine Trennung der Vereinigten<lb/>
Staaten dem Süden gefährlich und verderblich werden müßte &#x2014; gleichviel ob<lb/>
sie auf gewaltsame oder friedliche Weise zu Stande käme, &#x2014; liegt in dem Um¬<lb/>
stände, daß die neue südliche Union in jeder Beziehung bei weitem die<lb/>
schwächere sein würde. Denn nicht nur ist die weiße Bevölkerung der freien<lb/>
Staaten mehr als doppelt so groß als die der Sklavenstaaten, sondern die<lb/>
freie Union hätte auch in Bezug auf Handel, Industrie, Reichthum, Staats¬<lb/>
einkommen, Seemacht, Intelligenz, Bildung, moralische Würde und Energie,<lb/>
mit einem Worte, in Bezug auf alle Elemente nationaler Kraft, ein so ent¬<lb/>
schiedenes Uebergewicht über die südliche Union, daß diese letztere dem guten<lb/>
Willen der nördlichen völlig Preis gegeben wäre, und daß bei dem ersten feind¬<lb/>
lichen Zusammenstoß der Sieg der freien Union nicht zweifelhaft sein könnte,<lb/>
&#x2014; und zwar um so weniger, da in einem solchen Falle die südliche Union<lb/>
ihren ärgsten und gefährlichsten Feind &#x2014; ihre drei Millionen Sklaven &#x2014; in<lb/>
ihrer eignen Mitte fände. Und dieses Uebergewicht der freien Union würde<lb/>
von Jahr zu Jahr noch wachsen, da hier der Fortschritt durch Einwanderung<lb/>
und innere Vermehrung der Bevölkerung und aller andern Nationalkräfte in<lb/>
weit größerm Maßstabe stattfindet, als im Süden.*)</p><lb/>
          <note xml:id="FID_44" place="foot" next="#FID_45"> Als Belege der obigen Ansicht mögen einige interessante statistische Angaben dienen.<lb/>
Die weiße Bevölkerung des Sklavenstaatcs Siidcarolina stieg in 60 Jahren (von -1790&#x2014;18L0)<lb/>
nur von 249,000 auf 274,000, &#x2014; die des freie» Staates Illinois dagegen in der Hälfte<lb/>
dieser Zeit (von 1820 &#x2014;-I8L0) von »0,000 auf mehr als eine Million, und die des freien<lb/>
Staates Massachusetts, der viermal kleiner ist als Südcarolina, in 60 Jahren (von<lb/>
-&gt;790 &#x2014;t8av) von 373,000 auf 994,000.  Ein ähnliches Verhältniß i» Bezug auf das An-</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0428] seltne der Sklaverei in den bisherigen Sklavenstaaten. Entstünde aber ein all¬ gemeiner Bürgerkrieg, so könnte derselbe leicht eine solche Wendung nehmen, daß der eigentliche Aboli tionismus die Oberhand gewönne und dem ganzen verhaßten Sklavenwesen mit Gewalt der Waffen ein Ende machte. Einen sol¬ chen Bürgerkrieg zu vermeiden liegt sonach im höchsten und klarsten Interesse deS Südens. Ä) Wenn es zu einer Trennung käme, so würde auf jeden Fall das von den Sklavenstaaten so hoch angeschlagene Recht, die Auslieferung flüchtiger Sklaven zu verlangen, ein Ende nehmen, und man denke sich, wie die Sklaven im Mcissenausbruch sich alsdann die Nachbarschaft der freien Staaten zu Nutze machen würden. L) Der Schutz, den die Sklavenhalter durch die Gesammtmacht der Union genießen, begründet allein in ihnen daS Gefühl der Sicherheit ihren Sklaven gegenüber, so weit dieses Gefühl überhaupt eristiren kann, — in den Sklaven selbst ab.er das Gefühl der Unmöglichkeit, sich mit Erfolg gegen ihre Herren aufzulehnen, denen sie an Zahl zehnfach überlegen find. Die Auslösung der Union würde das Signal zu einer allgemeinen Empörung der Sklaven werden. 6) Der entscheidendste Grund aber, warum eine Trennung der Vereinigten Staaten dem Süden gefährlich und verderblich werden müßte — gleichviel ob sie auf gewaltsame oder friedliche Weise zu Stande käme, — liegt in dem Um¬ stände, daß die neue südliche Union in jeder Beziehung bei weitem die schwächere sein würde. Denn nicht nur ist die weiße Bevölkerung der freien Staaten mehr als doppelt so groß als die der Sklavenstaaten, sondern die freie Union hätte auch in Bezug auf Handel, Industrie, Reichthum, Staats¬ einkommen, Seemacht, Intelligenz, Bildung, moralische Würde und Energie, mit einem Worte, in Bezug auf alle Elemente nationaler Kraft, ein so ent¬ schiedenes Uebergewicht über die südliche Union, daß diese letztere dem guten Willen der nördlichen völlig Preis gegeben wäre, und daß bei dem ersten feind¬ lichen Zusammenstoß der Sieg der freien Union nicht zweifelhaft sein könnte, — und zwar um so weniger, da in einem solchen Falle die südliche Union ihren ärgsten und gefährlichsten Feind — ihre drei Millionen Sklaven — in ihrer eignen Mitte fände. Und dieses Uebergewicht der freien Union würde von Jahr zu Jahr noch wachsen, da hier der Fortschritt durch Einwanderung und innere Vermehrung der Bevölkerung und aller andern Nationalkräfte in weit größerm Maßstabe stattfindet, als im Süden.*) Als Belege der obigen Ansicht mögen einige interessante statistische Angaben dienen. Die weiße Bevölkerung des Sklavenstaatcs Siidcarolina stieg in 60 Jahren (von -1790—18L0) nur von 249,000 auf 274,000, — die des freie» Staates Illinois dagegen in der Hälfte dieser Zeit (von 1820 —-I8L0) von »0,000 auf mehr als eine Million, und die des freien Staates Massachusetts, der viermal kleiner ist als Südcarolina, in 60 Jahren (von ->790 —t8av) von 373,000 auf 994,000. Ein ähnliches Verhältniß i» Bezug auf das An-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/428
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/428>, abgerufen am 23.07.2024.