Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.erst eine allgemeine Besitzergreifung des räumlichen und zeitlichen Daseins I. S. Verhandlungen des achten deutschen evangelischen Kirchentags zu Lübeck. Berlin 1856. -- Bekanntlich hatte sich der diesjährige "Kirchentag" die Frage gestellt, wie Der Vortrag des Pfarrers Fabri war ohne Vergleich der verständigste. erst eine allgemeine Besitzergreifung des räumlichen und zeitlichen Daseins I. S. Verhandlungen des achten deutschen evangelischen Kirchentags zu Lübeck. Berlin 1856. — Bekanntlich hatte sich der diesjährige „Kirchentag" die Frage gestellt, wie Der Vortrag des Pfarrers Fabri war ohne Vergleich der verständigste. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0392" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/102987"/> <p xml:id="ID_1276" prev="#ID_1275"> erst eine allgemeine Besitzergreifung des räumlichen und zeitlichen Daseins<lb/> durch den künstlerischen Jdealgeist (Weiße), noch nicht die bestimmte, concrete<lb/> Jdealisirung des im Raume Erscheinenden und zeitlich sich Ereignenden; die<lb/> Architektur spricht es nur aus, in welchem Geiste die körperliche Erscheinung<lb/> sodann von der Kunst aufgefaßt werden wird; so wie durch die Musik blos<lb/> der allgemeine ideale Hauch und göttliche Odem weht, der dann im poetischen<lb/> Wort begriffliche Bestimmtheit erlangen soll." — Die philosophischen Dis¬<lb/> ciplinen können nur gedeihen, wenn man dieselbe wissenschaftliche Strenge, die<lb/> in allen andern Fächern zu Hause ist, auch hier anwendet, und wenn man<lb/> für jede abstracte Formel zur Erläuterung eine bestimmte concrete Vorstellung<lb/> bereit hat.</p><lb/> <note type="byline"> I. S.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Verhandlungen des achten deutschen evangelischen<lb/> Kirchentags zu Lübeck.<lb/> Berlin 1856. —</head><lb/> <p xml:id="ID_1277"> Bekanntlich hatte sich der diesjährige „Kirchentag" die Frage gestellt, wie<lb/> von Seiten der „Kirche" den Einflüssen des Materialismus auf das Volk zu<lb/> begegnen sei und hierüber ist von den Pfarrern Fabri und Euer in langen<lb/> Vortrügen geredet worden, zu welchen Stahl noch ein Schlußwort gab. Wie<lb/> dieje Frage beantwortet wurde, werden die Leser aus dem Folgenden ersehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1278" next="#ID_1279"> Der Vortrag des Pfarrers Fabri war ohne Vergleich der verständigste.<lb/> Wir haben den Redner schon aus seinen (früher in diesen Blättern besprochenen)<lb/> Briefen über den Materialismus als einen Mann kennen gelernt, der, wie<lb/> es scheint, die Wahrheit und das Gute aufrichtig und ernstlich will und der,<lb/> wenn auch kein ganz klarer Kopf, sich doch trotz seiner kirchlichen Partei-<lb/> richtung einige Freiheit des Denkens bewahrt hat. Er trennt, wie wir, den<lb/> Materialismus als ein pseudophilosvphischeö System von der Naturwissen¬<lb/> schaft ab, erkennt die Berechtigung der mechanisch-physikalischen Forschungs¬<lb/> methode auf ihrem Gebiete bereitwillig an, weist sie von ihr nicht zugehören¬<lb/> den Gebieten ab u. s. w. Er leitet dann den Materialismus her aus der<lb/> vorwiegend negativen Richtung der Wissenschaften, worunter er dann<lb/> freilich, nach der Weise seiner Partei, namentlich daS vernünftige Denken ver¬<lb/> steht, ferner aus den Uebergriffen einzelner Naturforscher und aus der Herr¬<lb/> schaft der materiellen Interessen. Er weist darauf hin, wie der Materialismus<lb/> seine Stärke im Egoismus des Menschen habe und wie er mit dem Commu¬<lb/> nismus zusammenhänge. Als Gegenmittel räth er literarische Unternehmungen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0392]
erst eine allgemeine Besitzergreifung des räumlichen und zeitlichen Daseins
durch den künstlerischen Jdealgeist (Weiße), noch nicht die bestimmte, concrete
Jdealisirung des im Raume Erscheinenden und zeitlich sich Ereignenden; die
Architektur spricht es nur aus, in welchem Geiste die körperliche Erscheinung
sodann von der Kunst aufgefaßt werden wird; so wie durch die Musik blos
der allgemeine ideale Hauch und göttliche Odem weht, der dann im poetischen
Wort begriffliche Bestimmtheit erlangen soll." — Die philosophischen Dis¬
ciplinen können nur gedeihen, wenn man dieselbe wissenschaftliche Strenge, die
in allen andern Fächern zu Hause ist, auch hier anwendet, und wenn man
für jede abstracte Formel zur Erläuterung eine bestimmte concrete Vorstellung
bereit hat.
I. S.
Verhandlungen des achten deutschen evangelischen
Kirchentags zu Lübeck.
Berlin 1856. —
Bekanntlich hatte sich der diesjährige „Kirchentag" die Frage gestellt, wie
von Seiten der „Kirche" den Einflüssen des Materialismus auf das Volk zu
begegnen sei und hierüber ist von den Pfarrern Fabri und Euer in langen
Vortrügen geredet worden, zu welchen Stahl noch ein Schlußwort gab. Wie
dieje Frage beantwortet wurde, werden die Leser aus dem Folgenden ersehen.
Der Vortrag des Pfarrers Fabri war ohne Vergleich der verständigste.
Wir haben den Redner schon aus seinen (früher in diesen Blättern besprochenen)
Briefen über den Materialismus als einen Mann kennen gelernt, der, wie
es scheint, die Wahrheit und das Gute aufrichtig und ernstlich will und der,
wenn auch kein ganz klarer Kopf, sich doch trotz seiner kirchlichen Partei-
richtung einige Freiheit des Denkens bewahrt hat. Er trennt, wie wir, den
Materialismus als ein pseudophilosvphischeö System von der Naturwissen¬
schaft ab, erkennt die Berechtigung der mechanisch-physikalischen Forschungs¬
methode auf ihrem Gebiete bereitwillig an, weist sie von ihr nicht zugehören¬
den Gebieten ab u. s. w. Er leitet dann den Materialismus her aus der
vorwiegend negativen Richtung der Wissenschaften, worunter er dann
freilich, nach der Weise seiner Partei, namentlich daS vernünftige Denken ver¬
steht, ferner aus den Uebergriffen einzelner Naturforscher und aus der Herr¬
schaft der materiellen Interessen. Er weist darauf hin, wie der Materialismus
seine Stärke im Egoismus des Menschen habe und wie er mit dem Commu¬
nismus zusammenhänge. Als Gegenmittel räth er literarische Unternehmungen,
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