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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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nicht minder nahe stand ihr der Director des Gymnasiums der Stadt, der durch
manche gediegene Arbeit, .namentlich aber durch seine Verdienste um die Hebung
des Unterrichts in der Muttersprache in anerkannten Schriften dieser Ehre
wahrhaftig würdig war: auch begegnen die Namen Baier und Hiecke uns
nicht in den Proscriptionsliften der Kreuzzeitung und an so hervorragende Ge¬
lehrte, wie Theodor Mommsen, Böcking und Fleckeisen in Frankfurt
am Main, hat sie sich ebensowenig zu heften gewagt, als an Karl Schwarz,
der eben von Sr, Hoheit dem Herzoge zu Sachsen-Coburg-Gotha berufene
Oberconsistorialrath und Hofprediger, dem sie einen Doctor der Philosophie
schon darum gönnen mag, weil es kein Doctor der Theologie ist und dessen
Bedeutung als Schriftsteller auch von den Conservativen nicht in Abrede ge¬
stellt werden dürfte. Das waren fünfzehn makellose, zum großen Theile aus¬
gezeichnete Namen neben S. K. H. dem Prinzen und zur Gesellschaft für den
früheren "Demokraten" bleiben nur noch zwei in der Urne. Sollten sie es
sein, die diesen bis dahin offenbar nur in wissenschaftlichem Interesse ge¬
schehenen Promotionen den Stempel einer absichtlichen und böswilligen De¬
monstration aufdrücken? Zunächst kann man sich darüber Vereinigen, daß,
wenn man mit neunzehn Namen demonstriren will, man nicht sechzehn auf¬
stellen wird, die zu einem solchen Verdacht auch nicht den leisesten Anlaß geben,
und ihnen drei hinzugesellen, von denen einer wenigstens, wie wir bereits ge¬
sehen haben, einem preußischen Oberlehrer angehört. Und wer ist denn nun
schließlich dieses "par rwdlls rratrum", das auf die ehrenwerthe Gesellschaft,
auf die Bonpland und die Mommsen, einen solchen Schatten wirft, daß es in
ihr nicht geheuer wird? Man sollte eS nicht glauben, aber der eine ist
k. preuß. Kammergerichtsrath und Ritter des rothen Adlerordens vierter Classe,
der andere gar ein mit demselben Orden dritter Classe ,,cum lemnisoo"
geschmückter Präsident eines k. preuß. Gerichtshofes, es sind die Herren
v. Rönne und Lette. Freilich ist der eine, war der andere noch Mitglied
der parlamentarischen Opposition und wären sie nichts als das, hätten sie
keine wissenschaftliche Leistung aufzuweisen, so wäre es allerdings auffallend,
wie die philosophische Facultät gerade sie in ihre Liste aufgenommen hätte.
Aber wenig Preußen ist unbekannt, daß beide Herren um die wissenschaftliche
Sammlung, Anordnung und Erläuterung eines der wichtigsten Zweige der
Gesetzgebung ihres Vaterlandes, die Agrargesetzgebung, sich durch ein aus¬
gezeichnetes Werk große und allseitig anerkannte Verdienste erworben haben,
es ist jedem gebildeten Preußen bekannt, daß Herr v. Rönne außerdem in
seinem Werke über die Verfassung die Grundlage des gesammten Staatslebens
in Preußen wissenschaftlich bearbeitet, und da die philosophische Facultät auch
die Staatswissenschaft umfaßt, was ist natürlicher, als daß sie grade solchen
Männern, die um die Erkenntniß des eignen Staates sich erfolgreich bemüht


nicht minder nahe stand ihr der Director des Gymnasiums der Stadt, der durch
manche gediegene Arbeit, .namentlich aber durch seine Verdienste um die Hebung
des Unterrichts in der Muttersprache in anerkannten Schriften dieser Ehre
wahrhaftig würdig war: auch begegnen die Namen Baier und Hiecke uns
nicht in den Proscriptionsliften der Kreuzzeitung und an so hervorragende Ge¬
lehrte, wie Theodor Mommsen, Böcking und Fleckeisen in Frankfurt
am Main, hat sie sich ebensowenig zu heften gewagt, als an Karl Schwarz,
der eben von Sr, Hoheit dem Herzoge zu Sachsen-Coburg-Gotha berufene
Oberconsistorialrath und Hofprediger, dem sie einen Doctor der Philosophie
schon darum gönnen mag, weil es kein Doctor der Theologie ist und dessen
Bedeutung als Schriftsteller auch von den Conservativen nicht in Abrede ge¬
stellt werden dürfte. Das waren fünfzehn makellose, zum großen Theile aus¬
gezeichnete Namen neben S. K. H. dem Prinzen und zur Gesellschaft für den
früheren „Demokraten" bleiben nur noch zwei in der Urne. Sollten sie es
sein, die diesen bis dahin offenbar nur in wissenschaftlichem Interesse ge¬
schehenen Promotionen den Stempel einer absichtlichen und böswilligen De¬
monstration aufdrücken? Zunächst kann man sich darüber Vereinigen, daß,
wenn man mit neunzehn Namen demonstriren will, man nicht sechzehn auf¬
stellen wird, die zu einem solchen Verdacht auch nicht den leisesten Anlaß geben,
und ihnen drei hinzugesellen, von denen einer wenigstens, wie wir bereits ge¬
sehen haben, einem preußischen Oberlehrer angehört. Und wer ist denn nun
schließlich dieses „par rwdlls rratrum", das auf die ehrenwerthe Gesellschaft,
auf die Bonpland und die Mommsen, einen solchen Schatten wirft, daß es in
ihr nicht geheuer wird? Man sollte eS nicht glauben, aber der eine ist
k. preuß. Kammergerichtsrath und Ritter des rothen Adlerordens vierter Classe,
der andere gar ein mit demselben Orden dritter Classe ,,cum lemnisoo"
geschmückter Präsident eines k. preuß. Gerichtshofes, es sind die Herren
v. Rönne und Lette. Freilich ist der eine, war der andere noch Mitglied
der parlamentarischen Opposition und wären sie nichts als das, hätten sie
keine wissenschaftliche Leistung aufzuweisen, so wäre es allerdings auffallend,
wie die philosophische Facultät gerade sie in ihre Liste aufgenommen hätte.
Aber wenig Preußen ist unbekannt, daß beide Herren um die wissenschaftliche
Sammlung, Anordnung und Erläuterung eines der wichtigsten Zweige der
Gesetzgebung ihres Vaterlandes, die Agrargesetzgebung, sich durch ein aus¬
gezeichnetes Werk große und allseitig anerkannte Verdienste erworben haben,
es ist jedem gebildeten Preußen bekannt, daß Herr v. Rönne außerdem in
seinem Werke über die Verfassung die Grundlage des gesammten Staatslebens
in Preußen wissenschaftlich bearbeitet, und da die philosophische Facultät auch
die Staatswissenschaft umfaßt, was ist natürlicher, als daß sie grade solchen
Männern, die um die Erkenntniß des eignen Staates sich erfolgreich bemüht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/347>, abgerufen am 23.07.2024.