Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

was die andere that, so wenig war eS auch nur eine für sich allein zu thun im
Stande. Zudem haben von allen den wählenden Mitgliedern der Facultäten nur
sehr wenige je eine politische Rolle gespielt, und es würde von vornherein
sehr inkonsequent und seltsam erscheinen, wenn sie sich grade eine so un¬
politische Gelegenheit zu einem Debüt auf diesem Felde ausersehen hätten.

Man braucht nur oberflächlich von diesem Verhältniß Notiz zu nehmen,
um die Ueberzeugung zu gewinnen, daß die Ehrenpromotionen beschlossen
worden sind, ohne jede Rücksicht auf die eigne politische Parteistellung, und
daß sie, um das richtige Wort eines ehrenhaften Mannes zu wiederholen, be¬
schlossen worden sind, "weder wegen noch trotz der politischen Richtung
der einzelnen Kandidaten", daß sie nichts haben sein sollen, als der Ausdruck
der Anerkennung von Verdiensten in der Sphäre des Rechts und der verschie¬
denen Wissenschaften, welche die philosophische Facultät in sich begreift.

Es wird zu diesem Zweck den Lesern interessant sein, zu erfahren, wen
die Universität Greifswald promovirt, und weshalb sie dies gethan hat. Die
philosophische Facultät hat 19 Ehrendiplome ertheilt, darunter an nicht wenige
Männer, die in ihrer Wissenschaft die höchste Stufe bezeichnen, an keinen
Namen, der sich nicht um die Wissenschaft selbst oder um ihre Lehre wohlverdient
gemacht hat. An der Spitze dieser achtunggebietenden Reihe stand ein Prinz
des königlichen Hauses, dem die Wissenschaft die höchsten Ehren ertheilen konnte,
ohne sie zu einer leeren Höflichkeitsbezeigung herabzuwürdigen. Außer der
großen persönlichen Verehrung, welche S. K. H. der Prinz Adja there genießt,
und außer den Diensten, die er selbst durch seine Reisen der Wissenschaft geleistet
hat, lag der Universität Greifswald nahe, grade ihm ihre Ehrfurcht zu be¬
weisen, denn sie ist die Universität der preußischen Provinz, welcher die ent¬
stehende preußische Flotte, eine von den großen Hoffnungen des Landes, vor¬
zugsweise angehört. -- Ob der greise Bonpland, der frühere Genosse und
Freund Alexanders von Humboldt, Anstoß gegeben hat, oder der verdiente
Director der Hamburger Sternwarte, Rümker, oder die ausgezeichneten Nord¬
amerikaner, der Seemann Gilliß und der gelehrte Maury, weil sie das
Unglück haben, in Republiken zu leben? -- Und als die Promotion des um
Chemie und Botanik durch ausgedehnte Studien auf dem Gebiet der pommer-
schen Flora hochverdienten Apothekers Marsson in Wolgast, oder des Ge¬
heimen- und OberregierungSratheö Schmidt in Stettin wegen seiner aus¬
gezeichneten Leistungen auf dem Felde der Entomologie Vorgeschlagen wurde,
hätte der Vorschlagende in der Facultät die Würdigkeit dieser Herren für den
philosophischen Doctortitel dadurch motivixen sollen, daß er die zufällige kon¬
servative Gefinn"n,g dieser Herren hervorhob? -- Sehr wohl war der Facultät
bekannt, daß der Inspector des zoologischen Museums zu Breslau, Rot er¬
kürt, sich erhebliche Verdienste um das dortige zoologische Museum erworben


Grenzboten. IV. 18os. j,Z

was die andere that, so wenig war eS auch nur eine für sich allein zu thun im
Stande. Zudem haben von allen den wählenden Mitgliedern der Facultäten nur
sehr wenige je eine politische Rolle gespielt, und es würde von vornherein
sehr inkonsequent und seltsam erscheinen, wenn sie sich grade eine so un¬
politische Gelegenheit zu einem Debüt auf diesem Felde ausersehen hätten.

Man braucht nur oberflächlich von diesem Verhältniß Notiz zu nehmen,
um die Ueberzeugung zu gewinnen, daß die Ehrenpromotionen beschlossen
worden sind, ohne jede Rücksicht auf die eigne politische Parteistellung, und
daß sie, um das richtige Wort eines ehrenhaften Mannes zu wiederholen, be¬
schlossen worden sind, „weder wegen noch trotz der politischen Richtung
der einzelnen Kandidaten", daß sie nichts haben sein sollen, als der Ausdruck
der Anerkennung von Verdiensten in der Sphäre des Rechts und der verschie¬
denen Wissenschaften, welche die philosophische Facultät in sich begreift.

Es wird zu diesem Zweck den Lesern interessant sein, zu erfahren, wen
die Universität Greifswald promovirt, und weshalb sie dies gethan hat. Die
philosophische Facultät hat 19 Ehrendiplome ertheilt, darunter an nicht wenige
Männer, die in ihrer Wissenschaft die höchste Stufe bezeichnen, an keinen
Namen, der sich nicht um die Wissenschaft selbst oder um ihre Lehre wohlverdient
gemacht hat. An der Spitze dieser achtunggebietenden Reihe stand ein Prinz
des königlichen Hauses, dem die Wissenschaft die höchsten Ehren ertheilen konnte,
ohne sie zu einer leeren Höflichkeitsbezeigung herabzuwürdigen. Außer der
großen persönlichen Verehrung, welche S. K. H. der Prinz Adja there genießt,
und außer den Diensten, die er selbst durch seine Reisen der Wissenschaft geleistet
hat, lag der Universität Greifswald nahe, grade ihm ihre Ehrfurcht zu be¬
weisen, denn sie ist die Universität der preußischen Provinz, welcher die ent¬
stehende preußische Flotte, eine von den großen Hoffnungen des Landes, vor¬
zugsweise angehört. — Ob der greise Bonpland, der frühere Genosse und
Freund Alexanders von Humboldt, Anstoß gegeben hat, oder der verdiente
Director der Hamburger Sternwarte, Rümker, oder die ausgezeichneten Nord¬
amerikaner, der Seemann Gilliß und der gelehrte Maury, weil sie das
Unglück haben, in Republiken zu leben? — Und als die Promotion des um
Chemie und Botanik durch ausgedehnte Studien auf dem Gebiet der pommer-
schen Flora hochverdienten Apothekers Marsson in Wolgast, oder des Ge¬
heimen- und OberregierungSratheö Schmidt in Stettin wegen seiner aus¬
gezeichneten Leistungen auf dem Felde der Entomologie Vorgeschlagen wurde,
hätte der Vorschlagende in der Facultät die Würdigkeit dieser Herren für den
philosophischen Doctortitel dadurch motivixen sollen, daß er die zufällige kon¬
servative Gefinn«n,g dieser Herren hervorhob? — Sehr wohl war der Facultät
bekannt, daß der Inspector des zoologischen Museums zu Breslau, Rot er¬
kürt, sich erhebliche Verdienste um das dortige zoologische Museum erworben


Grenzboten. IV. 18os. j,Z
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0345" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/102940"/>
          <p xml:id="ID_1142" prev="#ID_1141"> was die andere that, so wenig war eS auch nur eine für sich allein zu thun im<lb/>
Stande. Zudem haben von allen den wählenden Mitgliedern der Facultäten nur<lb/>
sehr wenige je eine politische Rolle gespielt, und es würde von vornherein<lb/>
sehr inkonsequent und seltsam erscheinen, wenn sie sich grade eine so un¬<lb/>
politische Gelegenheit zu einem Debüt auf diesem Felde ausersehen hätten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1143"> Man braucht nur oberflächlich von diesem Verhältniß Notiz zu nehmen,<lb/>
um die Ueberzeugung zu gewinnen, daß die Ehrenpromotionen beschlossen<lb/>
worden sind, ohne jede Rücksicht auf die eigne politische Parteistellung, und<lb/>
daß sie, um das richtige Wort eines ehrenhaften Mannes zu wiederholen, be¬<lb/>
schlossen worden sind, &#x201E;weder wegen noch trotz der politischen Richtung<lb/>
der einzelnen Kandidaten", daß sie nichts haben sein sollen, als der Ausdruck<lb/>
der Anerkennung von Verdiensten in der Sphäre des Rechts und der verschie¬<lb/>
denen Wissenschaften, welche die philosophische Facultät in sich begreift.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1144" next="#ID_1145"> Es wird zu diesem Zweck den Lesern interessant sein, zu erfahren, wen<lb/>
die Universität Greifswald promovirt, und weshalb sie dies gethan hat. Die<lb/>
philosophische Facultät hat 19 Ehrendiplome ertheilt, darunter an nicht wenige<lb/>
Männer, die in ihrer Wissenschaft die höchste Stufe bezeichnen, an keinen<lb/>
Namen, der sich nicht um die Wissenschaft selbst oder um ihre Lehre wohlverdient<lb/>
gemacht hat. An der Spitze dieser achtunggebietenden Reihe stand ein Prinz<lb/>
des königlichen Hauses, dem die Wissenschaft die höchsten Ehren ertheilen konnte,<lb/>
ohne sie zu einer leeren Höflichkeitsbezeigung herabzuwürdigen. Außer der<lb/>
großen persönlichen Verehrung, welche S. K. H. der Prinz Adja there genießt,<lb/>
und außer den Diensten, die er selbst durch seine Reisen der Wissenschaft geleistet<lb/>
hat, lag der Universität Greifswald nahe, grade ihm ihre Ehrfurcht zu be¬<lb/>
weisen, denn sie ist die Universität der preußischen Provinz, welcher die ent¬<lb/>
stehende preußische Flotte, eine von den großen Hoffnungen des Landes, vor¬<lb/>
zugsweise angehört. &#x2014; Ob der greise Bonpland, der frühere Genosse und<lb/>
Freund Alexanders von Humboldt, Anstoß gegeben hat, oder der verdiente<lb/>
Director der Hamburger Sternwarte, Rümker, oder die ausgezeichneten Nord¬<lb/>
amerikaner, der Seemann Gilliß und der gelehrte Maury, weil sie das<lb/>
Unglück haben, in Republiken zu leben? &#x2014; Und als die Promotion des um<lb/>
Chemie und Botanik durch ausgedehnte Studien auf dem Gebiet der pommer-<lb/>
schen Flora hochverdienten Apothekers Marsson in Wolgast, oder des Ge¬<lb/>
heimen- und OberregierungSratheö Schmidt in Stettin wegen seiner aus¬<lb/>
gezeichneten Leistungen auf dem Felde der Entomologie Vorgeschlagen wurde,<lb/>
hätte der Vorschlagende in der Facultät die Würdigkeit dieser Herren für den<lb/>
philosophischen Doctortitel dadurch motivixen sollen, daß er die zufällige kon¬<lb/>
servative Gefinn«n,g dieser Herren hervorhob? &#x2014; Sehr wohl war der Facultät<lb/>
bekannt, daß der Inspector des zoologischen Museums zu Breslau, Rot er¬<lb/>
kürt, sich erhebliche Verdienste um das dortige zoologische Museum erworben</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. IV. 18os. j,Z</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0345] was die andere that, so wenig war eS auch nur eine für sich allein zu thun im Stande. Zudem haben von allen den wählenden Mitgliedern der Facultäten nur sehr wenige je eine politische Rolle gespielt, und es würde von vornherein sehr inkonsequent und seltsam erscheinen, wenn sie sich grade eine so un¬ politische Gelegenheit zu einem Debüt auf diesem Felde ausersehen hätten. Man braucht nur oberflächlich von diesem Verhältniß Notiz zu nehmen, um die Ueberzeugung zu gewinnen, daß die Ehrenpromotionen beschlossen worden sind, ohne jede Rücksicht auf die eigne politische Parteistellung, und daß sie, um das richtige Wort eines ehrenhaften Mannes zu wiederholen, be¬ schlossen worden sind, „weder wegen noch trotz der politischen Richtung der einzelnen Kandidaten", daß sie nichts haben sein sollen, als der Ausdruck der Anerkennung von Verdiensten in der Sphäre des Rechts und der verschie¬ denen Wissenschaften, welche die philosophische Facultät in sich begreift. Es wird zu diesem Zweck den Lesern interessant sein, zu erfahren, wen die Universität Greifswald promovirt, und weshalb sie dies gethan hat. Die philosophische Facultät hat 19 Ehrendiplome ertheilt, darunter an nicht wenige Männer, die in ihrer Wissenschaft die höchste Stufe bezeichnen, an keinen Namen, der sich nicht um die Wissenschaft selbst oder um ihre Lehre wohlverdient gemacht hat. An der Spitze dieser achtunggebietenden Reihe stand ein Prinz des königlichen Hauses, dem die Wissenschaft die höchsten Ehren ertheilen konnte, ohne sie zu einer leeren Höflichkeitsbezeigung herabzuwürdigen. Außer der großen persönlichen Verehrung, welche S. K. H. der Prinz Adja there genießt, und außer den Diensten, die er selbst durch seine Reisen der Wissenschaft geleistet hat, lag der Universität Greifswald nahe, grade ihm ihre Ehrfurcht zu be¬ weisen, denn sie ist die Universität der preußischen Provinz, welcher die ent¬ stehende preußische Flotte, eine von den großen Hoffnungen des Landes, vor¬ zugsweise angehört. — Ob der greise Bonpland, der frühere Genosse und Freund Alexanders von Humboldt, Anstoß gegeben hat, oder der verdiente Director der Hamburger Sternwarte, Rümker, oder die ausgezeichneten Nord¬ amerikaner, der Seemann Gilliß und der gelehrte Maury, weil sie das Unglück haben, in Republiken zu leben? — Und als die Promotion des um Chemie und Botanik durch ausgedehnte Studien auf dem Gebiet der pommer- schen Flora hochverdienten Apothekers Marsson in Wolgast, oder des Ge¬ heimen- und OberregierungSratheö Schmidt in Stettin wegen seiner aus¬ gezeichneten Leistungen auf dem Felde der Entomologie Vorgeschlagen wurde, hätte der Vorschlagende in der Facultät die Würdigkeit dieser Herren für den philosophischen Doctortitel dadurch motivixen sollen, daß er die zufällige kon¬ servative Gefinn«n,g dieser Herren hervorhob? — Sehr wohl war der Facultät bekannt, daß der Inspector des zoologischen Museums zu Breslau, Rot er¬ kürt, sich erhebliche Verdienste um das dortige zoologische Museum erworben Grenzboten. IV. 18os. j,Z

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/345
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/345>, abgerufen am 23.07.2024.