Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ordneten Rücksicht, um irgend jemand zu willfahren oder einer Richtung zu
schmeicheln. Und der erste der Namen, welchen der Decan als neucreirten
Doctor beider Rechte nannte, war Adolph Heinrich Graf von Armin, "vu-
nobilis, illtöKsr, oonstans, in r-sbus xmbUeis izxrexiö versatus et cum ains
Korwribus amplissimis, tun summa darum rexlormm Auderrianäarnm oura
eximis knrietus." Solche Worte, an heiliger Stelle von einer ehrenhaften und
wissenschaftlich unabhängigen Corporation feierlich proclamirt, haben einen guten
Klang, und wenn der Mann, dem solche Ehre erwiesen wurde, sein Diplom
ein wenig näher musterte, so hatte er wol Grund, sich über die Größe, Mä¬
ßigung und Unparteilichkeit zu freuen, mit welcher seine staatsmännische Thä¬
tigkeit beurtheilt wurde. Es war allerdings keine Demonstration zu Gunsten
derjenigen Kammer- oder Hauösraction, welcher er gegenwärtig angehört, aber
es war auch keine Demonstration für irgend eine andere politische Partei darin.
Nannte ihn doch die Facultät vir constans, während der Graf allgemach ge¬
wohnt ist, grade seine politische Stetigkeit von den Gegnern unter stets erneuter
Berufung aus seine Landtagsrede vom A.April -1848 in einer etwas monotonen
Weise in Abrede gestellt zu sehen.

Unmittelbar nachdem Graf Arnim Boytzenburg das Diplom empfangen
hatte, reiste er nach Brandenburg, um der Eröffnung der dortigen Ritter-
akademie beizuwohnen. Unterdeß hatte die Kreuzzeitung ihre gewöhnlichen
Denunciationen auch über die greifswalder Promotionen begonnen. Mit der
Feinheit und Ehrlichkeit, welche diese Parteigenossin Lindenbergs auszeichnet,
hatte sie gegen die Universität polemisirt. Endlich erklärte sie eS für unschicklich,
weiter über diese Angelegenheit zu debattiren, und konnte gleich darauf ihren
Lesern die Nachricht mittheilen, daß S. K. H. der Prinz Avalbert von Preu¬
ßen, dem die philosophische Facultcu wegen der durch seine brasilianische Reise
erworbenen Verdienste um die Geographie und die Naturwissenschaften, so wie
wegen seiner hervorragenden nautischen Kenntnisse ihre höchste Würde verliehen
hatte, das ihm überreichte Diplom zurückgesandt hatte. Fast acht Tage später
that Graf Arnim dasselbe, nachdem er bis dahin das Diplom schweigend be¬
halten hatte.

Die Gründe, welche Seine königliche Hoheit der Prinz als maßgebend
für Höchstseine Entschließung bezeichnet hat, sind nicht bekannt. Ebenso sind
die Gründe des Grafen Arnim nicht mit urkundlicher Genauigkeit anzugeben,
aber wer in diese" Tagen die Kreuzzeitung gelesen hat, der darf ohne Furcht,
sich zu irren, behaupten, daß diese den Facultäten zu Theil, gewordene Be¬
gegnung eine Antwort ist auf die politische Demonstration, die man in ihren
Promotionen zu finden sich veranlaßt gesehen hat. Da ein solcher Conflict
Zwischen der repräsentirenden Wissenschaft und preußischer Aristokratie neu ist,
und außerhalb Preußens bis selbst jenseit des Oceans in den gelehrten Kreisen


ordneten Rücksicht, um irgend jemand zu willfahren oder einer Richtung zu
schmeicheln. Und der erste der Namen, welchen der Decan als neucreirten
Doctor beider Rechte nannte, war Adolph Heinrich Graf von Armin, „vu-
nobilis, illtöKsr, oonstans, in r-sbus xmbUeis izxrexiö versatus et cum ains
Korwribus amplissimis, tun summa darum rexlormm Auderrianäarnm oura
eximis knrietus." Solche Worte, an heiliger Stelle von einer ehrenhaften und
wissenschaftlich unabhängigen Corporation feierlich proclamirt, haben einen guten
Klang, und wenn der Mann, dem solche Ehre erwiesen wurde, sein Diplom
ein wenig näher musterte, so hatte er wol Grund, sich über die Größe, Mä¬
ßigung und Unparteilichkeit zu freuen, mit welcher seine staatsmännische Thä¬
tigkeit beurtheilt wurde. Es war allerdings keine Demonstration zu Gunsten
derjenigen Kammer- oder Hauösraction, welcher er gegenwärtig angehört, aber
es war auch keine Demonstration für irgend eine andere politische Partei darin.
Nannte ihn doch die Facultät vir constans, während der Graf allgemach ge¬
wohnt ist, grade seine politische Stetigkeit von den Gegnern unter stets erneuter
Berufung aus seine Landtagsrede vom A.April -1848 in einer etwas monotonen
Weise in Abrede gestellt zu sehen.

Unmittelbar nachdem Graf Arnim Boytzenburg das Diplom empfangen
hatte, reiste er nach Brandenburg, um der Eröffnung der dortigen Ritter-
akademie beizuwohnen. Unterdeß hatte die Kreuzzeitung ihre gewöhnlichen
Denunciationen auch über die greifswalder Promotionen begonnen. Mit der
Feinheit und Ehrlichkeit, welche diese Parteigenossin Lindenbergs auszeichnet,
hatte sie gegen die Universität polemisirt. Endlich erklärte sie eS für unschicklich,
weiter über diese Angelegenheit zu debattiren, und konnte gleich darauf ihren
Lesern die Nachricht mittheilen, daß S. K. H. der Prinz Avalbert von Preu¬
ßen, dem die philosophische Facultcu wegen der durch seine brasilianische Reise
erworbenen Verdienste um die Geographie und die Naturwissenschaften, so wie
wegen seiner hervorragenden nautischen Kenntnisse ihre höchste Würde verliehen
hatte, das ihm überreichte Diplom zurückgesandt hatte. Fast acht Tage später
that Graf Arnim dasselbe, nachdem er bis dahin das Diplom schweigend be¬
halten hatte.

Die Gründe, welche Seine königliche Hoheit der Prinz als maßgebend
für Höchstseine Entschließung bezeichnet hat, sind nicht bekannt. Ebenso sind
die Gründe des Grafen Arnim nicht mit urkundlicher Genauigkeit anzugeben,
aber wer in diese» Tagen die Kreuzzeitung gelesen hat, der darf ohne Furcht,
sich zu irren, behaupten, daß diese den Facultäten zu Theil, gewordene Be¬
gegnung eine Antwort ist auf die politische Demonstration, die man in ihren
Promotionen zu finden sich veranlaßt gesehen hat. Da ein solcher Conflict
Zwischen der repräsentirenden Wissenschaft und preußischer Aristokratie neu ist,
und außerhalb Preußens bis selbst jenseit des Oceans in den gelehrten Kreisen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0343" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/102938"/>
          <p xml:id="ID_1136" prev="#ID_1135"> ordneten Rücksicht, um irgend jemand zu willfahren oder einer Richtung zu<lb/>
schmeicheln. Und der erste der Namen, welchen der Decan als neucreirten<lb/>
Doctor beider Rechte nannte, war Adolph Heinrich Graf von Armin, &#x201E;vu-<lb/>
nobilis, illtöKsr, oonstans, in r-sbus xmbUeis izxrexiö versatus et cum ains<lb/>
Korwribus amplissimis, tun summa darum rexlormm Auderrianäarnm oura<lb/>
eximis knrietus." Solche Worte, an heiliger Stelle von einer ehrenhaften und<lb/>
wissenschaftlich unabhängigen Corporation feierlich proclamirt, haben einen guten<lb/>
Klang, und wenn der Mann, dem solche Ehre erwiesen wurde, sein Diplom<lb/>
ein wenig näher musterte, so hatte er wol Grund, sich über die Größe, Mä¬<lb/>
ßigung und Unparteilichkeit zu freuen, mit welcher seine staatsmännische Thä¬<lb/>
tigkeit beurtheilt wurde. Es war allerdings keine Demonstration zu Gunsten<lb/>
derjenigen Kammer- oder Hauösraction, welcher er gegenwärtig angehört, aber<lb/>
es war auch keine Demonstration für irgend eine andere politische Partei darin.<lb/>
Nannte ihn doch die Facultät vir constans, während der Graf allgemach ge¬<lb/>
wohnt ist, grade seine politische Stetigkeit von den Gegnern unter stets erneuter<lb/>
Berufung aus seine Landtagsrede vom A.April -1848 in einer etwas monotonen<lb/>
Weise in Abrede gestellt zu sehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1137"> Unmittelbar nachdem Graf Arnim Boytzenburg das Diplom empfangen<lb/>
hatte, reiste er nach Brandenburg, um der Eröffnung der dortigen Ritter-<lb/>
akademie beizuwohnen. Unterdeß hatte die Kreuzzeitung ihre gewöhnlichen<lb/>
Denunciationen auch über die greifswalder Promotionen begonnen. Mit der<lb/>
Feinheit und Ehrlichkeit, welche diese Parteigenossin Lindenbergs auszeichnet,<lb/>
hatte sie gegen die Universität polemisirt. Endlich erklärte sie eS für unschicklich,<lb/>
weiter über diese Angelegenheit zu debattiren, und konnte gleich darauf ihren<lb/>
Lesern die Nachricht mittheilen, daß S. K. H. der Prinz Avalbert von Preu¬<lb/>
ßen, dem die philosophische Facultcu wegen der durch seine brasilianische Reise<lb/>
erworbenen Verdienste um die Geographie und die Naturwissenschaften, so wie<lb/>
wegen seiner hervorragenden nautischen Kenntnisse ihre höchste Würde verliehen<lb/>
hatte, das ihm überreichte Diplom zurückgesandt hatte. Fast acht Tage später<lb/>
that Graf Arnim dasselbe, nachdem er bis dahin das Diplom schweigend be¬<lb/>
halten hatte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1138" next="#ID_1139"> Die Gründe, welche Seine königliche Hoheit der Prinz als maßgebend<lb/>
für Höchstseine Entschließung bezeichnet hat, sind nicht bekannt. Ebenso sind<lb/>
die Gründe des Grafen Arnim nicht mit urkundlicher Genauigkeit anzugeben,<lb/>
aber wer in diese» Tagen die Kreuzzeitung gelesen hat, der darf ohne Furcht,<lb/>
sich zu irren, behaupten, daß diese den Facultäten zu Theil, gewordene Be¬<lb/>
gegnung eine Antwort ist auf die politische Demonstration, die man in ihren<lb/>
Promotionen zu finden sich veranlaßt gesehen hat. Da ein solcher Conflict<lb/>
Zwischen der repräsentirenden Wissenschaft und preußischer Aristokratie neu ist,<lb/>
und außerhalb Preußens bis selbst jenseit des Oceans in den gelehrten Kreisen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0343] ordneten Rücksicht, um irgend jemand zu willfahren oder einer Richtung zu schmeicheln. Und der erste der Namen, welchen der Decan als neucreirten Doctor beider Rechte nannte, war Adolph Heinrich Graf von Armin, „vu- nobilis, illtöKsr, oonstans, in r-sbus xmbUeis izxrexiö versatus et cum ains Korwribus amplissimis, tun summa darum rexlormm Auderrianäarnm oura eximis knrietus." Solche Worte, an heiliger Stelle von einer ehrenhaften und wissenschaftlich unabhängigen Corporation feierlich proclamirt, haben einen guten Klang, und wenn der Mann, dem solche Ehre erwiesen wurde, sein Diplom ein wenig näher musterte, so hatte er wol Grund, sich über die Größe, Mä¬ ßigung und Unparteilichkeit zu freuen, mit welcher seine staatsmännische Thä¬ tigkeit beurtheilt wurde. Es war allerdings keine Demonstration zu Gunsten derjenigen Kammer- oder Hauösraction, welcher er gegenwärtig angehört, aber es war auch keine Demonstration für irgend eine andere politische Partei darin. Nannte ihn doch die Facultät vir constans, während der Graf allgemach ge¬ wohnt ist, grade seine politische Stetigkeit von den Gegnern unter stets erneuter Berufung aus seine Landtagsrede vom A.April -1848 in einer etwas monotonen Weise in Abrede gestellt zu sehen. Unmittelbar nachdem Graf Arnim Boytzenburg das Diplom empfangen hatte, reiste er nach Brandenburg, um der Eröffnung der dortigen Ritter- akademie beizuwohnen. Unterdeß hatte die Kreuzzeitung ihre gewöhnlichen Denunciationen auch über die greifswalder Promotionen begonnen. Mit der Feinheit und Ehrlichkeit, welche diese Parteigenossin Lindenbergs auszeichnet, hatte sie gegen die Universität polemisirt. Endlich erklärte sie eS für unschicklich, weiter über diese Angelegenheit zu debattiren, und konnte gleich darauf ihren Lesern die Nachricht mittheilen, daß S. K. H. der Prinz Avalbert von Preu¬ ßen, dem die philosophische Facultcu wegen der durch seine brasilianische Reise erworbenen Verdienste um die Geographie und die Naturwissenschaften, so wie wegen seiner hervorragenden nautischen Kenntnisse ihre höchste Würde verliehen hatte, das ihm überreichte Diplom zurückgesandt hatte. Fast acht Tage später that Graf Arnim dasselbe, nachdem er bis dahin das Diplom schweigend be¬ halten hatte. Die Gründe, welche Seine königliche Hoheit der Prinz als maßgebend für Höchstseine Entschließung bezeichnet hat, sind nicht bekannt. Ebenso sind die Gründe des Grafen Arnim nicht mit urkundlicher Genauigkeit anzugeben, aber wer in diese» Tagen die Kreuzzeitung gelesen hat, der darf ohne Furcht, sich zu irren, behaupten, daß diese den Facultäten zu Theil, gewordene Be¬ gegnung eine Antwort ist auf die politische Demonstration, die man in ihren Promotionen zu finden sich veranlaßt gesehen hat. Da ein solcher Conflict Zwischen der repräsentirenden Wissenschaft und preußischer Aristokratie neu ist, und außerhalb Preußens bis selbst jenseit des Oceans in den gelehrten Kreisen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/343
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/343>, abgerufen am 26.08.2024.