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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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In demselben Jahre kamen die Hussen und Böhmen aUS Ungarn und
kamen gar rasch und eilends in das Land und zogen vor Strehlen. Darin
lagen die Breslauer gesammelt, dem Lande zur Wehr und Michels Banate war
von der Stadt wegen als Aeltester da, und Hein von Czirnau war auch allda,
als Söldner der Stadt Breslau. Als diese nun in der Stadt Strehlen be¬
rannt und umlagert wurden, und die Stadt nicht fest war, noch passend zur
Abwehr, und sie sich auch nicht getrauten, darin sich zu halten und zu wehren,
so beriethen sie sich darin, machten kurzen Rath und ergaben sich, so daß
Michel Banate gefangen ward, und Hein von Czirnau gefangen, und viele
andere Söldner, Adelige und sonst gute Leute auch gefangen wurden. Aber
Michel Banate löste sich durch vierhundert Schock Groschen, aber Hein von
Czirnau der blieb ihr Gefangener, und gesellte sich zu ihnen und blieb bei
ihnen fast ein Jahr, und hals ihnen die Kühe zusammentreiben im Lande und
zog mit ihnen wie ein andrer Husse, Böhme oder Ketzer. Denn wie sie damals
Nimtsch selbst inne hatten, und allen Raub, den sie in dem Lande einstreichen
konnten, dorthin zusammentrieben, so hatte auch Hein von Czirnau daselbst
das Schloß und Haus, den Falkenstein, inne und war Herr darüber. Dieser
Hein von Czirnau gab vor und legte vor, dem Knyzze Wedirsich, und auch dem
P"n Mihalko, die alle beide die Aeltesten und Führer der Hussen und der Taborer
waren, Daß er gar wohl wüßte, einen guten Beutezug zu thun, wenn sie ihm folgen
wollten, und sprach: "Um Löwenberg ist gar ein volles Land, dort wollen wir
wohl Beute machen. Und ich weiß auch wohl, wie die Stadt Löwenberg
gelegen ist, und an welchen Enden sie gar gut zu ersteigen und zu gewinnen
ist. Darum, liebe Herren, folget mir, wir wollen Gut und Ehre erwerben,
das gelobe ich euch bei meiner Treue und Ehre." Aber Hein von Czirnau
sprach so mit dem Munde und meinte es anders mit dem Herzen. Und da er
ihnen solches Gelübde that, folgten sie ihm, rüsteten sich mit zweihundert
Pferden und zogen aus auf Löwenberg zu. Da führte sie Hein von Czirnau
auf den Falkenstein, dort blieben sie über Nacht. Dort rüstete er sich, wie er
Willen hatte, denn er halte in seinem Herzen beschlossen, daß er ihnen beweisen
wollte eine böhmische Treue. Und er sandte gar rasch und eilend in alle umliegenden
Dörfer und las auf alle frischen Gesellen, die er bekommen und haben konnte,
daß sie einzeln auf das Haus kamen. Die hielten sich zusammen an einer
Stelle im Hause. Als nun die Zeit kam, daß man schlafen gehn sollte, da
hatte Siegmund von Czirnau es so geschickt und gefüget und die Hussen gar
weit voneinander gelegt und gestreckt. Und zunächst legte Siegmund von
Czirnau die zwei Herren, den Knyzze Wedirsich und Mihalko zuoberst in
einen Erker und Gemach. Darnach lagerte man wol fünfzig böhmische Ge¬
sellen in eine Kammer mitten im Hanse und nahm von ihnen allen ihre
Harnische, Waffen und Wehren. Und endlich die Knechte und die geringe
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Grenzboten. IV. -I8S6. 2z

In demselben Jahre kamen die Hussen und Böhmen aUS Ungarn und
kamen gar rasch und eilends in das Land und zogen vor Strehlen. Darin
lagen die Breslauer gesammelt, dem Lande zur Wehr und Michels Banate war
von der Stadt wegen als Aeltester da, und Hein von Czirnau war auch allda,
als Söldner der Stadt Breslau. Als diese nun in der Stadt Strehlen be¬
rannt und umlagert wurden, und die Stadt nicht fest war, noch passend zur
Abwehr, und sie sich auch nicht getrauten, darin sich zu halten und zu wehren,
so beriethen sie sich darin, machten kurzen Rath und ergaben sich, so daß
Michel Banate gefangen ward, und Hein von Czirnau gefangen, und viele
andere Söldner, Adelige und sonst gute Leute auch gefangen wurden. Aber
Michel Banate löste sich durch vierhundert Schock Groschen, aber Hein von
Czirnau der blieb ihr Gefangener, und gesellte sich zu ihnen und blieb bei
ihnen fast ein Jahr, und hals ihnen die Kühe zusammentreiben im Lande und
zog mit ihnen wie ein andrer Husse, Böhme oder Ketzer. Denn wie sie damals
Nimtsch selbst inne hatten, und allen Raub, den sie in dem Lande einstreichen
konnten, dorthin zusammentrieben, so hatte auch Hein von Czirnau daselbst
das Schloß und Haus, den Falkenstein, inne und war Herr darüber. Dieser
Hein von Czirnau gab vor und legte vor, dem Knyzze Wedirsich, und auch dem
P"n Mihalko, die alle beide die Aeltesten und Führer der Hussen und der Taborer
waren, Daß er gar wohl wüßte, einen guten Beutezug zu thun, wenn sie ihm folgen
wollten, und sprach: „Um Löwenberg ist gar ein volles Land, dort wollen wir
wohl Beute machen. Und ich weiß auch wohl, wie die Stadt Löwenberg
gelegen ist, und an welchen Enden sie gar gut zu ersteigen und zu gewinnen
ist. Darum, liebe Herren, folget mir, wir wollen Gut und Ehre erwerben,
das gelobe ich euch bei meiner Treue und Ehre." Aber Hein von Czirnau
sprach so mit dem Munde und meinte es anders mit dem Herzen. Und da er
ihnen solches Gelübde that, folgten sie ihm, rüsteten sich mit zweihundert
Pferden und zogen aus auf Löwenberg zu. Da führte sie Hein von Czirnau
auf den Falkenstein, dort blieben sie über Nacht. Dort rüstete er sich, wie er
Willen hatte, denn er halte in seinem Herzen beschlossen, daß er ihnen beweisen
wollte eine böhmische Treue. Und er sandte gar rasch und eilend in alle umliegenden
Dörfer und las auf alle frischen Gesellen, die er bekommen und haben konnte,
daß sie einzeln auf das Haus kamen. Die hielten sich zusammen an einer
Stelle im Hause. Als nun die Zeit kam, daß man schlafen gehn sollte, da
hatte Siegmund von Czirnau es so geschickt und gefüget und die Hussen gar
weit voneinander gelegt und gestreckt. Und zunächst legte Siegmund von
Czirnau die zwei Herren, den Knyzze Wedirsich und Mihalko zuoberst in
einen Erker und Gemach. Darnach lagerte man wol fünfzig böhmische Ge¬
sellen in eine Kammer mitten im Hanse und nahm von ihnen allen ihre
Harnische, Waffen und Wehren. Und endlich die Knechte und die geringe
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Grenzboten. IV. -I8S6. 2z
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[0201] In demselben Jahre kamen die Hussen und Böhmen aUS Ungarn und kamen gar rasch und eilends in das Land und zogen vor Strehlen. Darin lagen die Breslauer gesammelt, dem Lande zur Wehr und Michels Banate war von der Stadt wegen als Aeltester da, und Hein von Czirnau war auch allda, als Söldner der Stadt Breslau. Als diese nun in der Stadt Strehlen be¬ rannt und umlagert wurden, und die Stadt nicht fest war, noch passend zur Abwehr, und sie sich auch nicht getrauten, darin sich zu halten und zu wehren, so beriethen sie sich darin, machten kurzen Rath und ergaben sich, so daß Michel Banate gefangen ward, und Hein von Czirnau gefangen, und viele andere Söldner, Adelige und sonst gute Leute auch gefangen wurden. Aber Michel Banate löste sich durch vierhundert Schock Groschen, aber Hein von Czirnau der blieb ihr Gefangener, und gesellte sich zu ihnen und blieb bei ihnen fast ein Jahr, und hals ihnen die Kühe zusammentreiben im Lande und zog mit ihnen wie ein andrer Husse, Böhme oder Ketzer. Denn wie sie damals Nimtsch selbst inne hatten, und allen Raub, den sie in dem Lande einstreichen konnten, dorthin zusammentrieben, so hatte auch Hein von Czirnau daselbst das Schloß und Haus, den Falkenstein, inne und war Herr darüber. Dieser Hein von Czirnau gab vor und legte vor, dem Knyzze Wedirsich, und auch dem P"n Mihalko, die alle beide die Aeltesten und Führer der Hussen und der Taborer waren, Daß er gar wohl wüßte, einen guten Beutezug zu thun, wenn sie ihm folgen wollten, und sprach: „Um Löwenberg ist gar ein volles Land, dort wollen wir wohl Beute machen. Und ich weiß auch wohl, wie die Stadt Löwenberg gelegen ist, und an welchen Enden sie gar gut zu ersteigen und zu gewinnen ist. Darum, liebe Herren, folget mir, wir wollen Gut und Ehre erwerben, das gelobe ich euch bei meiner Treue und Ehre." Aber Hein von Czirnau sprach so mit dem Munde und meinte es anders mit dem Herzen. Und da er ihnen solches Gelübde that, folgten sie ihm, rüsteten sich mit zweihundert Pferden und zogen aus auf Löwenberg zu. Da führte sie Hein von Czirnau auf den Falkenstein, dort blieben sie über Nacht. Dort rüstete er sich, wie er Willen hatte, denn er halte in seinem Herzen beschlossen, daß er ihnen beweisen wollte eine böhmische Treue. Und er sandte gar rasch und eilend in alle umliegenden Dörfer und las auf alle frischen Gesellen, die er bekommen und haben konnte, daß sie einzeln auf das Haus kamen. Die hielten sich zusammen an einer Stelle im Hause. Als nun die Zeit kam, daß man schlafen gehn sollte, da hatte Siegmund von Czirnau es so geschickt und gefüget und die Hussen gar weit voneinander gelegt und gestreckt. Und zunächst legte Siegmund von Czirnau die zwei Herren, den Knyzze Wedirsich und Mihalko zuoberst in einen Erker und Gemach. Darnach lagerte man wol fünfzig böhmische Ge¬ sellen in eine Kammer mitten im Hanse und nahm von ihnen allen ihre Harnische, Waffen und Wehren. Und endlich die Knechte und die geringe ' Grenzboten. IV. -I8S6. 2z

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/201>, abgerufen am 23.07.2024.