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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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die Hunde müssen fressen. Wartet auf uns nur bis zu morgen." Als es kam
bis auf den andern Tag ganz früh, da schickten sich die Hussen an zu dem
Schlag und Streite, sie hörten vorher Messe, sie aßen und tranken vorher
ganz satt, und als sie nnn wollten aufbrechen, sich mit ihnen zu schlagen, da
kommt den Böhmen die Botschaft, daß die Meißner die Flucht geben. AIS sie
das hörten, da zogen sie ihnen eilend jagend auf flüchtiger Spur und Fuß
nach zwei ganze.Tage. Als sie sie nicht erreichen konnten, da besprachen sie
sich und theilten sich, so weit als das Land war, und brannten und mordeten
und singen und zogen in die Städte, woraus das Volk gewichen war.

Und die Böhmen lagerten sich vor das Dorf Wederau bei Volkenhain und
Umlagen den Edelhof daselbst. Der Höfe waren zwei beieinander, ein jeglicher
hatte sein Haus oder Schloß besonders, und die Bauersleute waren alle ge¬
flohen auf die zwei Höfe. Da waren auch auf den zwei Höfen vier Brüder
und Vettern, auf dem einen Hofe Wolfart und Nickel von der Reibnitz, auf
dem andern Hofe Kunz und Nickel, auch Gebrüder von der Reibnitz. Und
die Hussen stellten davor wol sechs Steinbüchsen am Frohnleichnamabend und
schössen da an die Höfe ohne Unterlaß Tag und Nacht. Und es kam, daß
sie ihnen die Gräben zusüllten mit Gehölz und mit Reißig, und stachen ihnen
das Wasser ab, und liefen mit Macht über die Gräben und kamen an den
Hof, sie durchhackten und durchhieben ihnen die Mauer. Das wollten die auf
dem Hofe wehren, und zündeten Viertelstonnen an, wollten diese herabwerfen
und sie so durch das Feuer verjagen und vertreiben. Da blieb ihnen die
ViertelStonne zwischen den Latten stecken, so daß sie den Hof selbst anzündeten,
und beide Höfe brannten aus. Und die vorgenannten Edelleute, als Wolfart
und Nickel von der Reibnitz auf dem einen Hofe, Kunz und Nickel von der
Reibnitz auf dem andern Hofe, die vergingen und verbrannten alle viere,
Gott sei ihnen gnädig und barmherzig. Und als die Höfe abgebrannt und
die Bauern in die Keller geflüchtet waren, und die Hussen durch die Mauer
hackten und hieben und in die Keller zu ihnen wollten, da ergab sich der eine
Keller, und als sie alle zu den Löchern herausgekrochen kamen, die die Hussen
gnuacht hatten, da nahmen sie die Hussen sofort und banden sie zwei und
Zwei zusammen und trieben sie in die Badestube, die vor dem Hofe stand. Sie
zündeten diese an und verbrannten sie alle ganz kläglich darin. Deren waren
mehr als dreißig. Und die noch in dem andern Keller waren, deren waren
sechzehn und bei ihnen war der Pfarrer; die wehrten sich gar lange, da sie
wohl vernommen hatten und hörten, wie ihre Nachbarn und Kumpane ge¬
brannt wurden. Jedoch als sie sich nicht länger erhalten konnten, gaben sie sich
einem böhmischen Herren gefangen, der beschützte sie vor der Büberei, daß sie nicht
gebrannt wurden. Diese selbigen führte man alle gefangen gen Böhmen. Da
das nun andere umwohnende Leute sahen und erfuhren, daß die Hussen so


die Hunde müssen fressen. Wartet auf uns nur bis zu morgen." Als es kam
bis auf den andern Tag ganz früh, da schickten sich die Hussen an zu dem
Schlag und Streite, sie hörten vorher Messe, sie aßen und tranken vorher
ganz satt, und als sie nnn wollten aufbrechen, sich mit ihnen zu schlagen, da
kommt den Böhmen die Botschaft, daß die Meißner die Flucht geben. AIS sie
das hörten, da zogen sie ihnen eilend jagend auf flüchtiger Spur und Fuß
nach zwei ganze.Tage. Als sie sie nicht erreichen konnten, da besprachen sie
sich und theilten sich, so weit als das Land war, und brannten und mordeten
und singen und zogen in die Städte, woraus das Volk gewichen war.

Und die Böhmen lagerten sich vor das Dorf Wederau bei Volkenhain und
Umlagen den Edelhof daselbst. Der Höfe waren zwei beieinander, ein jeglicher
hatte sein Haus oder Schloß besonders, und die Bauersleute waren alle ge¬
flohen auf die zwei Höfe. Da waren auch auf den zwei Höfen vier Brüder
und Vettern, auf dem einen Hofe Wolfart und Nickel von der Reibnitz, auf
dem andern Hofe Kunz und Nickel, auch Gebrüder von der Reibnitz. Und
die Hussen stellten davor wol sechs Steinbüchsen am Frohnleichnamabend und
schössen da an die Höfe ohne Unterlaß Tag und Nacht. Und es kam, daß
sie ihnen die Gräben zusüllten mit Gehölz und mit Reißig, und stachen ihnen
das Wasser ab, und liefen mit Macht über die Gräben und kamen an den
Hof, sie durchhackten und durchhieben ihnen die Mauer. Das wollten die auf
dem Hofe wehren, und zündeten Viertelstonnen an, wollten diese herabwerfen
und sie so durch das Feuer verjagen und vertreiben. Da blieb ihnen die
ViertelStonne zwischen den Latten stecken, so daß sie den Hof selbst anzündeten,
und beide Höfe brannten aus. Und die vorgenannten Edelleute, als Wolfart
und Nickel von der Reibnitz auf dem einen Hofe, Kunz und Nickel von der
Reibnitz auf dem andern Hofe, die vergingen und verbrannten alle viere,
Gott sei ihnen gnädig und barmherzig. Und als die Höfe abgebrannt und
die Bauern in die Keller geflüchtet waren, und die Hussen durch die Mauer
hackten und hieben und in die Keller zu ihnen wollten, da ergab sich der eine
Keller, und als sie alle zu den Löchern herausgekrochen kamen, die die Hussen
gnuacht hatten, da nahmen sie die Hussen sofort und banden sie zwei und
Zwei zusammen und trieben sie in die Badestube, die vor dem Hofe stand. Sie
zündeten diese an und verbrannten sie alle ganz kläglich darin. Deren waren
mehr als dreißig. Und die noch in dem andern Keller waren, deren waren
sechzehn und bei ihnen war der Pfarrer; die wehrten sich gar lange, da sie
wohl vernommen hatten und hörten, wie ihre Nachbarn und Kumpane ge¬
brannt wurden. Jedoch als sie sich nicht länger erhalten konnten, gaben sie sich
einem böhmischen Herren gefangen, der beschützte sie vor der Büberei, daß sie nicht
gebrannt wurden. Diese selbigen führte man alle gefangen gen Böhmen. Da
das nun andere umwohnende Leute sahen und erfuhren, daß die Hussen so


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[0199] die Hunde müssen fressen. Wartet auf uns nur bis zu morgen." Als es kam bis auf den andern Tag ganz früh, da schickten sich die Hussen an zu dem Schlag und Streite, sie hörten vorher Messe, sie aßen und tranken vorher ganz satt, und als sie nnn wollten aufbrechen, sich mit ihnen zu schlagen, da kommt den Böhmen die Botschaft, daß die Meißner die Flucht geben. AIS sie das hörten, da zogen sie ihnen eilend jagend auf flüchtiger Spur und Fuß nach zwei ganze.Tage. Als sie sie nicht erreichen konnten, da besprachen sie sich und theilten sich, so weit als das Land war, und brannten und mordeten und singen und zogen in die Städte, woraus das Volk gewichen war. Und die Böhmen lagerten sich vor das Dorf Wederau bei Volkenhain und Umlagen den Edelhof daselbst. Der Höfe waren zwei beieinander, ein jeglicher hatte sein Haus oder Schloß besonders, und die Bauersleute waren alle ge¬ flohen auf die zwei Höfe. Da waren auch auf den zwei Höfen vier Brüder und Vettern, auf dem einen Hofe Wolfart und Nickel von der Reibnitz, auf dem andern Hofe Kunz und Nickel, auch Gebrüder von der Reibnitz. Und die Hussen stellten davor wol sechs Steinbüchsen am Frohnleichnamabend und schössen da an die Höfe ohne Unterlaß Tag und Nacht. Und es kam, daß sie ihnen die Gräben zusüllten mit Gehölz und mit Reißig, und stachen ihnen das Wasser ab, und liefen mit Macht über die Gräben und kamen an den Hof, sie durchhackten und durchhieben ihnen die Mauer. Das wollten die auf dem Hofe wehren, und zündeten Viertelstonnen an, wollten diese herabwerfen und sie so durch das Feuer verjagen und vertreiben. Da blieb ihnen die ViertelStonne zwischen den Latten stecken, so daß sie den Hof selbst anzündeten, und beide Höfe brannten aus. Und die vorgenannten Edelleute, als Wolfart und Nickel von der Reibnitz auf dem einen Hofe, Kunz und Nickel von der Reibnitz auf dem andern Hofe, die vergingen und verbrannten alle viere, Gott sei ihnen gnädig und barmherzig. Und als die Höfe abgebrannt und die Bauern in die Keller geflüchtet waren, und die Hussen durch die Mauer hackten und hieben und in die Keller zu ihnen wollten, da ergab sich der eine Keller, und als sie alle zu den Löchern herausgekrochen kamen, die die Hussen gnuacht hatten, da nahmen sie die Hussen sofort und banden sie zwei und Zwei zusammen und trieben sie in die Badestube, die vor dem Hofe stand. Sie zündeten diese an und verbrannten sie alle ganz kläglich darin. Deren waren mehr als dreißig. Und die noch in dem andern Keller waren, deren waren sechzehn und bei ihnen war der Pfarrer; die wehrten sich gar lange, da sie wohl vernommen hatten und hörten, wie ihre Nachbarn und Kumpane ge¬ brannt wurden. Jedoch als sie sich nicht länger erhalten konnten, gaben sie sich einem böhmischen Herren gefangen, der beschützte sie vor der Büberei, daß sie nicht gebrannt wurden. Diese selbigen führte man alle gefangen gen Böhmen. Da das nun andere umwohnende Leute sahen und erfuhren, daß die Hussen so

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/199>, abgerufen am 23.07.2024.