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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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und zu, vervollständigen. Der Sophismus dieses Satzes liegt auf der Hand,
wir bestreiten keinesweges, daß in dem Verfahren Dänemarks viel Methode
und System sei, die Zolleinheit ist auch an sich eine sehr schöne Sache, wenn
man sie nur nicht auf Kosten andrer einführt und wohlbegründete Ansprüche
dadurch kränkt. Man hat dänischerseits sodann den deutschen Klagen geantwortet,
daß ja eine beträchtliche Anzahl von Waaren von dem Transitzoll befreit sei,
das ist wahr, aber diese Befreiungen, die auf Rußlands Forderung geschehen,
beziehen sich fast alle auf solche Artikel, bei denen ihres schweren Gewichtes
wegen eine Abgabe von 3 Schilling p. 100 Pfd. ganz prohibitiv sein würde,
so Korn, Bau- und Farbeholz, Steinkohlen, Eisen und Kupfer, Talg, Hanf,
Häute u. s. w. Dänemark versprach im Vertrag von 18i0 eine weitre Be¬
freiung von Artikeln, aber nur. einige für den Verkehr ganz unwesentliche
wurden wirklich befreit. Der Zustand ist bei den jetzigen Verkehrsverhältnissen
gradezu unerträglich und hat nirgend seines Gleichen. England, Frankreich,
die Niederlande haben keinerlei Durchgangszoll, Belgien erhebt nur 40 Centimes
p. 100 Kilogramm, die Transitabgaben des Zollvereins und Oestreichs sind gering,
nur Dänemark, beutet die geographischen Vortheile, die seine deutschen Be¬
sitzungen ihm geben, aus, um von dem fremden Handel eine Abgabe zu fordern,
welche die Kosten der Fracht übersteigt. Die Fracht ist p. Zvllcentner zwischen
Lübeck und Hamburg 3 Sgr., zwischen Lübeck und Vüchen 1'/-^2Vs Sgr.,
Zwischen Lübeck und Lauenburg 2Vic> Sgr.; der Transitzoll einschließlich der
Sporteln i> Sgr.

Es war unmöglich, daß dieser ganz abnorme Zustand nicht die Aufmerk¬
samkeit der Mächte auf sich zog, welche über die Ablösung des SundzolleS
ljnterhandelten. ES gelang nachhaltigen Bemühungen, England und Frankreich
davon zu überzeugen, daß dieser exorbitante Zoll ein reines Beiwerk des Sund¬
zolleS sei, man liest die Beweise dafür fast auf jeder Seite des Blaubuches
über die Sundzölle, welches das ParlamentScomitv über den Sundzoll ver¬
öffentlicht hat. England stellte zuerst die Forderung an Dänemark, den Transit¬
zoll auf'einen geringen Betrag zu ermäßigen, wenn es die Zustimmung des
Cabinets von Se. James zur Ablösung des SundzolleS haben wolle; Däne¬
mark erwiderte zuerst, diese Forderung sei ein Eingriff in seine souveränes,
innerhalb seiner Grenzen könne es machen, was eS wolle. Die Haltlosigkeit
dieses Einwandes ist klar, denn jeder Vertrag begrenzt gewissermaßen die Dis¬
position der contrahirenden Parteien. Als England fest blieb und Frankreich,
Preußen, Oestreich, Rußland, Schweden u. a. in. ihm beitraten, hat das
dänische Cabinet nachgegeben und ist jetzt, wenn wir recht unterrichtet sind,
gewillt, die Transitzölle zwischen Ostsee und Nordsee auf 1 Schilling p. 100 Pfd.
herabzusetzen. Es sagte bisher stets, es belästige den Handel durchaus nicht,
grade wie Nußland stets verneinte, daß es der Donauschiffahrt irgendwie


und zu, vervollständigen. Der Sophismus dieses Satzes liegt auf der Hand,
wir bestreiten keinesweges, daß in dem Verfahren Dänemarks viel Methode
und System sei, die Zolleinheit ist auch an sich eine sehr schöne Sache, wenn
man sie nur nicht auf Kosten andrer einführt und wohlbegründete Ansprüche
dadurch kränkt. Man hat dänischerseits sodann den deutschen Klagen geantwortet,
daß ja eine beträchtliche Anzahl von Waaren von dem Transitzoll befreit sei,
das ist wahr, aber diese Befreiungen, die auf Rußlands Forderung geschehen,
beziehen sich fast alle auf solche Artikel, bei denen ihres schweren Gewichtes
wegen eine Abgabe von 3 Schilling p. 100 Pfd. ganz prohibitiv sein würde,
so Korn, Bau- und Farbeholz, Steinkohlen, Eisen und Kupfer, Talg, Hanf,
Häute u. s. w. Dänemark versprach im Vertrag von 18i0 eine weitre Be¬
freiung von Artikeln, aber nur. einige für den Verkehr ganz unwesentliche
wurden wirklich befreit. Der Zustand ist bei den jetzigen Verkehrsverhältnissen
gradezu unerträglich und hat nirgend seines Gleichen. England, Frankreich,
die Niederlande haben keinerlei Durchgangszoll, Belgien erhebt nur 40 Centimes
p. 100 Kilogramm, die Transitabgaben des Zollvereins und Oestreichs sind gering,
nur Dänemark, beutet die geographischen Vortheile, die seine deutschen Be¬
sitzungen ihm geben, aus, um von dem fremden Handel eine Abgabe zu fordern,
welche die Kosten der Fracht übersteigt. Die Fracht ist p. Zvllcentner zwischen
Lübeck und Hamburg 3 Sgr., zwischen Lübeck und Vüchen 1'/-^2Vs Sgr.,
Zwischen Lübeck und Lauenburg 2Vic> Sgr.; der Transitzoll einschließlich der
Sporteln i> Sgr.

Es war unmöglich, daß dieser ganz abnorme Zustand nicht die Aufmerk¬
samkeit der Mächte auf sich zog, welche über die Ablösung des SundzolleS
ljnterhandelten. ES gelang nachhaltigen Bemühungen, England und Frankreich
davon zu überzeugen, daß dieser exorbitante Zoll ein reines Beiwerk des Sund¬
zolleS sei, man liest die Beweise dafür fast auf jeder Seite des Blaubuches
über die Sundzölle, welches das ParlamentScomitv über den Sundzoll ver¬
öffentlicht hat. England stellte zuerst die Forderung an Dänemark, den Transit¬
zoll auf'einen geringen Betrag zu ermäßigen, wenn es die Zustimmung des
Cabinets von Se. James zur Ablösung des SundzolleS haben wolle; Däne¬
mark erwiderte zuerst, diese Forderung sei ein Eingriff in seine souveränes,
innerhalb seiner Grenzen könne es machen, was eS wolle. Die Haltlosigkeit
dieses Einwandes ist klar, denn jeder Vertrag begrenzt gewissermaßen die Dis¬
position der contrahirenden Parteien. Als England fest blieb und Frankreich,
Preußen, Oestreich, Rußland, Schweden u. a. in. ihm beitraten, hat das
dänische Cabinet nachgegeben und ist jetzt, wenn wir recht unterrichtet sind,
gewillt, die Transitzölle zwischen Ostsee und Nordsee auf 1 Schilling p. 100 Pfd.
herabzusetzen. Es sagte bisher stets, es belästige den Handel durchaus nicht,
grade wie Nußland stets verneinte, daß es der Donauschiffahrt irgendwie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/183>, abgerufen am 03.07.2024.