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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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--. -- -- Der Schwingen Zier
Zerpflückt man deinem Aar mit Hader",
Durchschneidet kleinen Ingrimms dir "
Die Straßen, deines Lebens Adern.

Die Motive der dänischen Negierung bei dieser Maßregel sind klar lind
lassen sich durch keinerlei ofstciöse Ableugnung verdecken. Die Durchgangszv'lie
wurden aufgelegt, um den Sundzoll zu schützen, denn der Sundzoll ist nicht
eine Abgabe, die vom Oercsund erhoben wird, sondern ein System, den Verkehr
zwischen Ostsee und Nordsee zu besteuern, die Transitzölle sind
die Verpflanzung des Sundzolles auf deutschen Boden. In den
Verhandlungen, welche 1836 zwischen der dänischen Negierung und den hol¬
steinischen Provinzialständen stattfanden, gestand man fast offen die Absicht ein,
sich durch die Transitzölle für die Verluste schadlos zu erhalten, die aus einer
Verringerung der Sundzolleinnahme erwachsen könnten. Zuerst wurden sie
nur in Holstein eingeführt, auf dem Eiderkanal und der Straße zwischen Kiel
und Altona, das Zollcomitv der Stände forderte nun, daß man entweder die
holsteinischen Straßen befreie oder die einzige noch freie Straße zwischen Ost-
und ^Nordsee, die Hamburg mit Lübeck verbindet, gleichfalls dem Durchgangö-
zoll unterwerfe. Dänemark wählte das letztre und legte in Lauenburg, das
weder Aus- noch Cingangszölle kennt, einen Durchgangszoll auf, der die
Fracht um das Doppelte übersteigt. Auf allen Straßen, die mit der Sundpassage
nicht in Concurrenz treten konnten, erhob man nur unbedeutende Abgaben, so
zwischen Glückstadt und Altona, sowie von allen Waaren, die auf der Hamburg-
Berliner Bahn nach Preußen gehen oder dorther kommen, nur 4 Schilling
p. -100 Pfd., man fügte aber hinzu, indem man dem berliner Cabinet dies
Zugeständnis? machte, daß dasselbe nur so lange gelte, als Preußen einen gleichen
Transitzoll von den fremden Waaren erhebe, die nach einem Ostseehäfen gingen.
Bei den Verhandlungen über die Hamburg-Berliner Eisenbahn (18i1) erklärte
der dänische Vertreter Etatsrath Francke, daß die Furcht vor der Concurrenz,
welche die Eisenbahnen machen könnten (nämlich dem Sundzoll), Dänemark die
Pflicht auferlege, sein System von Durchgangszöllen auf allen Verbindungs¬
wegen zwischen den beiden Meeren aufrecht zu erhalten und -1850 noch schrieb
man in Kopenhagen in die geheime Instruction für den dänischen Elbschiffahrts-
commissar: "Für Dänemark kommt der bedeutende Umstand in Betracht, daß
eine viel wichtigere und einträglichere Handelsstraße als die Elbe, der Sund,
durch eine vorzugsweise Begünstigung der Elbe direct und indirect gefährdet
wird, ein Moment, welches nicht ausgesprochen werden darf, bei allen Ab¬
stimmungen aber doppelt maßgebend sein muß." -- Allen diesen offenkundiger
Thatsachen gegenüber halten dänische officiöse Publicisten die Behauptung auf¬
recht, die Transitzölle hätten nichts mit dem Sundzoll zu thun, sondern seien
. althergebracht und die neuen seien nur auferlegt, um das Zollsystem zu ordnen


--. — — Der Schwingen Zier
Zerpflückt man deinem Aar mit Hader»,
Durchschneidet kleinen Ingrimms dir "
Die Straßen, deines Lebens Adern.

Die Motive der dänischen Negierung bei dieser Maßregel sind klar lind
lassen sich durch keinerlei ofstciöse Ableugnung verdecken. Die Durchgangszv'lie
wurden aufgelegt, um den Sundzoll zu schützen, denn der Sundzoll ist nicht
eine Abgabe, die vom Oercsund erhoben wird, sondern ein System, den Verkehr
zwischen Ostsee und Nordsee zu besteuern, die Transitzölle sind
die Verpflanzung des Sundzolles auf deutschen Boden. In den
Verhandlungen, welche 1836 zwischen der dänischen Negierung und den hol¬
steinischen Provinzialständen stattfanden, gestand man fast offen die Absicht ein,
sich durch die Transitzölle für die Verluste schadlos zu erhalten, die aus einer
Verringerung der Sundzolleinnahme erwachsen könnten. Zuerst wurden sie
nur in Holstein eingeführt, auf dem Eiderkanal und der Straße zwischen Kiel
und Altona, das Zollcomitv der Stände forderte nun, daß man entweder die
holsteinischen Straßen befreie oder die einzige noch freie Straße zwischen Ost-
und ^Nordsee, die Hamburg mit Lübeck verbindet, gleichfalls dem Durchgangö-
zoll unterwerfe. Dänemark wählte das letztre und legte in Lauenburg, das
weder Aus- noch Cingangszölle kennt, einen Durchgangszoll auf, der die
Fracht um das Doppelte übersteigt. Auf allen Straßen, die mit der Sundpassage
nicht in Concurrenz treten konnten, erhob man nur unbedeutende Abgaben, so
zwischen Glückstadt und Altona, sowie von allen Waaren, die auf der Hamburg-
Berliner Bahn nach Preußen gehen oder dorther kommen, nur 4 Schilling
p. -100 Pfd., man fügte aber hinzu, indem man dem berliner Cabinet dies
Zugeständnis? machte, daß dasselbe nur so lange gelte, als Preußen einen gleichen
Transitzoll von den fremden Waaren erhebe, die nach einem Ostseehäfen gingen.
Bei den Verhandlungen über die Hamburg-Berliner Eisenbahn (18i1) erklärte
der dänische Vertreter Etatsrath Francke, daß die Furcht vor der Concurrenz,
welche die Eisenbahnen machen könnten (nämlich dem Sundzoll), Dänemark die
Pflicht auferlege, sein System von Durchgangszöllen auf allen Verbindungs¬
wegen zwischen den beiden Meeren aufrecht zu erhalten und -1850 noch schrieb
man in Kopenhagen in die geheime Instruction für den dänischen Elbschiffahrts-
commissar: „Für Dänemark kommt der bedeutende Umstand in Betracht, daß
eine viel wichtigere und einträglichere Handelsstraße als die Elbe, der Sund,
durch eine vorzugsweise Begünstigung der Elbe direct und indirect gefährdet
wird, ein Moment, welches nicht ausgesprochen werden darf, bei allen Ab¬
stimmungen aber doppelt maßgebend sein muß." — Allen diesen offenkundiger
Thatsachen gegenüber halten dänische officiöse Publicisten die Behauptung auf¬
recht, die Transitzölle hätten nichts mit dem Sundzoll zu thun, sondern seien
. althergebracht und die neuen seien nur auferlegt, um das Zollsystem zu ordnen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/182>, abgerufen am 03.07.2024.