Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

zusagen, daß in wenigen Jahren an den Ufern des Kansas ein neuer freier
Staat den übrigen Gliedern der Union sich anschließen würde.

Ein solches Ereigniß war den Parteihäuptern des Südens unerwünscht.
Sie hatten zu fürchten, daß dadurch die Macht ihrer Stimmen im Congreß
aufs neue geschwächt werden würde. Im Süden die Sklaverei weiter aus¬
zubreiten war ihnen unverwehrt, aber Teras, auf das sie hier angewiesen
waren, wollte nicht in dem Maße wachsen, als zur Bildung neuer Staaten
erforderlich war, und so blieb nichts übrig, alö den Versuch zur Umstoßung
des sogenannten Missonricompromisses zu machen, durch welches im Jahr 1820
das Halten von Sklaven in dem Gebiete nördlich von 36" 30' für immer '
ausgeschlossen worden war.

Nachdem 1844 schon im Congreß Anträge auf Organisirung des Gebiets
Nebraska (von dem Kansas, der südliche Theil, damals noch nicht getrennt
war) gestellt worden und im August 1848 ein Gesetzentwurf, welcher obige
Bestimmung des Missouricompromisses auf alles Land bis zum stillen Ocean
ausgedehnt wissen wollte, vom Repräsentantenhause verworfen worden, trat
im Juli 18S3 eine Convention der Bürger von Nebraska in Wyandotte-City
zusammen und erwählte eine provisorische Regierung, und im December dessel¬
ben Jahres brachte Senator Dodge von Iowa e^me Bill in den Congreß, der-
gemäß Nebraska und Kansas neue politische Einrichtungen erhalten sollten.
Senator Douglas von Illinois, als Vorsitzender des Ausschusses, der die
Angelegenheiten der Territorien zu besorgen hat, machte die Bill zu der sei¬
nigen und brachte sie im Februar 1854 Mit einem sogenannten Verbesserungs¬
zusatz ein, wonach erklärt wurde, daß jene Klausel des Missouricompromisses
in Betreff der Sklavenfrage fortan unwirksam sei, und daß es lediglich dem
Volke in einem zu organisirenden Gebiete zustehe, seine innern Angelegen¬
heiten zu regeln, vorausgesetzt, daß dadurch die Bundesverfassung nicht beein¬
trächtigt werde.

Der Antrag war vom Standpunkte deö abstracten Rechts nicht unbe¬
gründet. Das Missouricompromiß war insofern eine ungesetzliche Maßregel
gewesen, als es der Bundesverfassung widersprach, welche erklärt, daß künstig
Staaten in die Union aufgenommen werden sollen "unter denselben Bedin¬
gungen wie die ersten dreizehn", und diesen ersten war keine Beschränkung in
Betreff der Sklaverei auferlegt worden. Andrerseits aber ist es keine Frage, daß
jene Klausel eine von den Umständen gebotene Verbesserung der Constitution
war, in welche das Volk durch seine Vertreter gewilligt hatte. Die Verhältnisse
waren übrigens dieselben, wie 1820, und das Wort: MsMia, pere-u
munciag" eignet sich wenig zum Fundamentalsatze einer vernünftigen Politik.

Der Senat nahm die Kansas-Nebraskabill mit 33 gegen 14 Stimmen
an. Das Repräsentantenhaus, in welchem gegenwärtig aus den nichtsklaven-


18'

zusagen, daß in wenigen Jahren an den Ufern des Kansas ein neuer freier
Staat den übrigen Gliedern der Union sich anschließen würde.

Ein solches Ereigniß war den Parteihäuptern des Südens unerwünscht.
Sie hatten zu fürchten, daß dadurch die Macht ihrer Stimmen im Congreß
aufs neue geschwächt werden würde. Im Süden die Sklaverei weiter aus¬
zubreiten war ihnen unverwehrt, aber Teras, auf das sie hier angewiesen
waren, wollte nicht in dem Maße wachsen, als zur Bildung neuer Staaten
erforderlich war, und so blieb nichts übrig, alö den Versuch zur Umstoßung
des sogenannten Missonricompromisses zu machen, durch welches im Jahr 1820
das Halten von Sklaven in dem Gebiete nördlich von 36" 30' für immer '
ausgeschlossen worden war.

Nachdem 1844 schon im Congreß Anträge auf Organisirung des Gebiets
Nebraska (von dem Kansas, der südliche Theil, damals noch nicht getrennt
war) gestellt worden und im August 1848 ein Gesetzentwurf, welcher obige
Bestimmung des Missouricompromisses auf alles Land bis zum stillen Ocean
ausgedehnt wissen wollte, vom Repräsentantenhause verworfen worden, trat
im Juli 18S3 eine Convention der Bürger von Nebraska in Wyandotte-City
zusammen und erwählte eine provisorische Regierung, und im December dessel¬
ben Jahres brachte Senator Dodge von Iowa e^me Bill in den Congreß, der-
gemäß Nebraska und Kansas neue politische Einrichtungen erhalten sollten.
Senator Douglas von Illinois, als Vorsitzender des Ausschusses, der die
Angelegenheiten der Territorien zu besorgen hat, machte die Bill zu der sei¬
nigen und brachte sie im Februar 1854 Mit einem sogenannten Verbesserungs¬
zusatz ein, wonach erklärt wurde, daß jene Klausel des Missouricompromisses
in Betreff der Sklavenfrage fortan unwirksam sei, und daß es lediglich dem
Volke in einem zu organisirenden Gebiete zustehe, seine innern Angelegen¬
heiten zu regeln, vorausgesetzt, daß dadurch die Bundesverfassung nicht beein¬
trächtigt werde.

Der Antrag war vom Standpunkte deö abstracten Rechts nicht unbe¬
gründet. Das Missouricompromiß war insofern eine ungesetzliche Maßregel
gewesen, als es der Bundesverfassung widersprach, welche erklärt, daß künstig
Staaten in die Union aufgenommen werden sollen „unter denselben Bedin¬
gungen wie die ersten dreizehn", und diesen ersten war keine Beschränkung in
Betreff der Sklaverei auferlegt worden. Andrerseits aber ist es keine Frage, daß
jene Klausel eine von den Umständen gebotene Verbesserung der Constitution
war, in welche das Volk durch seine Vertreter gewilligt hatte. Die Verhältnisse
waren übrigens dieselben, wie 1820, und das Wort: MsMia, pere-u
munciag" eignet sich wenig zum Fundamentalsatze einer vernünftigen Politik.

Der Senat nahm die Kansas-Nebraskabill mit 33 gegen 14 Stimmen
an. Das Repräsentantenhaus, in welchem gegenwärtig aus den nichtsklaven-


18'
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0147" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/102742"/>
          <p xml:id="ID_482" prev="#ID_481"> zusagen, daß in wenigen Jahren an den Ufern des Kansas ein neuer freier<lb/>
Staat den übrigen Gliedern der Union sich anschließen würde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_483"> Ein solches Ereigniß war den Parteihäuptern des Südens unerwünscht.<lb/>
Sie hatten zu fürchten, daß dadurch die Macht ihrer Stimmen im Congreß<lb/>
aufs neue geschwächt werden würde. Im Süden die Sklaverei weiter aus¬<lb/>
zubreiten war ihnen unverwehrt, aber Teras, auf das sie hier angewiesen<lb/>
waren, wollte nicht in dem Maße wachsen, als zur Bildung neuer Staaten<lb/>
erforderlich war, und so blieb nichts übrig, alö den Versuch zur Umstoßung<lb/>
des sogenannten Missonricompromisses zu machen, durch welches im Jahr 1820<lb/>
das Halten von Sklaven in dem Gebiete nördlich von 36" 30' für immer '<lb/>
ausgeschlossen worden war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_484"> Nachdem 1844 schon im Congreß Anträge auf Organisirung des Gebiets<lb/>
Nebraska (von dem Kansas, der südliche Theil, damals noch nicht getrennt<lb/>
war) gestellt worden und im August 1848 ein Gesetzentwurf, welcher obige<lb/>
Bestimmung des Missouricompromisses auf alles Land bis zum stillen Ocean<lb/>
ausgedehnt wissen wollte, vom Repräsentantenhause verworfen worden, trat<lb/>
im Juli 18S3 eine Convention der Bürger von Nebraska in Wyandotte-City<lb/>
zusammen und erwählte eine provisorische Regierung, und im December dessel¬<lb/>
ben Jahres brachte Senator Dodge von Iowa e^me Bill in den Congreß, der-<lb/>
gemäß Nebraska und Kansas neue politische Einrichtungen erhalten sollten.<lb/>
Senator Douglas von Illinois, als Vorsitzender des Ausschusses, der die<lb/>
Angelegenheiten der Territorien zu besorgen hat, machte die Bill zu der sei¬<lb/>
nigen und brachte sie im Februar 1854 Mit einem sogenannten Verbesserungs¬<lb/>
zusatz ein, wonach erklärt wurde, daß jene Klausel des Missouricompromisses<lb/>
in Betreff der Sklavenfrage fortan unwirksam sei, und daß es lediglich dem<lb/>
Volke in einem zu organisirenden Gebiete zustehe, seine innern Angelegen¬<lb/>
heiten zu regeln, vorausgesetzt, daß dadurch die Bundesverfassung nicht beein¬<lb/>
trächtigt werde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_485"> Der Antrag war vom Standpunkte deö abstracten Rechts nicht unbe¬<lb/>
gründet. Das Missouricompromiß war insofern eine ungesetzliche Maßregel<lb/>
gewesen, als es der Bundesverfassung widersprach, welche erklärt, daß künstig<lb/>
Staaten in die Union aufgenommen werden sollen &#x201E;unter denselben Bedin¬<lb/>
gungen wie die ersten dreizehn", und diesen ersten war keine Beschränkung in<lb/>
Betreff der Sklaverei auferlegt worden. Andrerseits aber ist es keine Frage, daß<lb/>
jene Klausel eine von den Umständen gebotene Verbesserung der Constitution<lb/>
war, in welche das Volk durch seine Vertreter gewilligt hatte. Die Verhältnisse<lb/>
waren übrigens dieselben, wie 1820, und das Wort: MsMia, pere-u<lb/>
munciag" eignet sich wenig zum Fundamentalsatze einer vernünftigen Politik.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_486" next="#ID_487"> Der Senat nahm die Kansas-Nebraskabill mit 33 gegen 14 Stimmen<lb/>
an. Das Repräsentantenhaus, in welchem gegenwärtig aus den nichtsklaven-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 18'</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0147] zusagen, daß in wenigen Jahren an den Ufern des Kansas ein neuer freier Staat den übrigen Gliedern der Union sich anschließen würde. Ein solches Ereigniß war den Parteihäuptern des Südens unerwünscht. Sie hatten zu fürchten, daß dadurch die Macht ihrer Stimmen im Congreß aufs neue geschwächt werden würde. Im Süden die Sklaverei weiter aus¬ zubreiten war ihnen unverwehrt, aber Teras, auf das sie hier angewiesen waren, wollte nicht in dem Maße wachsen, als zur Bildung neuer Staaten erforderlich war, und so blieb nichts übrig, alö den Versuch zur Umstoßung des sogenannten Missonricompromisses zu machen, durch welches im Jahr 1820 das Halten von Sklaven in dem Gebiete nördlich von 36" 30' für immer ' ausgeschlossen worden war. Nachdem 1844 schon im Congreß Anträge auf Organisirung des Gebiets Nebraska (von dem Kansas, der südliche Theil, damals noch nicht getrennt war) gestellt worden und im August 1848 ein Gesetzentwurf, welcher obige Bestimmung des Missouricompromisses auf alles Land bis zum stillen Ocean ausgedehnt wissen wollte, vom Repräsentantenhause verworfen worden, trat im Juli 18S3 eine Convention der Bürger von Nebraska in Wyandotte-City zusammen und erwählte eine provisorische Regierung, und im December dessel¬ ben Jahres brachte Senator Dodge von Iowa e^me Bill in den Congreß, der- gemäß Nebraska und Kansas neue politische Einrichtungen erhalten sollten. Senator Douglas von Illinois, als Vorsitzender des Ausschusses, der die Angelegenheiten der Territorien zu besorgen hat, machte die Bill zu der sei¬ nigen und brachte sie im Februar 1854 Mit einem sogenannten Verbesserungs¬ zusatz ein, wonach erklärt wurde, daß jene Klausel des Missouricompromisses in Betreff der Sklavenfrage fortan unwirksam sei, und daß es lediglich dem Volke in einem zu organisirenden Gebiete zustehe, seine innern Angelegen¬ heiten zu regeln, vorausgesetzt, daß dadurch die Bundesverfassung nicht beein¬ trächtigt werde. Der Antrag war vom Standpunkte deö abstracten Rechts nicht unbe¬ gründet. Das Missouricompromiß war insofern eine ungesetzliche Maßregel gewesen, als es der Bundesverfassung widersprach, welche erklärt, daß künstig Staaten in die Union aufgenommen werden sollen „unter denselben Bedin¬ gungen wie die ersten dreizehn", und diesen ersten war keine Beschränkung in Betreff der Sklaverei auferlegt worden. Andrerseits aber ist es keine Frage, daß jene Klausel eine von den Umständen gebotene Verbesserung der Constitution war, in welche das Volk durch seine Vertreter gewilligt hatte. Die Verhältnisse waren übrigens dieselben, wie 1820, und das Wort: MsMia, pere-u munciag" eignet sich wenig zum Fundamentalsatze einer vernünftigen Politik. Der Senat nahm die Kansas-Nebraskabill mit 33 gegen 14 Stimmen an. Das Repräsentantenhaus, in welchem gegenwärtig aus den nichtsklaven- 18'

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/147
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/147>, abgerufen am 23.07.2024.