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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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werken gewöhnliche Form beibehalten hat. Es wäre nicht schwer gewesen, die
Fülle des Stoffs nach bestimmten geographischen und publicistischen Gesichts¬
punkten zu systematislren; aber die Unmittelbarkeit der Empfindungen und die
Energie der Erzählung würde in diesem Fall nothwendig verringert. In dem
Buch, wie es ist, wechseln Landschaftsbilder, charakterisirende Beschreibungen
des Volkes, seiner Sitten, seines Lebens, eine Fülle von kleinen Zügen, oft
traurige, zum Theil sehr ergötzliche Anekdoten mit politischen Berichten, histo¬
rischen Rückblicken und wohlerwogenen Schlüssen auf die Zukunft der Herzog-
thümer. Mit lebhaften Farben wird ganz vortrefflich die Landschaft geschildert,
in ihren drei Gegensätzen, der Ostseeküste, der hohen Geest, den Marschländern
der Nordsee, -- ein Band von drei Farben, die ebensoviel schroffe Gegensätze
repräsentiren.

Wir werden zunächst im Zickzack durch das Land an der Ostsee geführt:
Grüne Hügel, dicht aneinandergereiht gleich den Beeren an einer Traube, er¬
heben sich aus der fruchtbaren Ackerlandschaft. Hochstämmige Buchengehölze
werfen ihre Schatten bis in die blauen Meeresbuchien, wo sich Schiffe und
Schiffer tummeln, und an denen die Städte des fleißigen Landes liegen. Zwischen
den Hügeln, die bald als hellgrüne, graötragende Kuppen aus den dunkeln
Wipfeln eines Waldes, bald wieder mit Waldholz geschmückt aus lichten
Wiesen und Feldern anschwellen, rinnen vielgewundene Bäche und glänzen
stille Landseen, auf deren Spiegelfläche der schnelle Wechsel flüchtiger Wolken¬
schatten und blendender Sonnenstrahlen die Nähe des Meeres ahnen läßt.
Hinter den Hecken mit ihrer Blumenpracht grasen Herden rother Rinder, der
Siolz des Landes, dazwischen,erheben sich thurmhohe holländische Windmühlen,
und die Strohdächer der Dörfer, bis zur Schlei mit dem altsächstschen Pferde¬
kopf geziert, tauchen aus dem Grün, daneben die mächtigen Scheunen und die
meist bescheidenen Wohngebäude der Edelhofe und bisweilen eine alterthümliche
stattliche Kirche. Der Wanderer zieht durch die Probstei, steigt aus der düstern
Einsamkeit des Swentinethals auf, um auf der Blvmburg sich der Aussicht
auf den schönen See von Selene zu erfreuen, und geht durch den dänischen
Wohld nach der Bucht von Eckernförde. Eine Rundschau von den hüttener
Bergen läßt einen großen Theil der Ostküste überblicken. Das Dampfschiff
von Cappeln trägt zwischen den melancholischen, sagenreichen Gestaden der-
Schlei hinauf nach Schleswig, der tausendjährigen Sendt. Angeln wird
durchwandert, der Garten Schleswigs, das Land Gösen der Pastoren, dem
der Verfasser mit Recht besondere Aufmerksamkeit zuwendet. Weiter im Norden
streckt sich über dem Sunde unter dem Düppelberge das reiche dörserbedeckte
Alsen lang hin. Die waldige Bucht von Apenrade, die reizenden Thalkessel
deS Kirchspiels Loid, die Schiffswerft": der Insel Cato werden besucht und
.geschildert. Man empfindet die Stille und Sauberkeit der herrnhuter Colonie


werken gewöhnliche Form beibehalten hat. Es wäre nicht schwer gewesen, die
Fülle des Stoffs nach bestimmten geographischen und publicistischen Gesichts¬
punkten zu systematislren; aber die Unmittelbarkeit der Empfindungen und die
Energie der Erzählung würde in diesem Fall nothwendig verringert. In dem
Buch, wie es ist, wechseln Landschaftsbilder, charakterisirende Beschreibungen
des Volkes, seiner Sitten, seines Lebens, eine Fülle von kleinen Zügen, oft
traurige, zum Theil sehr ergötzliche Anekdoten mit politischen Berichten, histo¬
rischen Rückblicken und wohlerwogenen Schlüssen auf die Zukunft der Herzog-
thümer. Mit lebhaften Farben wird ganz vortrefflich die Landschaft geschildert,
in ihren drei Gegensätzen, der Ostseeküste, der hohen Geest, den Marschländern
der Nordsee, — ein Band von drei Farben, die ebensoviel schroffe Gegensätze
repräsentiren.

Wir werden zunächst im Zickzack durch das Land an der Ostsee geführt:
Grüne Hügel, dicht aneinandergereiht gleich den Beeren an einer Traube, er¬
heben sich aus der fruchtbaren Ackerlandschaft. Hochstämmige Buchengehölze
werfen ihre Schatten bis in die blauen Meeresbuchien, wo sich Schiffe und
Schiffer tummeln, und an denen die Städte des fleißigen Landes liegen. Zwischen
den Hügeln, die bald als hellgrüne, graötragende Kuppen aus den dunkeln
Wipfeln eines Waldes, bald wieder mit Waldholz geschmückt aus lichten
Wiesen und Feldern anschwellen, rinnen vielgewundene Bäche und glänzen
stille Landseen, auf deren Spiegelfläche der schnelle Wechsel flüchtiger Wolken¬
schatten und blendender Sonnenstrahlen die Nähe des Meeres ahnen läßt.
Hinter den Hecken mit ihrer Blumenpracht grasen Herden rother Rinder, der
Siolz des Landes, dazwischen,erheben sich thurmhohe holländische Windmühlen,
und die Strohdächer der Dörfer, bis zur Schlei mit dem altsächstschen Pferde¬
kopf geziert, tauchen aus dem Grün, daneben die mächtigen Scheunen und die
meist bescheidenen Wohngebäude der Edelhofe und bisweilen eine alterthümliche
stattliche Kirche. Der Wanderer zieht durch die Probstei, steigt aus der düstern
Einsamkeit des Swentinethals auf, um auf der Blvmburg sich der Aussicht
auf den schönen See von Selene zu erfreuen, und geht durch den dänischen
Wohld nach der Bucht von Eckernförde. Eine Rundschau von den hüttener
Bergen läßt einen großen Theil der Ostküste überblicken. Das Dampfschiff
von Cappeln trägt zwischen den melancholischen, sagenreichen Gestaden der-
Schlei hinauf nach Schleswig, der tausendjährigen Sendt. Angeln wird
durchwandert, der Garten Schleswigs, das Land Gösen der Pastoren, dem
der Verfasser mit Recht besondere Aufmerksamkeit zuwendet. Weiter im Norden
streckt sich über dem Sunde unter dem Düppelberge das reiche dörserbedeckte
Alsen lang hin. Die waldige Bucht von Apenrade, die reizenden Thalkessel
deS Kirchspiels Loid, die Schiffswerft«: der Insel Cato werden besucht und
.geschildert. Man empfindet die Stille und Sauberkeit der herrnhuter Colonie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/10>, abgerufen am 23.07.2024.