Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.gebe ich eS meiner hohen Regierung in ihr Gewissen und lege es meinem Das ist offen, klar und bündig gesprochen und in Beziehung auf daS, was 9*
gebe ich eS meiner hohen Regierung in ihr Gewissen und lege es meinem Das ist offen, klar und bündig gesprochen und in Beziehung auf daS, was 9*
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gebe ich eS meiner hohen Regierung in ihr Gewissen und lege es meinem
theuren und geliebten Könige an daS Her,, daß sie in der Macht, und
um der Macht und um der heiligen Pflichten willen, die sie von dem aller¬
höchsten Herrn empfangen haben, und so gewaltig und entschieden, als im
Namen Gottes, sich aufmachen und Hand anlegen sollen, das Kleinod unsres
Glaubens und das Bestehen des Thrones, in dem die Spitze und der rechte
Kern aller heiligen Ordnung Gottes hier auf Erden ist, und das Bestehen der
Gesellschaft selbst von einem Untergange mit Schrecken und vor einem Greuel
der Verwüstung ohne Gleichen zu bewahren. Sie müssen das, sie dürfen hier
nicht schweigend zusehen, weil Schweigen und unthätig Bleiben eine himmel¬
schreiende Sünde wäre/' — „Was vor allem dringend nöthig wäre, ist dies,
daß Zeitschriften und populäre Bücher dieser Art, wie z. B. die Schriften von
Roßmäsler und Burmeister (daneben wird auch die Gartenlaube und ein paar
Dutzend andrer Zeitschriften genannt), von allen deutschen Regierungen unter¬
drückt und vernichtet werden..... Und wenn die betreffenden Verordnungen
erlassen sind, die sofortige Entziehung der Concession die unmittelbare und un¬
weigerliche Folge ihrer Uebertretung sein muß." — Die Gottlosigkeit der Preß-
freiheit wird sehr lebhaft hervorgehoben, und der Verfasser erklärt S. 3i : „Wir
kennen keine andre Bekenntnißfreihcit, als die Freiheit, uns zum Worte Gottes
zu bekennen; jede andre Freiheit, die der Mensch sich selbst nimmt, ist eine
Knechtschaft. . . , Wir kennen keine andre Toleranz, als gegen das, was wir
Predigen, vertreten und verfechten, und das ist Christus selbst, den die Welt
auch toleriren muß, eben weil er herrscht und weil er immerdar, auch heute
»och, im Unterliegen überwindet, so oft als sein Charfreitag wiederkehrt; aber
wir wissen von keiner Toleranz gegen allen Unglauben und gegen alle Ver¬
kehrtheit, welche wider Gottes Wort gerichtet ist." —
Das ist offen, klar und bündig gesprochen und in Beziehung auf daS, was
wir zu erwarten haben, eine willkommene Ergänzung der Stahlschen Theorie.
Nur hat sich der Herr Pastor doch nicht vollständig ausgemalt, was er fordert. An¬
griffe gegen die Religion sind schon nach unserm gegenwärtigen Strafgesetzbuch
verpönt. Der Uebelstand liegt nur darin, daß namentlich bei naturwissenschaft¬
lichen Schriften juristisch schwer zu constatiren sein wird, wo der Angriff gegen
die Religion beginnt. Die lärmende, herausfordernde Form ist leicht zu be¬
seitigen; aber ist damit etwas geholfen? Die Grundsätze des Materialismus
lassen sich, wenn man nur die directe Beziehung auf bestimmte Namen ver¬
meidet, auf das vollständigste entwickeln, ohne daß irgend ein Paragraph deS
Criminalrechts verletzt werde. Es ist dem Verfasser ja nicht blos um die Ab¬
wehr eines Skandals zu thun, sondern um den. Einfluß auf die Jugend und
deren Erzieher. Diesem ist durch Nepressivmaßregeln auf keine Weise zu
steuern.
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