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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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befriedigt erklärt, wenn England die Werbungen auf amerikanischem Gebiet
einstellte und entschiedenen Tadel über die Beamten ausspreche, welche gegen
die Gesetze der Vereinigten Staaten verstoßen hätten. Ersteres konnte die
englische Regierung nicht thun, denn sie hatte auf amerikanischem Gebiet
gar nicht werben lassen; sie hatte aber schon längst freiwillig mehr gethan, und
selbst den Werbungen auf britischen Gebiet in Nordamerika ein Ende gemacht.
Hinsichtlich des zweiten Punktes wartete sie immer noch vergebens auf Beweise,
und konnte, so lange sie ausblieben, blos betheuern, daß sie ihre Agenten zu
einem solchen Benehmen nicht ermächtigt, sondern daß es ihren Instruktionen
schnurstracks zuwiderlaufe.

Jetzt verlangte der Präsident mehr. Die obenerwähnte Note schloß näm¬
lich:, "Der Präsident ist gepeigt zu glauben, daß Ihrer Majestät Regierung
das ungesetzmäßige Verfahren ihrer Beamten und Agenten, seitdem ihre Auf¬
merksamkeit daraus gelenkt worden, nicht gutgeheißen hat, und daß sie es sich
selbst und den Vereinigten Staaten für schuldig erachten wird, ihre Hand¬
lungen zu desavouiren, und mit ihnen auf eine ihrem ernsten Vergehen an¬
gemessene Weise zu verfahren. . . Da aber die Werbungen für die britische
Armee in der erwähnten Weise durch zu diesem Zwecke bestellte Beamte und
Agenten, wie er glaube, in den Vereinigten Staaten immer noch fortgingen,
so instruire der Präsident Mr. Buchanan, Ihrer Majestät Negierung zu sagen,
er erwarte, sie werde rasche und wirksame Maßregeln ergreifen, ihr Verfahren
einzustellen, und die jetzt in englischen Diensten befindlichen Personen aus
denselben entlassen, welche innerhalb der Vereinigten Staaten angeworben
worden oder'welche die Vereinigten Staaten mit innerhalb derselben abgeschlos¬
senen Contracten verlassen haben und jetzt in der britischen Armee dienen."

Der Kern der Beschwerde blieb auch für jetzt das Anwerben innerhalb
der Vereinigten Staaten, wovon sich die britische Regierung schon vor Mona¬
ten so formell als man billigerweise nur verlangen konnte, losgesagt hatte.
Demnach verstand es sich auch von selbst, daß sie keine Soldaten, die in den
bereinigten Staaten angeworben worden,' oder dort Contracte abgeschlossen, ent¬
lassen und gegen ihre Beamten keinen Tadel aussprechen konnte. Da ameri-
kanischerseits versäumt wurde, neue Thatsachen beizubringen, konnte auch von
englischer Seite nur das wiedergesagt werden, was man schon mehr als ein¬
mal geantwortet hatte.

Die amerikanische Diplomatie wußte nun eine Abwechslung in die bisherige
^'uförmigkeit zu bringen. Nachdem abermals eine Pause in der Correspondenz
eingetreten war, von October bis December, traf eine vom 28. December
datirte Depesche des amerikanischen Staatssecretärs in London ein, die viel
^ehr als bisher gefordert worden verlangte. Man hätte natürlich meinen sollen,
ärgere Verletzungen der amerikanischen Neutralität vorgekommen wären,


befriedigt erklärt, wenn England die Werbungen auf amerikanischem Gebiet
einstellte und entschiedenen Tadel über die Beamten ausspreche, welche gegen
die Gesetze der Vereinigten Staaten verstoßen hätten. Ersteres konnte die
englische Regierung nicht thun, denn sie hatte auf amerikanischem Gebiet
gar nicht werben lassen; sie hatte aber schon längst freiwillig mehr gethan, und
selbst den Werbungen auf britischen Gebiet in Nordamerika ein Ende gemacht.
Hinsichtlich des zweiten Punktes wartete sie immer noch vergebens auf Beweise,
und konnte, so lange sie ausblieben, blos betheuern, daß sie ihre Agenten zu
einem solchen Benehmen nicht ermächtigt, sondern daß es ihren Instruktionen
schnurstracks zuwiderlaufe.

Jetzt verlangte der Präsident mehr. Die obenerwähnte Note schloß näm¬
lich:, „Der Präsident ist gepeigt zu glauben, daß Ihrer Majestät Regierung
das ungesetzmäßige Verfahren ihrer Beamten und Agenten, seitdem ihre Auf¬
merksamkeit daraus gelenkt worden, nicht gutgeheißen hat, und daß sie es sich
selbst und den Vereinigten Staaten für schuldig erachten wird, ihre Hand¬
lungen zu desavouiren, und mit ihnen auf eine ihrem ernsten Vergehen an¬
gemessene Weise zu verfahren. . . Da aber die Werbungen für die britische
Armee in der erwähnten Weise durch zu diesem Zwecke bestellte Beamte und
Agenten, wie er glaube, in den Vereinigten Staaten immer noch fortgingen,
so instruire der Präsident Mr. Buchanan, Ihrer Majestät Negierung zu sagen,
er erwarte, sie werde rasche und wirksame Maßregeln ergreifen, ihr Verfahren
einzustellen, und die jetzt in englischen Diensten befindlichen Personen aus
denselben entlassen, welche innerhalb der Vereinigten Staaten angeworben
worden oder'welche die Vereinigten Staaten mit innerhalb derselben abgeschlos¬
senen Contracten verlassen haben und jetzt in der britischen Armee dienen."

Der Kern der Beschwerde blieb auch für jetzt das Anwerben innerhalb
der Vereinigten Staaten, wovon sich die britische Regierung schon vor Mona¬
ten so formell als man billigerweise nur verlangen konnte, losgesagt hatte.
Demnach verstand es sich auch von selbst, daß sie keine Soldaten, die in den
bereinigten Staaten angeworben worden,' oder dort Contracte abgeschlossen, ent¬
lassen und gegen ihre Beamten keinen Tadel aussprechen konnte. Da ameri-
kanischerseits versäumt wurde, neue Thatsachen beizubringen, konnte auch von
englischer Seite nur das wiedergesagt werden, was man schon mehr als ein¬
mal geantwortet hatte.

Die amerikanische Diplomatie wußte nun eine Abwechslung in die bisherige
^'uförmigkeit zu bringen. Nachdem abermals eine Pause in der Correspondenz
eingetreten war, von October bis December, traf eine vom 28. December
datirte Depesche des amerikanischen Staatssecretärs in London ein, die viel
^ehr als bisher gefordert worden verlangte. Man hätte natürlich meinen sollen,
ärgere Verletzungen der amerikanischen Neutralität vorgekommen wären,


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[0413] befriedigt erklärt, wenn England die Werbungen auf amerikanischem Gebiet einstellte und entschiedenen Tadel über die Beamten ausspreche, welche gegen die Gesetze der Vereinigten Staaten verstoßen hätten. Ersteres konnte die englische Regierung nicht thun, denn sie hatte auf amerikanischem Gebiet gar nicht werben lassen; sie hatte aber schon längst freiwillig mehr gethan, und selbst den Werbungen auf britischen Gebiet in Nordamerika ein Ende gemacht. Hinsichtlich des zweiten Punktes wartete sie immer noch vergebens auf Beweise, und konnte, so lange sie ausblieben, blos betheuern, daß sie ihre Agenten zu einem solchen Benehmen nicht ermächtigt, sondern daß es ihren Instruktionen schnurstracks zuwiderlaufe. Jetzt verlangte der Präsident mehr. Die obenerwähnte Note schloß näm¬ lich:, „Der Präsident ist gepeigt zu glauben, daß Ihrer Majestät Regierung das ungesetzmäßige Verfahren ihrer Beamten und Agenten, seitdem ihre Auf¬ merksamkeit daraus gelenkt worden, nicht gutgeheißen hat, und daß sie es sich selbst und den Vereinigten Staaten für schuldig erachten wird, ihre Hand¬ lungen zu desavouiren, und mit ihnen auf eine ihrem ernsten Vergehen an¬ gemessene Weise zu verfahren. . . Da aber die Werbungen für die britische Armee in der erwähnten Weise durch zu diesem Zwecke bestellte Beamte und Agenten, wie er glaube, in den Vereinigten Staaten immer noch fortgingen, so instruire der Präsident Mr. Buchanan, Ihrer Majestät Negierung zu sagen, er erwarte, sie werde rasche und wirksame Maßregeln ergreifen, ihr Verfahren einzustellen, und die jetzt in englischen Diensten befindlichen Personen aus denselben entlassen, welche innerhalb der Vereinigten Staaten angeworben worden oder'welche die Vereinigten Staaten mit innerhalb derselben abgeschlos¬ senen Contracten verlassen haben und jetzt in der britischen Armee dienen." Der Kern der Beschwerde blieb auch für jetzt das Anwerben innerhalb der Vereinigten Staaten, wovon sich die britische Regierung schon vor Mona¬ ten so formell als man billigerweise nur verlangen konnte, losgesagt hatte. Demnach verstand es sich auch von selbst, daß sie keine Soldaten, die in den bereinigten Staaten angeworben worden,' oder dort Contracte abgeschlossen, ent¬ lassen und gegen ihre Beamten keinen Tadel aussprechen konnte. Da ameri- kanischerseits versäumt wurde, neue Thatsachen beizubringen, konnte auch von englischer Seite nur das wiedergesagt werden, was man schon mehr als ein¬ mal geantwortet hatte. Die amerikanische Diplomatie wußte nun eine Abwechslung in die bisherige ^'uförmigkeit zu bringen. Nachdem abermals eine Pause in der Correspondenz eingetreten war, von October bis December, traf eine vom 28. December datirte Depesche des amerikanischen Staatssecretärs in London ein, die viel ^ehr als bisher gefordert worden verlangte. Man hätte natürlich meinen sollen, ärgere Verletzungen der amerikanischen Neutralität vorgekommen wären,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/413>, abgerufen am 28.07.2024.