Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.Ziehung der Erde oder die Schwere, der Theilchen ihrer Abstoßung das Gleich¬ Wir haben hier besonders der Zusammensetzung des Aethers und der Da sich nun die Nichtigkeit der vorgetragenen Ansichten kaum bezweifeln Aber es ist leicht, daS Trügerische in Wöhlers Ausdruck zu erkennen; wir 29"
Ziehung der Erde oder die Schwere, der Theilchen ihrer Abstoßung das Gleich¬ Wir haben hier besonders der Zusammensetzung des Aethers und der Da sich nun die Nichtigkeit der vorgetragenen Ansichten kaum bezweifeln Aber es ist leicht, daS Trügerische in Wöhlers Ausdruck zu erkennen; wir 29"
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0235" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101762"/> <p xml:id="ID_590" prev="#ID_589"> Ziehung der Erde oder die Schwere, der Theilchen ihrer Abstoßung das Gleich¬<lb/> gewicht hält; sie können sich dann nicht weiter von der Erdoberfläche ent¬<lb/> fernen/</p><lb/> <p xml:id="ID_591"> Wir haben hier besonders der Zusammensetzung des Aethers und der<lb/> Luft aus kleinsten Theilen gedacht, weil bei diesen Körpern die Vorstellung<lb/> am schwierigsten ist. Bei den flüssigen und festen Körpern ist es leichter, sie<lb/> aus einzelnen Partikeln zusammengesetzt zu denken und Beweise dafür zu finden,<lb/> welche man bei Fechner nachlesen kann. Wir wollen hier nur der merkwürdigen<lb/> Weinsäure und Gegcnweinsaure (Antitartrylsciure) gedenken, welche sonst ganz<lb/> identisch die Polarisationsebene des Lichts nach entgegengesetzten Richtungen<lb/> drehen und gleiche, aber in ihrer Form wie zwei Handschuhe entgegengerichtote<lb/> Krystalle Mdcn. Diese Erscheinung erklärt man sich aus einer verschieden¬<lb/> artigen Anordnung der sonst gleichen kleinsten Bestandtheile; sie sind, sagt<lb/> Fechner, den Händen zu vergleichen, von denen die eine alles links, die andre<lb/> rechts dreht.</p><lb/> <p xml:id="ID_592"> Da sich nun die Nichtigkeit der vorgetragenen Ansichten kaum bezweifeln<lb/> läßt, so wird man sich die Materie aus kleinsten Theilen zusammengesetzt<lb/> denken müssen'; man hat diese, wenn sie sich chemisch nicht weiter zerlegen<lb/> lassen, Atome, sonst Moleküle genannt, so daß ;. B. das Eisen als chemisch<lb/> einfacher Körper aus Atomen, der Rost, eine Verbindung des Eisens mit<lb/> Sauerstoff, aus Molekülen bestehen würde; letztere wären dann wieder aus<lb/> Atomen zusammengesetzt. „Man denkt sich, sagt Wöhler, die Materie nicht'als<lb/> unendlich theilbar, sondern man nimmt an, daß die Masse eines jeden Körpers<lb/> aus kleinsten, durch die Sinne nicht wahrnehmbaren, untheilbaren Theilchen<lb/> oder Atomen von unveränderlicher Größe, Gestalt und Gewicht bestehe. Die<lb/> einfachen Körper oder Grundstoffe sind hiernach Aggregate von einfachen Ato¬<lb/> men, die zusammengesetzten Körper Aggregate von mechanisch ebenfalls un¬<lb/> theilbaren zusammengesetzten Atomen." In diesen Worten ist die Vorstellung<lb/> enthalten, welche sich auch die Materialisten von den Atomen machen; sie gehen<lb/> nur noch einen Schritt weiter, indem sie die Naturkräfte diesen kleinen Klümp-<lb/> chen als Eigenschaften zulegen und jedes einzelne zu einem kleinen selbststän¬<lb/> digen Götzen machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_593" next="#ID_594"> Aber es ist leicht, daS Trügerische in Wöhlers Ausdruck zu erkennen; wir<lb/> sollen nämlich ohne allen Beweis glauben, daß alle Atome, also auch die der<lb/> Luft, wol gar des Aethers, mechanisch nicht mehr theilbar seien, ja wir sollen<lb/> dies sogar den Molekülen, die doch chemisch zerlegbar sind, zugestehen. Grade<lb/> dies zu glauben aber haben die größten Mathematiker und Physiker der Neu¬<lb/> zeit sich geweigert; Fechner gibt ein Citat aus MoignoS Kosmos, welches über¬<lb/> setzt folgendermaßen lautet: „Nach Newton," sagte Cauchy in einer seiner<lb/> Vorlesungen, „sind die Grundbestandtheile der Körper solid, hart und nuper-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 29"</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0235]
Ziehung der Erde oder die Schwere, der Theilchen ihrer Abstoßung das Gleich¬
gewicht hält; sie können sich dann nicht weiter von der Erdoberfläche ent¬
fernen/
Wir haben hier besonders der Zusammensetzung des Aethers und der
Luft aus kleinsten Theilen gedacht, weil bei diesen Körpern die Vorstellung
am schwierigsten ist. Bei den flüssigen und festen Körpern ist es leichter, sie
aus einzelnen Partikeln zusammengesetzt zu denken und Beweise dafür zu finden,
welche man bei Fechner nachlesen kann. Wir wollen hier nur der merkwürdigen
Weinsäure und Gegcnweinsaure (Antitartrylsciure) gedenken, welche sonst ganz
identisch die Polarisationsebene des Lichts nach entgegengesetzten Richtungen
drehen und gleiche, aber in ihrer Form wie zwei Handschuhe entgegengerichtote
Krystalle Mdcn. Diese Erscheinung erklärt man sich aus einer verschieden¬
artigen Anordnung der sonst gleichen kleinsten Bestandtheile; sie sind, sagt
Fechner, den Händen zu vergleichen, von denen die eine alles links, die andre
rechts dreht.
Da sich nun die Nichtigkeit der vorgetragenen Ansichten kaum bezweifeln
läßt, so wird man sich die Materie aus kleinsten Theilen zusammengesetzt
denken müssen'; man hat diese, wenn sie sich chemisch nicht weiter zerlegen
lassen, Atome, sonst Moleküle genannt, so daß ;. B. das Eisen als chemisch
einfacher Körper aus Atomen, der Rost, eine Verbindung des Eisens mit
Sauerstoff, aus Molekülen bestehen würde; letztere wären dann wieder aus
Atomen zusammengesetzt. „Man denkt sich, sagt Wöhler, die Materie nicht'als
unendlich theilbar, sondern man nimmt an, daß die Masse eines jeden Körpers
aus kleinsten, durch die Sinne nicht wahrnehmbaren, untheilbaren Theilchen
oder Atomen von unveränderlicher Größe, Gestalt und Gewicht bestehe. Die
einfachen Körper oder Grundstoffe sind hiernach Aggregate von einfachen Ato¬
men, die zusammengesetzten Körper Aggregate von mechanisch ebenfalls un¬
theilbaren zusammengesetzten Atomen." In diesen Worten ist die Vorstellung
enthalten, welche sich auch die Materialisten von den Atomen machen; sie gehen
nur noch einen Schritt weiter, indem sie die Naturkräfte diesen kleinen Klümp-
chen als Eigenschaften zulegen und jedes einzelne zu einem kleinen selbststän¬
digen Götzen machen.
Aber es ist leicht, daS Trügerische in Wöhlers Ausdruck zu erkennen; wir
sollen nämlich ohne allen Beweis glauben, daß alle Atome, also auch die der
Luft, wol gar des Aethers, mechanisch nicht mehr theilbar seien, ja wir sollen
dies sogar den Molekülen, die doch chemisch zerlegbar sind, zugestehen. Grade
dies zu glauben aber haben die größten Mathematiker und Physiker der Neu¬
zeit sich geweigert; Fechner gibt ein Citat aus MoignoS Kosmos, welches über¬
setzt folgendermaßen lautet: „Nach Newton," sagte Cauchy in einer seiner
Vorlesungen, „sind die Grundbestandtheile der Körper solid, hart und nuper-
29"
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |