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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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mälig ans Ruder gekommen sind. Fouchv wurde dem Consul unbequem, weil
er sich in alle Angelegenheiten mischte und mit Hilfe seiner Polizei, die ihre
Agenten in allen Schichten der Gesellschaft hatte, dies auch thun konnte. Er
beschloß, das Polizeiministerium zu unterdrücken, und die Maßregel wurde,
ohne daß Fouah6 etwas davon wußte, ausgeführt und der ehemalige Polizei-
minister wurde zur Senatorie von Air ernannt. Am folgenden Tage übergab
ihm Fouchv ein Memoire, aus dem zur Ueberraschung Bonapartes hervorging,
daß der Polizeiminister eine Reserve von 2/i0'0,l)00 Franken in seinem
Ministerium habe. Bonaparte überließ ihm die Hälfte davon >als Geschenk.
Fouah", der sein Ministerium ohne alle Fonds übernommen hatte, schaffte sich
Geld, indem er das Laster jeder Gestalt zollpflichtig machte, und trotz der zahl¬
losen Menge von Agenten, die er unterhielt, blieb ihm noch eine so große
Summe übrig, als er zum ersten Male aus dem Ministerium trat. Die Kaiserin
Josephine, der er oft heilsame Rathschläge gegeben hatte, weinte, als sie von
dem Manne Abschied nahm, der später der erste werden sollte, um sie auf die
Scheidung von ihrem Manne vorzubereiten. Die Verschwörung von Georges
und Pichegru zeigte die Unfähigkeit von Fouches Nachfolgern. Er mußte
dem Kaiser rathen und führte das bekannte Ende herbei. Dagegen mißbilligte
Fouchv die Hinrichtung deS Herzogs von Enghien und er war es, der bei dieser
Gelegenheit den bekannten Ausspruch that: Es war ärger als ein Verbrechen,
es war ein Fehler, obgleich man diesen Satz einem andern Staatsmann zu¬
geschrieben hat. Bonaparte dachte mittlerweile daran, die Monarchie zu sei¬
nem eignen Nutzen herzustellen und der Ausführung dieses Planes ging auch
die Wiederherstellung des Polizeiministeriumö voraus. Die auswärtige Polizei
wurde neu organisirt und hatte zur Aufgabe, die Emigranten und die be¬
freundeten Mächte zu überwachen, so wie die Meinung in den feindseligen
Staaten zu bearbeiten. Fouah66 Polizei .stand in dieser Periode so sehr in
Credit, daß er Diplomaten, Senatoren, Staatsräthe, große Herrn der
Emigration und Schriftsteller in seinem Solde hatte. Da die Presse sich nicht
regen durfte, machte Fouche allein Napoleon auf alle Uebelstände aufmerksam
und er unterließ es nie, denn bei aller Willkür und Absolutheit wollte er
auch die heilsame Seite der Polizei nicht brach liegen lassen. Fouah" hatte
auch keine geringe Meinung von seinem Amte und in einem Kreisschreiber an
die Bischöfe sagte er diesen: Es ist mehr als eine Aehnlichkeit zwischen meinen
und Ihren Funktionen, meine Aufgabe ist, den Vergehen zuvorzukommen, um
sie nicht bestrafen zu müssen, die Ihre, dieselben im Herzen zu ersticken.
Weiter unten heißt es: "unser gemeinschaftlicher Zweck ist die Sicherheit des
Kaiserreichs aus dem Schoße der Ordnung und der Tugenden hervorgehen
zu machen." ,

Fouchv zeichnete sich namentlich durch den Scharfsinn aus, womit er die


mälig ans Ruder gekommen sind. Fouchv wurde dem Consul unbequem, weil
er sich in alle Angelegenheiten mischte und mit Hilfe seiner Polizei, die ihre
Agenten in allen Schichten der Gesellschaft hatte, dies auch thun konnte. Er
beschloß, das Polizeiministerium zu unterdrücken, und die Maßregel wurde,
ohne daß Fouah6 etwas davon wußte, ausgeführt und der ehemalige Polizei-
minister wurde zur Senatorie von Air ernannt. Am folgenden Tage übergab
ihm Fouchv ein Memoire, aus dem zur Ueberraschung Bonapartes hervorging,
daß der Polizeiminister eine Reserve von 2/i0'0,l)00 Franken in seinem
Ministerium habe. Bonaparte überließ ihm die Hälfte davon >als Geschenk.
Fouah«, der sein Ministerium ohne alle Fonds übernommen hatte, schaffte sich
Geld, indem er das Laster jeder Gestalt zollpflichtig machte, und trotz der zahl¬
losen Menge von Agenten, die er unterhielt, blieb ihm noch eine so große
Summe übrig, als er zum ersten Male aus dem Ministerium trat. Die Kaiserin
Josephine, der er oft heilsame Rathschläge gegeben hatte, weinte, als sie von
dem Manne Abschied nahm, der später der erste werden sollte, um sie auf die
Scheidung von ihrem Manne vorzubereiten. Die Verschwörung von Georges
und Pichegru zeigte die Unfähigkeit von Fouches Nachfolgern. Er mußte
dem Kaiser rathen und führte das bekannte Ende herbei. Dagegen mißbilligte
Fouchv die Hinrichtung deS Herzogs von Enghien und er war es, der bei dieser
Gelegenheit den bekannten Ausspruch that: Es war ärger als ein Verbrechen,
es war ein Fehler, obgleich man diesen Satz einem andern Staatsmann zu¬
geschrieben hat. Bonaparte dachte mittlerweile daran, die Monarchie zu sei¬
nem eignen Nutzen herzustellen und der Ausführung dieses Planes ging auch
die Wiederherstellung des Polizeiministeriumö voraus. Die auswärtige Polizei
wurde neu organisirt und hatte zur Aufgabe, die Emigranten und die be¬
freundeten Mächte zu überwachen, so wie die Meinung in den feindseligen
Staaten zu bearbeiten. Fouah66 Polizei .stand in dieser Periode so sehr in
Credit, daß er Diplomaten, Senatoren, Staatsräthe, große Herrn der
Emigration und Schriftsteller in seinem Solde hatte. Da die Presse sich nicht
regen durfte, machte Fouche allein Napoleon auf alle Uebelstände aufmerksam
und er unterließ es nie, denn bei aller Willkür und Absolutheit wollte er
auch die heilsame Seite der Polizei nicht brach liegen lassen. Fouah« hatte
auch keine geringe Meinung von seinem Amte und in einem Kreisschreiber an
die Bischöfe sagte er diesen: Es ist mehr als eine Aehnlichkeit zwischen meinen
und Ihren Funktionen, meine Aufgabe ist, den Vergehen zuvorzukommen, um
sie nicht bestrafen zu müssen, die Ihre, dieselben im Herzen zu ersticken.
Weiter unten heißt es: „unser gemeinschaftlicher Zweck ist die Sicherheit des
Kaiserreichs aus dem Schoße der Ordnung und der Tugenden hervorgehen
zu machen." ,

Fouchv zeichnete sich namentlich durch den Scharfsinn aus, womit er die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/220>, abgerufen am 27.07.2024.