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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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Da nun gar nicht zu berechnen ist, in wie langer Zeit die Vollendung des
großen und schwierigen Werks erfolgen wird, so ist es nothwendig, diesen Uebel¬
ständen wenigstens vorläufig einigermaßen abzuhelfen und das kann sehr ein¬
fach dadurch geschehen, daß der Verfasser einen vorläufigen Abschluß macht,
wenn er auch dabei weiter nichts gibt, an den Schluß des begonnenen Ca¬
pitels, und mit demselben eine sehr ausführliche Jnhaltsanzeige verbindet. Das
Buch hat ohnehin schon jetzt einen Umfang, daß, auch wenn man eS in zwei
Abtheilungen sondert, nicht viel mehr hineingeht, und bei der Genauigkeit, mit
der die Details der neuern Literatur besprochen werden, läßt sich voraussehen,
daß der Umfang eines etwaigen dritten Bandes nicht viel kleiner ausfallen
wird.

Wir bemerkten vorher, der Versasser nehme den Standpunkt eines Lehrers
ein, aber freilich nicht eines Lehrers für die Schüler, sondern für die Lehrer.
Mit einer Gewissenhaftigkeit in der Detailforschung, die man in diesem Gebiet
sehr selten antrifft , ja die zuweilen ans Mikroskopische streift, hat Koberstein
alle Vorarbeiten benutzt, alle Quellen eingesehen, so daß man das Buch in
dieser Beziehung ein Marimum nennen kann. Wenn er hin und wieder nach
unsrer Ansicht zu weit geht und über der Genauigkeit und Gründlichkeit, die
Uebersicht etwas verkümmert, so ist dieser Uebelstand nicht sehr hoch anzuschla¬
gen, denn das Buch ist nur für solche geschrieben, welche sich die Uebersicht
auf andrem Wege verschaffen können.

Wie ungeheuer die Erweiterung der vierten im Verhältniß zur dritten
Auflage ist, wird man daraus ersehen, daß derselbe Inhalt, der sich in jener
auf 1800 Seiten ausdehnt, in dieser etwa nur 300 Seiten umfaßt und zwar
sind diese Erweiterungen unverhältnißmäßig mehr in Bezug auf die neue, als
auf die alte Literatur angebracht. Der Versasser hat die Erweiterung auf die
Weise ausgeführt, daß er den alten Text und die alte Paragraphcneintheilung
mit wenig Ausnahmen beibehält und die Zusätze in die Anmerkungen verlegt.
Die Schönheit der äußern Form wird dadurch zwar stark beeinträchtigt uno wie
schon bemerkt, die Lectüre des Textes erschwert, indessen möchten wir doch der
Ansicht sein, daß die Methode im Allgemeinen die richtige war. Die Grund¬
züge, wie sie die vorige Ausgabe feststellte, haben sich in der Hauptsache als
bewährt ergeben.

Wenn wir die Darstellung eine objective, parteilose nannten, so meinten
wir damit keineswegs, daß der Verfasser nicht über jede bestimmte Phase der
Literatur und über jede literarische Leistung ein bestimmtes Urtheil haben sollte;
das Urtheil tritt nur hinter das historische Referat und die historische Kritik
zurück. Was den Inhalt seiner Ansichten betrifft, so freuen wir uns, daß
derselbe im Wesentlichen mit den von uns vertretenen übereinkommt. Wenn
seine Auffassung der sogenannten romantischen Periode günstiger erscheint, als


Da nun gar nicht zu berechnen ist, in wie langer Zeit die Vollendung des
großen und schwierigen Werks erfolgen wird, so ist es nothwendig, diesen Uebel¬
ständen wenigstens vorläufig einigermaßen abzuhelfen und das kann sehr ein¬
fach dadurch geschehen, daß der Verfasser einen vorläufigen Abschluß macht,
wenn er auch dabei weiter nichts gibt, an den Schluß des begonnenen Ca¬
pitels, und mit demselben eine sehr ausführliche Jnhaltsanzeige verbindet. Das
Buch hat ohnehin schon jetzt einen Umfang, daß, auch wenn man eS in zwei
Abtheilungen sondert, nicht viel mehr hineingeht, und bei der Genauigkeit, mit
der die Details der neuern Literatur besprochen werden, läßt sich voraussehen,
daß der Umfang eines etwaigen dritten Bandes nicht viel kleiner ausfallen
wird.

Wir bemerkten vorher, der Versasser nehme den Standpunkt eines Lehrers
ein, aber freilich nicht eines Lehrers für die Schüler, sondern für die Lehrer.
Mit einer Gewissenhaftigkeit in der Detailforschung, die man in diesem Gebiet
sehr selten antrifft , ja die zuweilen ans Mikroskopische streift, hat Koberstein
alle Vorarbeiten benutzt, alle Quellen eingesehen, so daß man das Buch in
dieser Beziehung ein Marimum nennen kann. Wenn er hin und wieder nach
unsrer Ansicht zu weit geht und über der Genauigkeit und Gründlichkeit, die
Uebersicht etwas verkümmert, so ist dieser Uebelstand nicht sehr hoch anzuschla¬
gen, denn das Buch ist nur für solche geschrieben, welche sich die Uebersicht
auf andrem Wege verschaffen können.

Wie ungeheuer die Erweiterung der vierten im Verhältniß zur dritten
Auflage ist, wird man daraus ersehen, daß derselbe Inhalt, der sich in jener
auf 1800 Seiten ausdehnt, in dieser etwa nur 300 Seiten umfaßt und zwar
sind diese Erweiterungen unverhältnißmäßig mehr in Bezug auf die neue, als
auf die alte Literatur angebracht. Der Versasser hat die Erweiterung auf die
Weise ausgeführt, daß er den alten Text und die alte Paragraphcneintheilung
mit wenig Ausnahmen beibehält und die Zusätze in die Anmerkungen verlegt.
Die Schönheit der äußern Form wird dadurch zwar stark beeinträchtigt uno wie
schon bemerkt, die Lectüre des Textes erschwert, indessen möchten wir doch der
Ansicht sein, daß die Methode im Allgemeinen die richtige war. Die Grund¬
züge, wie sie die vorige Ausgabe feststellte, haben sich in der Hauptsache als
bewährt ergeben.

Wenn wir die Darstellung eine objective, parteilose nannten, so meinten
wir damit keineswegs, daß der Verfasser nicht über jede bestimmte Phase der
Literatur und über jede literarische Leistung ein bestimmtes Urtheil haben sollte;
das Urtheil tritt nur hinter das historische Referat und die historische Kritik
zurück. Was den Inhalt seiner Ansichten betrifft, so freuen wir uns, daß
derselbe im Wesentlichen mit den von uns vertretenen übereinkommt. Wenn
seine Auffassung der sogenannten romantischen Periode günstiger erscheint, als


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/212>, abgerufen am 27.07.2024.