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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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und Thun -- Von der Macht des Beispiels -- Von den praktischen Begriffen und
ihrem Verhältniß zur Gemüthsbildung -- Vom Gedächtniß -- Ueber die Spiele
und Spielftendigkeit unsrer Jugend -- Von der Einbildungskraft und ästhetischen
Bildung.

Aus dem Feldlager in der Krim. Briefe des Timescvrrespondcnten
William Rüssel. Deutsch bearbeitet von Julius Seybt. Leipzig, Carl
B. Lorck. -- Die Korrespondenzen Rüssels in der Times, welche in Auszügen von
fast allen Zeitungen der Erde nachgedruckt worden siud, erschienen als besonderes
Buch zuerst in England. In dieser Sammlung schlossen sie mit dem Tode Lord
Raglaus; zweckmäßig hat der Uebersetzer das Werk dnrch spätere Briefe der Times
bis zur Einnahme der Südseite von Sebastopol fortgeführt. Der gute Eindruck,
den die Berichte des Engländers in der Times machten, wird durch ihre Zu¬
sammenstellung in einem Band"e nicht verringert. Mit Vergnügen folgt man der
ruhigen, oft glänzenden Darstellung eiues vielerfahrener und gemäßigten Mannes
und einen mächtigen Eindruck macht es auf den Leser, noch einmal die Heldenthaten,
die Leiden und das Ungeheure der zweijährigen Campagne wie im Fluge durch seine
Seele ziehen zu lassen. Aber anch die humoristische Beigabe fehlt der Erzählung
nicht. Das kalte Blut sowol als das Behagen des Berichterstatters fesseln nicht
nur an die Erzählung, sondern auch an den Erzähler selbst. Es ist wahr, daß
Briefe nach den Eindrücken des Tages und der in keinem Falle vollständigen Au¬
topsie auf Schlachtfeldern geschrieben nicht immer geeignet sind, ein vollständiges
Bild von dem Geschehenen zu geben, wol aber können diese Mitthciler allen An¬
spruch erheben, deu ein unbefangener Beobachter machen kann, welcher in ausgezeich-,
unter Weise das Talent besitzt, gut' zu scheu und zu hören. Und reichlich findet
sich in dem Tagebuch alles das, was einer zusammenhängenden historischen Dar¬
stellung nur Nebensache sein kann, spannendes "ut pittoreskes Detail, gute Laune,
hübsche Schilderungen und vor allem ein muthiges Männerherz, das in dem Sturm der
furchtbarste" Kämpfe höher schlägt, und doch niemals so unruhig, daß der Blick
des Berichterstatters dadurch getrübt, das freie Urtheil befangen würde. So ist
däs Buch ein gutes Unternehmen und den Lesern d. Bl. angelegentlich zu em¬
pfehlen.


Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort". Redacteur legitimirt: F. W. Grnnow. -- Verlag von F. V. Hcrbig
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leivzia.


und Thun — Von der Macht des Beispiels — Von den praktischen Begriffen und
ihrem Verhältniß zur Gemüthsbildung — Vom Gedächtniß — Ueber die Spiele
und Spielftendigkeit unsrer Jugend — Von der Einbildungskraft und ästhetischen
Bildung.

Aus dem Feldlager in der Krim. Briefe des Timescvrrespondcnten
William Rüssel. Deutsch bearbeitet von Julius Seybt. Leipzig, Carl
B. Lorck. — Die Korrespondenzen Rüssels in der Times, welche in Auszügen von
fast allen Zeitungen der Erde nachgedruckt worden siud, erschienen als besonderes
Buch zuerst in England. In dieser Sammlung schlossen sie mit dem Tode Lord
Raglaus; zweckmäßig hat der Uebersetzer das Werk dnrch spätere Briefe der Times
bis zur Einnahme der Südseite von Sebastopol fortgeführt. Der gute Eindruck,
den die Berichte des Engländers in der Times machten, wird durch ihre Zu¬
sammenstellung in einem Band"e nicht verringert. Mit Vergnügen folgt man der
ruhigen, oft glänzenden Darstellung eiues vielerfahrener und gemäßigten Mannes
und einen mächtigen Eindruck macht es auf den Leser, noch einmal die Heldenthaten,
die Leiden und das Ungeheure der zweijährigen Campagne wie im Fluge durch seine
Seele ziehen zu lassen. Aber anch die humoristische Beigabe fehlt der Erzählung
nicht. Das kalte Blut sowol als das Behagen des Berichterstatters fesseln nicht
nur an die Erzählung, sondern auch an den Erzähler selbst. Es ist wahr, daß
Briefe nach den Eindrücken des Tages und der in keinem Falle vollständigen Au¬
topsie auf Schlachtfeldern geschrieben nicht immer geeignet sind, ein vollständiges
Bild von dem Geschehenen zu geben, wol aber können diese Mitthciler allen An¬
spruch erheben, deu ein unbefangener Beobachter machen kann, welcher in ausgezeich-,
unter Weise das Talent besitzt, gut' zu scheu und zu hören. Und reichlich findet
sich in dem Tagebuch alles das, was einer zusammenhängenden historischen Dar¬
stellung nur Nebensache sein kann, spannendes »ut pittoreskes Detail, gute Laune,
hübsche Schilderungen und vor allem ein muthiges Männerherz, das in dem Sturm der
furchtbarste» Kämpfe höher schlägt, und doch niemals so unruhig, daß der Blick
des Berichterstatters dadurch getrübt, das freie Urtheil befangen würde. So ist
däs Buch ein gutes Unternehmen und den Lesern d. Bl. angelegentlich zu em¬
pfehlen.


Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort«. Redacteur legitimirt: F. W. Grnnow. — Verlag von F. V. Hcrbig
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leivzia.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/88>, abgerufen am 23.07.2024.