Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.vorkommt, daß dergleichen Unternehmungen bloße Speculatiouc" sind, desto lebhafter PHarns am Meere des Lebens. Anthologie für Geist und Herz ans Ueber das Tragische und die Tragödie von Robert Zimmermann. vorkommt, daß dergleichen Unternehmungen bloße Speculatiouc» sind, desto lebhafter PHarns am Meere des Lebens. Anthologie für Geist und Herz ans Ueber das Tragische und die Tragödie von Robert Zimmermann. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0086" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101079"/> <p xml:id="ID_250" prev="#ID_249"> vorkommt, daß dergleichen Unternehmungen bloße Speculatiouc» sind, desto lebhafter<lb/> müssen wir diese Sammlung bevorworten, die mit ebensoviel Verstand als richtigem<lb/> Takt angelegt ist. —</p><lb/> <p xml:id="ID_251"> PHarns am Meere des Lebens. Anthologie für Geist und Herz ans<lb/> den Werken deutscher und ausländischer Schriftsteller älterer und neuester Zeit.<lb/> Nach den Materien alphabetisch geordnet und herausgegeben von Carl Coutcllc.<lb/> Dritte, sehr verbesserte und vermehrte Auflage. Iserlohn und Elberfeld, I. Bäde-<lb/> ker. — Eine bunte Sammlung der verschiedenartigsten Denksprüche, lyrisch und<lb/> didaktisch, Prosa und Poesie. Die wunderlichsten Namen finden sich hier zusammen,<lb/> auf Katzner folgt Goethe, ans Schiller Schilling; an deu geistvollste», tiefsinnigsten<lb/> NuSspruch reiht sich zuweilen ein ganz trivialer. Zwei Ausstellungen möchten wir<lb/> an dieser Sammlung machen: einmal hätte die Auswahl sorgfältiger sein könne»,<lb/> denn es sind in der That so manche Denksprüche darin aufgenommen, die kaum<lb/> werth waren, überhaupt gedacht, geschweige denn wiederholt zu werden; sodann hätte<lb/> der Herausgeber es vermeiden sollen, Fragmente auszuziehen, die nur dnrch den<lb/> Zusammenhang, in dem sie stehen, ihren wahren Sinn erhalte». Im Uebrigen<lb/> stehen so viel schöne und bcherzigcnSwcrthe Wahrheiten darin, daß daS Buch na¬<lb/> mentlich für Dame» ein willkommenes Geschenk sein wird. —</p><lb/> <p xml:id="ID_252" next="#ID_253"> Ueber das Tragische und die Tragödie von Robert Zimmermann.<lb/> Wien, Branmüllcr. — Die Vorlesungen sind zu Prag im Frühjahr-1gehalten<lb/> und legen ein günstiges Zeugniß dafür ab, daß das östreichische Publicum anch<lb/> an ernsteren litterarischen Gegenständen Antheil »inne. Der Verfasser bespricht<lb/> ausführlich das griechische Drama;, von den neuern Poeten wird vorzugsweise<lb/> Shakespeare berücksichtigt. Bei Vorlesungen kommt es nicht grade darauf an, ob<lb/> in dem, was der Redner sagt, alles neu ist, wenn es nnr dazu dient, die Bildung<lb/> des bestimmten Publicums zu bereichern. Man sollte aber Vorlesungen nie in der<lb/> Gestalt, in der sie gehalten wurden, herausgeben, den» das Buch wendet sich an<lb/> ein größeres Publicum, und jene Entschuldigung kauu ihm nicht zu Gute kommen.<lb/> Wenn Herr Zimmcrmau» seine Vorlesungen gründlicher durcharbeitet hätte, so<lb/> würde das viele Nichtige, das er sagt, und das einzelne Neue i» ein besseres Licht<lb/> treten. Wie es jetzt steht, treffen wir vieles an, was anderwärts schon besser<lb/> gesagt ist, und das macht keinen guten Eindruck. Auch die blühende Sprache hätte<lb/> er etwas mäßige» können, sie geht nicht selten in unerquickliche» Schwulst über. —<lb/> Mit der Begriffsbestimmung sind wir nicht durchweg einverstanden. Das ästhetische<lb/> Gefühl des Tragischen stellt der Verfasser mit dem Gefühl des Pöbels in Parallele,<lb/> welcher an Hinrichtungen und ähnlichen Greueln seine Freude hat. Die Verwerf¬<lb/> lichkeit des letzter» begründet er darauf, daß es sich hier um ein wirkliches, in<lb/> der Tragödie nur um ein fingirtes Leiden handelt. Diese Ansicht ist zwar gang¬<lb/> bar, wir können sie aber nicht sür richtig halte». Aus jenem bestialischer Gefühl<lb/> kann man gar nichts mache»; die Freude am fingirten Leiden ist ebenso roh, un-<lb/> vernünftig und bestialisch, als die Freude am wirklichen Leiden. Das Publicum,<lb/> welches sich an den fingirten Greueln in der Darstellung von Eugen Sue oder<lb/> Ainsworth begeistert, ist ebenso gemein, als das Publicum, welches einer Hin¬<lb/> richtung nachläuft. Selbst das Publicum der Gladiatorenspiele und Stiergefechte<lb/> geht von ni»ein höhern Motiv aus; wenn es auch in der allmäligen Verwilderung</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0086]
vorkommt, daß dergleichen Unternehmungen bloße Speculatiouc» sind, desto lebhafter
müssen wir diese Sammlung bevorworten, die mit ebensoviel Verstand als richtigem
Takt angelegt ist. —
PHarns am Meere des Lebens. Anthologie für Geist und Herz ans
den Werken deutscher und ausländischer Schriftsteller älterer und neuester Zeit.
Nach den Materien alphabetisch geordnet und herausgegeben von Carl Coutcllc.
Dritte, sehr verbesserte und vermehrte Auflage. Iserlohn und Elberfeld, I. Bäde-
ker. — Eine bunte Sammlung der verschiedenartigsten Denksprüche, lyrisch und
didaktisch, Prosa und Poesie. Die wunderlichsten Namen finden sich hier zusammen,
auf Katzner folgt Goethe, ans Schiller Schilling; an deu geistvollste», tiefsinnigsten
NuSspruch reiht sich zuweilen ein ganz trivialer. Zwei Ausstellungen möchten wir
an dieser Sammlung machen: einmal hätte die Auswahl sorgfältiger sein könne»,
denn es sind in der That so manche Denksprüche darin aufgenommen, die kaum
werth waren, überhaupt gedacht, geschweige denn wiederholt zu werden; sodann hätte
der Herausgeber es vermeiden sollen, Fragmente auszuziehen, die nur dnrch den
Zusammenhang, in dem sie stehen, ihren wahren Sinn erhalte». Im Uebrigen
stehen so viel schöne und bcherzigcnSwcrthe Wahrheiten darin, daß daS Buch na¬
mentlich für Dame» ein willkommenes Geschenk sein wird. —
Ueber das Tragische und die Tragödie von Robert Zimmermann.
Wien, Branmüllcr. — Die Vorlesungen sind zu Prag im Frühjahr-1gehalten
und legen ein günstiges Zeugniß dafür ab, daß das östreichische Publicum anch
an ernsteren litterarischen Gegenständen Antheil »inne. Der Verfasser bespricht
ausführlich das griechische Drama;, von den neuern Poeten wird vorzugsweise
Shakespeare berücksichtigt. Bei Vorlesungen kommt es nicht grade darauf an, ob
in dem, was der Redner sagt, alles neu ist, wenn es nnr dazu dient, die Bildung
des bestimmten Publicums zu bereichern. Man sollte aber Vorlesungen nie in der
Gestalt, in der sie gehalten wurden, herausgeben, den» das Buch wendet sich an
ein größeres Publicum, und jene Entschuldigung kauu ihm nicht zu Gute kommen.
Wenn Herr Zimmcrmau» seine Vorlesungen gründlicher durcharbeitet hätte, so
würde das viele Nichtige, das er sagt, und das einzelne Neue i» ein besseres Licht
treten. Wie es jetzt steht, treffen wir vieles an, was anderwärts schon besser
gesagt ist, und das macht keinen guten Eindruck. Auch die blühende Sprache hätte
er etwas mäßige» können, sie geht nicht selten in unerquickliche» Schwulst über. —
Mit der Begriffsbestimmung sind wir nicht durchweg einverstanden. Das ästhetische
Gefühl des Tragischen stellt der Verfasser mit dem Gefühl des Pöbels in Parallele,
welcher an Hinrichtungen und ähnlichen Greueln seine Freude hat. Die Verwerf¬
lichkeit des letzter» begründet er darauf, daß es sich hier um ein wirkliches, in
der Tragödie nur um ein fingirtes Leiden handelt. Diese Ansicht ist zwar gang¬
bar, wir können sie aber nicht sür richtig halte». Aus jenem bestialischer Gefühl
kann man gar nichts mache»; die Freude am fingirten Leiden ist ebenso roh, un-
vernünftig und bestialisch, als die Freude am wirklichen Leiden. Das Publicum,
welches sich an den fingirten Greueln in der Darstellung von Eugen Sue oder
Ainsworth begeistert, ist ebenso gemein, als das Publicum, welches einer Hin¬
richtung nachläuft. Selbst das Publicum der Gladiatorenspiele und Stiergefechte
geht von ni»ein höhern Motiv aus; wenn es auch in der allmäligen Verwilderung
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |