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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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sich durch Befestigungen zu verstärken, zu entsprechen; auch hat es diese Sach¬
lage so wohl begriffen, daß bereits gegenwärtig die Fortisicirung der in Be¬
tracht kommenden Hauptpunkte als beendet angesehen werden kann.

Dieses vorausgeschickt, gehe ich nunmehr zur Ermittlung der russischen
Streitkräfte und der schließlichen Schlußziehung auf das für den Angriff be-
nöthigte Kraftmaß über.

Ich nehme an, daß Nußland keine Detaschirungcn von der Krim aus
nach dem neu sich öffnenden Kriegsschauplatz wird vornehmen können, in¬
dem seine Truppen sich dort im Schach gehalten befinden und keine Ver¬
minderung dulden. Sodann ist als germß vorauszusetzen, daß von den Streit¬
kräften am baltischen Meere ebenfalls ein Abzug nicht zu machen ist, und
die meisten der in Polen zur Zeit aufgestellten Regimenter dort verbleiben
müssen, um dieses immer, wenn auch nicht so wie vordem, zur Erhebung
bereite Land niederzuhalten. Hiernach verbleiben, um zunächst eine bessara-
bische Armee zu formtreu, nur die Truppen unter Lüders Oberbefehl/ welche
ihre Sammelpunkte bei Ismael, Odessa, Nikolajew und Cherson haben. Die
bei Ismael kann man auf etwa 10,000 Mann, die in Odessa auf etwa eben¬
soviel, und nicht höher die in Cherson anschlagen, was mit ZS,000 Mann,
die bei Nikolajew versammelt sind, im Ganzen as,000, und, wenn man be¬
sonders reichlich schätzt, 60,000 Mann find. Es ist das, wie gesagt, die bess-
arabische Armee, von der man annehmen kayn, daß sie in der Nähe des Pruth
in ihrer Gesammtstärke concentrirt werden kann, weil eine Anzahl schon jetzt
im Anzüge nach der Küste des schwarz-en Meeres begriffener Druschinen im
Stande sein wird, an den Punkten, welche die fraglichen Truppen zu ver¬
lassen haben, deren Stelle auszufüllen. Auf die sogenannte Reservearmee von
Perekop, die mit 2ö,000 Mann wol sehr hoch berechnet ist, wird für die Ver-
theidigungSzwccke westwärts von der Dnieprlinie nicht zu zählen sein, indem sie
in diesem Falle ihre Functionen, für die lebendigen Massen der Defensivmittel
in der Krim ein großes Depot zu bilden, sie zu decken, wenn der Angreifer
von Eupaloria aus vorgehen sollte, gegen ihn zu demonstriren u. f. w. sodann
aufgeben müßte. Dagegen ist die ganze Armee deö Reichscentrums, deren
Aufstellung durch die Punkte Schitomir und Kiew bezeichnet wird, und von
der man weiß, daß sie unter Paniutines Befehl steht, für den Süden zur
Verfügung. Der Verfasser befindet sich nicht in der Lage um auch nur mit
annähernder Gewißheit angeben zu können, auf wie hoch dieses Heer der
Mitte sich belaufen mag; er schätzt es, auf Grundlage keines anderen
Motivs als eines gewissen Gehörs für der Wahrheit nahe kommende
Ziffern auf zwischen 30 und 40,000 Mann und glaubt voraussetzen zu dürfen,
daß dieser immerhin beträchtliche Bestand sich mit Juhülftnahme weiterer
Druschinen und nachdem die neubefohlcnen Massenaushebungen bewerkstelligt


sich durch Befestigungen zu verstärken, zu entsprechen; auch hat es diese Sach¬
lage so wohl begriffen, daß bereits gegenwärtig die Fortisicirung der in Be¬
tracht kommenden Hauptpunkte als beendet angesehen werden kann.

Dieses vorausgeschickt, gehe ich nunmehr zur Ermittlung der russischen
Streitkräfte und der schließlichen Schlußziehung auf das für den Angriff be-
nöthigte Kraftmaß über.

Ich nehme an, daß Nußland keine Detaschirungcn von der Krim aus
nach dem neu sich öffnenden Kriegsschauplatz wird vornehmen können, in¬
dem seine Truppen sich dort im Schach gehalten befinden und keine Ver¬
minderung dulden. Sodann ist als germß vorauszusetzen, daß von den Streit¬
kräften am baltischen Meere ebenfalls ein Abzug nicht zu machen ist, und
die meisten der in Polen zur Zeit aufgestellten Regimenter dort verbleiben
müssen, um dieses immer, wenn auch nicht so wie vordem, zur Erhebung
bereite Land niederzuhalten. Hiernach verbleiben, um zunächst eine bessara-
bische Armee zu formtreu, nur die Truppen unter Lüders Oberbefehl/ welche
ihre Sammelpunkte bei Ismael, Odessa, Nikolajew und Cherson haben. Die
bei Ismael kann man auf etwa 10,000 Mann, die in Odessa auf etwa eben¬
soviel, und nicht höher die in Cherson anschlagen, was mit ZS,000 Mann,
die bei Nikolajew versammelt sind, im Ganzen as,000, und, wenn man be¬
sonders reichlich schätzt, 60,000 Mann find. Es ist das, wie gesagt, die bess-
arabische Armee, von der man annehmen kayn, daß sie in der Nähe des Pruth
in ihrer Gesammtstärke concentrirt werden kann, weil eine Anzahl schon jetzt
im Anzüge nach der Küste des schwarz-en Meeres begriffener Druschinen im
Stande sein wird, an den Punkten, welche die fraglichen Truppen zu ver¬
lassen haben, deren Stelle auszufüllen. Auf die sogenannte Reservearmee von
Perekop, die mit 2ö,000 Mann wol sehr hoch berechnet ist, wird für die Ver-
theidigungSzwccke westwärts von der Dnieprlinie nicht zu zählen sein, indem sie
in diesem Falle ihre Functionen, für die lebendigen Massen der Defensivmittel
in der Krim ein großes Depot zu bilden, sie zu decken, wenn der Angreifer
von Eupaloria aus vorgehen sollte, gegen ihn zu demonstriren u. f. w. sodann
aufgeben müßte. Dagegen ist die ganze Armee deö Reichscentrums, deren
Aufstellung durch die Punkte Schitomir und Kiew bezeichnet wird, und von
der man weiß, daß sie unter Paniutines Befehl steht, für den Süden zur
Verfügung. Der Verfasser befindet sich nicht in der Lage um auch nur mit
annähernder Gewißheit angeben zu können, auf wie hoch dieses Heer der
Mitte sich belaufen mag; er schätzt es, auf Grundlage keines anderen
Motivs als eines gewissen Gehörs für der Wahrheit nahe kommende
Ziffern auf zwischen 30 und 40,000 Mann und glaubt voraussetzen zu dürfen,
daß dieser immerhin beträchtliche Bestand sich mit Juhülftnahme weiterer
Druschinen und nachdem die neubefohlcnen Massenaushebungen bewerkstelligt


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[0082] sich durch Befestigungen zu verstärken, zu entsprechen; auch hat es diese Sach¬ lage so wohl begriffen, daß bereits gegenwärtig die Fortisicirung der in Be¬ tracht kommenden Hauptpunkte als beendet angesehen werden kann. Dieses vorausgeschickt, gehe ich nunmehr zur Ermittlung der russischen Streitkräfte und der schließlichen Schlußziehung auf das für den Angriff be- nöthigte Kraftmaß über. Ich nehme an, daß Nußland keine Detaschirungcn von der Krim aus nach dem neu sich öffnenden Kriegsschauplatz wird vornehmen können, in¬ dem seine Truppen sich dort im Schach gehalten befinden und keine Ver¬ minderung dulden. Sodann ist als germß vorauszusetzen, daß von den Streit¬ kräften am baltischen Meere ebenfalls ein Abzug nicht zu machen ist, und die meisten der in Polen zur Zeit aufgestellten Regimenter dort verbleiben müssen, um dieses immer, wenn auch nicht so wie vordem, zur Erhebung bereite Land niederzuhalten. Hiernach verbleiben, um zunächst eine bessara- bische Armee zu formtreu, nur die Truppen unter Lüders Oberbefehl/ welche ihre Sammelpunkte bei Ismael, Odessa, Nikolajew und Cherson haben. Die bei Ismael kann man auf etwa 10,000 Mann, die in Odessa auf etwa eben¬ soviel, und nicht höher die in Cherson anschlagen, was mit ZS,000 Mann, die bei Nikolajew versammelt sind, im Ganzen as,000, und, wenn man be¬ sonders reichlich schätzt, 60,000 Mann find. Es ist das, wie gesagt, die bess- arabische Armee, von der man annehmen kayn, daß sie in der Nähe des Pruth in ihrer Gesammtstärke concentrirt werden kann, weil eine Anzahl schon jetzt im Anzüge nach der Küste des schwarz-en Meeres begriffener Druschinen im Stande sein wird, an den Punkten, welche die fraglichen Truppen zu ver¬ lassen haben, deren Stelle auszufüllen. Auf die sogenannte Reservearmee von Perekop, die mit 2ö,000 Mann wol sehr hoch berechnet ist, wird für die Ver- theidigungSzwccke westwärts von der Dnieprlinie nicht zu zählen sein, indem sie in diesem Falle ihre Functionen, für die lebendigen Massen der Defensivmittel in der Krim ein großes Depot zu bilden, sie zu decken, wenn der Angreifer von Eupaloria aus vorgehen sollte, gegen ihn zu demonstriren u. f. w. sodann aufgeben müßte. Dagegen ist die ganze Armee deö Reichscentrums, deren Aufstellung durch die Punkte Schitomir und Kiew bezeichnet wird, und von der man weiß, daß sie unter Paniutines Befehl steht, für den Süden zur Verfügung. Der Verfasser befindet sich nicht in der Lage um auch nur mit annähernder Gewißheit angeben zu können, auf wie hoch dieses Heer der Mitte sich belaufen mag; er schätzt es, auf Grundlage keines anderen Motivs als eines gewissen Gehörs für der Wahrheit nahe kommende Ziffern auf zwischen 30 und 40,000 Mann und glaubt voraussetzen zu dürfen, daß dieser immerhin beträchtliche Bestand sich mit Juhülftnahme weiterer Druschinen und nachdem die neubefohlcnen Massenaushebungen bewerkstelligt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/82>, abgerufen am 25.08.2024.