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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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Hebung ihres Verbandes mit auswärtigen OrdcnSgeneralen; sodann die Um¬
gestaltung der theologischen Studien durch die Generalseminaricn, Alle künf¬
tigen Priester mußten ihre.Studien an diesen reinen Staatsanstalten dem kaiser¬
lichen Studienplan gemäß machen, ihre Prüfungen vor der landesherrlichen
Prüfungscommission bestehen und wurden nur, wenn sie diese bestanden, zu
den Weihen zugelassen. Die als Pfarrer Anzustellenden mußten gleichfalls
vor einer StaatScommission eine ConcurSprüfung bestehen. -- Was die Ehe
betrifft, so wurden die Verlöbnisse für eine rein bürgerliche Sache erklärt, ver¬
schiedene kanonische Ehehindernisse ganz aufgehoben, das Dispensationsrecht
vom Papst auf die Landesbischöfe und die Entscheidung von Ehestrcitigkeiten
von den bischöflichen Commissarien auf die Landesgerichte übertragen. Wenn
diese und ähnliche Verfügungen gegen die bisherige Methode des östreichischen
Hauses waren, so verfolgte Joseph in andern, nur cousequenter, das, waS
früher schon in Oestreich üblich gewesen war. Das ?Iaeöwm re^tun wurde
aus alle dogmatische, disciplinarische oder sonst kirchliche, päpstliche oder bischöf¬
liche Erlasse ausgedehnt, die Kirchenbeamten wurden'staatlich festgestellt, sie
wurden eidlich verpflichtet, die landesherrlichen Verordnungen in Kirchensachen
ungesäumt zu publiciren u, s. w. Die Privilegien des geistlichen Standes
wurden sehr beschränkt, die Kompetenz der geistlichen Gerichte auf ein Mini¬
mum zurückgeführt und das Verfahren in denselben durch Staatsgesetze geregelt.
Die Censur wurde angewiesen, den Aberglauben und alles, was dahin ein¬
schlug, lebhaft zu bekämpfen.

Die josephinische Gesetzgebung in Kirchensachen blieb im Wesentlichen unter
seinen Nachfolgern bestehen, wenn auch mit einigen Modifikationen. Die Flug¬
schriften, welche die katholische Religion, ihre Gebräuche und ihren Klerus
herabwürdigten, wurden nicht mehr geduldet. Die Aufhebung der Klöster sollte
ein Ende nehmen, ebenso die Ablieferungen der Kostbarkeiten aus den noch
beibehaltenen Kirchen, das Dispensationsrecht des Papstes wurde erneut.
Wenn irgend jemand glaubte, über die Amtsverrichtungen der Geistlichkeit Klage
führen zu können, oder wenn ein Welt- oder Klostergeistlicher sich von seinem Obern
mit Unrecht für gestraft hielt, sollte er sich zuerst an den Bischof wenden und
erst, wenn von dort aus keine Abhilfe geschah, hatten die Regierungsbehörden
einzugreifen. Die Generalseminarien hörten mit dem Jahr 1791 auf und an
ihre Stelle konnten, sofern die vorhandenen Fonds hinreichten, bischöfliche
Seminarien treten, selbst mit den theologischen Lehranstalten", bei denen aber
die Lehrbücher und Methoden, wie bei den hohen Schulen des Staates sein
mußten. -- Alles übrige wurde festgehalten. Zwar wurden sowol von Seiten
der hohen Geistlichkeit deS Landes, als des römischen Hoses Versuche gemacht,
eine Umgestaltung des östreichischen Staatskirchenrechts zu erwirken; allein
nur partielle Abänderungen fanden zuweilen statt; daS bisherige System wurde


Hebung ihres Verbandes mit auswärtigen OrdcnSgeneralen; sodann die Um¬
gestaltung der theologischen Studien durch die Generalseminaricn, Alle künf¬
tigen Priester mußten ihre.Studien an diesen reinen Staatsanstalten dem kaiser¬
lichen Studienplan gemäß machen, ihre Prüfungen vor der landesherrlichen
Prüfungscommission bestehen und wurden nur, wenn sie diese bestanden, zu
den Weihen zugelassen. Die als Pfarrer Anzustellenden mußten gleichfalls
vor einer StaatScommission eine ConcurSprüfung bestehen. — Was die Ehe
betrifft, so wurden die Verlöbnisse für eine rein bürgerliche Sache erklärt, ver¬
schiedene kanonische Ehehindernisse ganz aufgehoben, das Dispensationsrecht
vom Papst auf die Landesbischöfe und die Entscheidung von Ehestrcitigkeiten
von den bischöflichen Commissarien auf die Landesgerichte übertragen. Wenn
diese und ähnliche Verfügungen gegen die bisherige Methode des östreichischen
Hauses waren, so verfolgte Joseph in andern, nur cousequenter, das, waS
früher schon in Oestreich üblich gewesen war. Das ?Iaeöwm re^tun wurde
aus alle dogmatische, disciplinarische oder sonst kirchliche, päpstliche oder bischöf¬
liche Erlasse ausgedehnt, die Kirchenbeamten wurden'staatlich festgestellt, sie
wurden eidlich verpflichtet, die landesherrlichen Verordnungen in Kirchensachen
ungesäumt zu publiciren u, s. w. Die Privilegien des geistlichen Standes
wurden sehr beschränkt, die Kompetenz der geistlichen Gerichte auf ein Mini¬
mum zurückgeführt und das Verfahren in denselben durch Staatsgesetze geregelt.
Die Censur wurde angewiesen, den Aberglauben und alles, was dahin ein¬
schlug, lebhaft zu bekämpfen.

Die josephinische Gesetzgebung in Kirchensachen blieb im Wesentlichen unter
seinen Nachfolgern bestehen, wenn auch mit einigen Modifikationen. Die Flug¬
schriften, welche die katholische Religion, ihre Gebräuche und ihren Klerus
herabwürdigten, wurden nicht mehr geduldet. Die Aufhebung der Klöster sollte
ein Ende nehmen, ebenso die Ablieferungen der Kostbarkeiten aus den noch
beibehaltenen Kirchen, das Dispensationsrecht des Papstes wurde erneut.
Wenn irgend jemand glaubte, über die Amtsverrichtungen der Geistlichkeit Klage
führen zu können, oder wenn ein Welt- oder Klostergeistlicher sich von seinem Obern
mit Unrecht für gestraft hielt, sollte er sich zuerst an den Bischof wenden und
erst, wenn von dort aus keine Abhilfe geschah, hatten die Regierungsbehörden
einzugreifen. Die Generalseminarien hörten mit dem Jahr 1791 auf und an
ihre Stelle konnten, sofern die vorhandenen Fonds hinreichten, bischöfliche
Seminarien treten, selbst mit den theologischen Lehranstalten«, bei denen aber
die Lehrbücher und Methoden, wie bei den hohen Schulen des Staates sein
mußten. — Alles übrige wurde festgehalten. Zwar wurden sowol von Seiten
der hohen Geistlichkeit deS Landes, als des römischen Hoses Versuche gemacht,
eine Umgestaltung des östreichischen Staatskirchenrechts zu erwirken; allein
nur partielle Abänderungen fanden zuweilen statt; daS bisherige System wurde


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[0508] Hebung ihres Verbandes mit auswärtigen OrdcnSgeneralen; sodann die Um¬ gestaltung der theologischen Studien durch die Generalseminaricn, Alle künf¬ tigen Priester mußten ihre.Studien an diesen reinen Staatsanstalten dem kaiser¬ lichen Studienplan gemäß machen, ihre Prüfungen vor der landesherrlichen Prüfungscommission bestehen und wurden nur, wenn sie diese bestanden, zu den Weihen zugelassen. Die als Pfarrer Anzustellenden mußten gleichfalls vor einer StaatScommission eine ConcurSprüfung bestehen. — Was die Ehe betrifft, so wurden die Verlöbnisse für eine rein bürgerliche Sache erklärt, ver¬ schiedene kanonische Ehehindernisse ganz aufgehoben, das Dispensationsrecht vom Papst auf die Landesbischöfe und die Entscheidung von Ehestrcitigkeiten von den bischöflichen Commissarien auf die Landesgerichte übertragen. Wenn diese und ähnliche Verfügungen gegen die bisherige Methode des östreichischen Hauses waren, so verfolgte Joseph in andern, nur cousequenter, das, waS früher schon in Oestreich üblich gewesen war. Das ?Iaeöwm re^tun wurde aus alle dogmatische, disciplinarische oder sonst kirchliche, päpstliche oder bischöf¬ liche Erlasse ausgedehnt, die Kirchenbeamten wurden'staatlich festgestellt, sie wurden eidlich verpflichtet, die landesherrlichen Verordnungen in Kirchensachen ungesäumt zu publiciren u, s. w. Die Privilegien des geistlichen Standes wurden sehr beschränkt, die Kompetenz der geistlichen Gerichte auf ein Mini¬ mum zurückgeführt und das Verfahren in denselben durch Staatsgesetze geregelt. Die Censur wurde angewiesen, den Aberglauben und alles, was dahin ein¬ schlug, lebhaft zu bekämpfen. Die josephinische Gesetzgebung in Kirchensachen blieb im Wesentlichen unter seinen Nachfolgern bestehen, wenn auch mit einigen Modifikationen. Die Flug¬ schriften, welche die katholische Religion, ihre Gebräuche und ihren Klerus herabwürdigten, wurden nicht mehr geduldet. Die Aufhebung der Klöster sollte ein Ende nehmen, ebenso die Ablieferungen der Kostbarkeiten aus den noch beibehaltenen Kirchen, das Dispensationsrecht des Papstes wurde erneut. Wenn irgend jemand glaubte, über die Amtsverrichtungen der Geistlichkeit Klage führen zu können, oder wenn ein Welt- oder Klostergeistlicher sich von seinem Obern mit Unrecht für gestraft hielt, sollte er sich zuerst an den Bischof wenden und erst, wenn von dort aus keine Abhilfe geschah, hatten die Regierungsbehörden einzugreifen. Die Generalseminarien hörten mit dem Jahr 1791 auf und an ihre Stelle konnten, sofern die vorhandenen Fonds hinreichten, bischöfliche Seminarien treten, selbst mit den theologischen Lehranstalten«, bei denen aber die Lehrbücher und Methoden, wie bei den hohen Schulen des Staates sein mußten. — Alles übrige wurde festgehalten. Zwar wurden sowol von Seiten der hohen Geistlichkeit deS Landes, als des römischen Hoses Versuche gemacht, eine Umgestaltung des östreichischen Staatskirchenrechts zu erwirken; allein nur partielle Abänderungen fanden zuweilen statt; daS bisherige System wurde

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/508>, abgerufen am 23.07.2024.