Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

sich trotz seiner Bitten, ihn zu todten. Der Marquis erinnert sich an Dumas
und schlägt ihm vor, um daS Leben zu würfeln. Der aufgeklärte Spanier
mildert die Bedingung, wenn der Marquis verliert, soll er Lota verlassen. Der
Marquis verliert und geht zu seiner Frau, um sich zu empfehlen. Er kann
bei der Gelegenheit nicht unterlassen, ihr einige kleine Grobheiten zu sagen, die
sie doppelt und dreifach erwiedert. . Gleich darauf erhält sie einen Brief von
Don Diego, der von der seraphischen Liebe der Seelen spricht, wo Schuld
gleich Unschuld ist, Unschuld gleich Schuld u. s. w., kurz, er will sich selbst
ums Leben bringen. Der Marquis hat auch davon gehört, er ist gleichfalls
ein edler Mann, eilt zu seinem Gegner und beschwört ihn auf den Knien im
Namen LolaS, leben zu bleiben. Endlich erweicht er das große Herz und eilt
darauf zu seiner Gattin, der er gleichfalls zu Füßen fällt und sie um Ver¬
zeihung bittet.


Will es mir nicht gelingen, Eure Liebe, --
Dies höchste Gut! -- mir wieder zu erringen,
So weint von heute an des Herzens Klage
In eines treuen Freundes Armen ans.

Darauf erklärt Lota, dies schöne Wort gebe ihm ihre Achtung wieder. -- Da
hört denn doch wirklich dies und jenes auf! -- Sie wolle sich damit begnügen,
für ein zerrissenes Herz zu beten, um so ihre Schuld zu zahlen. Diego selbst
tritt auf, um sich zu empfehlen, sie macht ihn auf sein zerrissenes Herz auf¬
merksam, er versichert aber, er vertraue auf den Himmel und so schließt das Stück
unter allgemeinen Thränen.' -- Wäre nicht das spanische Costüm, man sollte
darauf schwören, Gutzkow hätte eS gemacht. --


Dramen aus und nach dem Spanischen. Von Ludwig Braunsels. Zwei
Bände. Frankfurt a. M., Sauerläuder. --

Die Sammlung enthält eine Reihe interessanter älterer Stücke. Nur eins da¬
von: M ?erio cksl "oitelano von Lope de Vega, hat der geschickte Uebersetzer frei
bearbeitet und ein Bühnenstück daraus gemacht, welches auch zu unsern Sitten
so ziemlich stimmt. Nur ist der Titel Gräfin und Zofe nicht ganz passend, da
wir unter Zofen etwas Anderes verstehen, als die jungen Fräulein, von denen
hier die Rede ist. Der nämliche Gegenstand ist seinem wesentlichen Inhalt
nach von Calderon im lauten Geheimniß behandelt worden. -- Unter den
übrigen Stücken ist Don Juan oder der steinerne Gast von Pater Gabriel
Tellez (lirso <Ze Nolina) das interessanteste. Es ist nach der Bearbeitung von
Juan de la Cueva und Lope de Vega die älteste Form, in der diese spani¬
sche Sage auf das Theater gebracht ist und zugleich diejenige, an welche sich
die Oper am genausten anschließt. Die verschiedenen Liebesabenteuer lassen
wir bei Seite und halten uns nur an die Geistererscheinung. Wie in der


S8*

sich trotz seiner Bitten, ihn zu todten. Der Marquis erinnert sich an Dumas
und schlägt ihm vor, um daS Leben zu würfeln. Der aufgeklärte Spanier
mildert die Bedingung, wenn der Marquis verliert, soll er Lota verlassen. Der
Marquis verliert und geht zu seiner Frau, um sich zu empfehlen. Er kann
bei der Gelegenheit nicht unterlassen, ihr einige kleine Grobheiten zu sagen, die
sie doppelt und dreifach erwiedert. . Gleich darauf erhält sie einen Brief von
Don Diego, der von der seraphischen Liebe der Seelen spricht, wo Schuld
gleich Unschuld ist, Unschuld gleich Schuld u. s. w., kurz, er will sich selbst
ums Leben bringen. Der Marquis hat auch davon gehört, er ist gleichfalls
ein edler Mann, eilt zu seinem Gegner und beschwört ihn auf den Knien im
Namen LolaS, leben zu bleiben. Endlich erweicht er das große Herz und eilt
darauf zu seiner Gattin, der er gleichfalls zu Füßen fällt und sie um Ver¬
zeihung bittet.


Will es mir nicht gelingen, Eure Liebe, —
Dies höchste Gut! — mir wieder zu erringen,
So weint von heute an des Herzens Klage
In eines treuen Freundes Armen ans.

Darauf erklärt Lota, dies schöne Wort gebe ihm ihre Achtung wieder. — Da
hört denn doch wirklich dies und jenes auf! — Sie wolle sich damit begnügen,
für ein zerrissenes Herz zu beten, um so ihre Schuld zu zahlen. Diego selbst
tritt auf, um sich zu empfehlen, sie macht ihn auf sein zerrissenes Herz auf¬
merksam, er versichert aber, er vertraue auf den Himmel und so schließt das Stück
unter allgemeinen Thränen.' — Wäre nicht das spanische Costüm, man sollte
darauf schwören, Gutzkow hätte eS gemacht. —


Dramen aus und nach dem Spanischen. Von Ludwig Braunsels. Zwei
Bände. Frankfurt a. M., Sauerläuder. —

Die Sammlung enthält eine Reihe interessanter älterer Stücke. Nur eins da¬
von: M ?erio cksl »oitelano von Lope de Vega, hat der geschickte Uebersetzer frei
bearbeitet und ein Bühnenstück daraus gemacht, welches auch zu unsern Sitten
so ziemlich stimmt. Nur ist der Titel Gräfin und Zofe nicht ganz passend, da
wir unter Zofen etwas Anderes verstehen, als die jungen Fräulein, von denen
hier die Rede ist. Der nämliche Gegenstand ist seinem wesentlichen Inhalt
nach von Calderon im lauten Geheimniß behandelt worden. — Unter den
übrigen Stücken ist Don Juan oder der steinerne Gast von Pater Gabriel
Tellez (lirso <Ze Nolina) das interessanteste. Es ist nach der Bearbeitung von
Juan de la Cueva und Lope de Vega die älteste Form, in der diese spani¬
sche Sage auf das Theater gebracht ist und zugleich diejenige, an welche sich
die Oper am genausten anschließt. Die verschiedenen Liebesabenteuer lassen
wir bei Seite und halten uns nur an die Geistererscheinung. Wie in der


S8*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0467" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101460"/>
            <p xml:id="ID_1401" prev="#ID_1400" next="#ID_1402"> sich trotz seiner Bitten, ihn zu todten. Der Marquis erinnert sich an Dumas<lb/>
und schlägt ihm vor, um daS Leben zu würfeln. Der aufgeklärte Spanier<lb/>
mildert die Bedingung, wenn der Marquis verliert, soll er Lota verlassen. Der<lb/>
Marquis verliert und geht zu seiner Frau, um sich zu empfehlen. Er kann<lb/>
bei der Gelegenheit nicht unterlassen, ihr einige kleine Grobheiten zu sagen, die<lb/>
sie doppelt und dreifach erwiedert. . Gleich darauf erhält sie einen Brief von<lb/>
Don Diego, der von der seraphischen Liebe der Seelen spricht, wo Schuld<lb/>
gleich Unschuld ist, Unschuld gleich Schuld u. s. w., kurz, er will sich selbst<lb/>
ums Leben bringen. Der Marquis hat auch davon gehört, er ist gleichfalls<lb/>
ein edler Mann, eilt zu seinem Gegner und beschwört ihn auf den Knien im<lb/>
Namen LolaS, leben zu bleiben. Endlich erweicht er das große Herz und eilt<lb/>
darauf zu seiner Gattin, der er gleichfalls zu Füßen fällt und sie um Ver¬<lb/>
zeihung bittet.</p><lb/>
            <quote> Will es mir nicht gelingen, Eure Liebe, &#x2014;<lb/>
Dies höchste Gut! &#x2014; mir wieder zu erringen,<lb/>
So weint von heute an des Herzens Klage<lb/>
In eines treuen Freundes Armen ans.</quote><lb/>
            <p xml:id="ID_1402" prev="#ID_1401"> Darauf erklärt Lota, dies schöne Wort gebe ihm ihre Achtung wieder. &#x2014; Da<lb/>
hört denn doch wirklich dies und jenes auf! &#x2014; Sie wolle sich damit begnügen,<lb/>
für ein zerrissenes Herz zu beten, um so ihre Schuld zu zahlen. Diego selbst<lb/>
tritt auf, um sich zu empfehlen, sie macht ihn auf sein zerrissenes Herz auf¬<lb/>
merksam, er versichert aber, er vertraue auf den Himmel und so schließt das Stück<lb/>
unter allgemeinen Thränen.' &#x2014; Wäre nicht das spanische Costüm, man sollte<lb/>
darauf schwören, Gutzkow hätte eS gemacht. &#x2014;</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Dramen aus und nach dem Spanischen. Von Ludwig Braunsels. Zwei<lb/>
Bände.  Frankfurt a. M., Sauerläuder. &#x2014;</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1403" next="#ID_1404"> Die Sammlung enthält eine Reihe interessanter älterer Stücke. Nur eins da¬<lb/>
von: M ?erio cksl »oitelano von Lope de Vega, hat der geschickte Uebersetzer frei<lb/>
bearbeitet und ein Bühnenstück daraus gemacht, welches auch zu unsern Sitten<lb/>
so ziemlich stimmt. Nur ist der Titel Gräfin und Zofe nicht ganz passend, da<lb/>
wir unter Zofen etwas Anderes verstehen, als die jungen Fräulein, von denen<lb/>
hier die Rede ist. Der nämliche Gegenstand ist seinem wesentlichen Inhalt<lb/>
nach von Calderon im lauten Geheimniß behandelt worden. &#x2014; Unter den<lb/>
übrigen Stücken ist Don Juan oder der steinerne Gast von Pater Gabriel<lb/>
Tellez (lirso &lt;Ze Nolina) das interessanteste. Es ist nach der Bearbeitung von<lb/>
Juan de la Cueva und Lope de Vega die älteste Form, in der diese spani¬<lb/>
sche Sage auf das Theater gebracht ist und zugleich diejenige, an welche sich<lb/>
die Oper am genausten anschließt. Die verschiedenen Liebesabenteuer lassen<lb/>
wir bei Seite und halten uns nur an die Geistererscheinung.  Wie in der</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> S8*</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0467] sich trotz seiner Bitten, ihn zu todten. Der Marquis erinnert sich an Dumas und schlägt ihm vor, um daS Leben zu würfeln. Der aufgeklärte Spanier mildert die Bedingung, wenn der Marquis verliert, soll er Lota verlassen. Der Marquis verliert und geht zu seiner Frau, um sich zu empfehlen. Er kann bei der Gelegenheit nicht unterlassen, ihr einige kleine Grobheiten zu sagen, die sie doppelt und dreifach erwiedert. . Gleich darauf erhält sie einen Brief von Don Diego, der von der seraphischen Liebe der Seelen spricht, wo Schuld gleich Unschuld ist, Unschuld gleich Schuld u. s. w., kurz, er will sich selbst ums Leben bringen. Der Marquis hat auch davon gehört, er ist gleichfalls ein edler Mann, eilt zu seinem Gegner und beschwört ihn auf den Knien im Namen LolaS, leben zu bleiben. Endlich erweicht er das große Herz und eilt darauf zu seiner Gattin, der er gleichfalls zu Füßen fällt und sie um Ver¬ zeihung bittet. Will es mir nicht gelingen, Eure Liebe, — Dies höchste Gut! — mir wieder zu erringen, So weint von heute an des Herzens Klage In eines treuen Freundes Armen ans. Darauf erklärt Lota, dies schöne Wort gebe ihm ihre Achtung wieder. — Da hört denn doch wirklich dies und jenes auf! — Sie wolle sich damit begnügen, für ein zerrissenes Herz zu beten, um so ihre Schuld zu zahlen. Diego selbst tritt auf, um sich zu empfehlen, sie macht ihn auf sein zerrissenes Herz auf¬ merksam, er versichert aber, er vertraue auf den Himmel und so schließt das Stück unter allgemeinen Thränen.' — Wäre nicht das spanische Costüm, man sollte darauf schwören, Gutzkow hätte eS gemacht. — Dramen aus und nach dem Spanischen. Von Ludwig Braunsels. Zwei Bände. Frankfurt a. M., Sauerläuder. — Die Sammlung enthält eine Reihe interessanter älterer Stücke. Nur eins da¬ von: M ?erio cksl »oitelano von Lope de Vega, hat der geschickte Uebersetzer frei bearbeitet und ein Bühnenstück daraus gemacht, welches auch zu unsern Sitten so ziemlich stimmt. Nur ist der Titel Gräfin und Zofe nicht ganz passend, da wir unter Zofen etwas Anderes verstehen, als die jungen Fräulein, von denen hier die Rede ist. Der nämliche Gegenstand ist seinem wesentlichen Inhalt nach von Calderon im lauten Geheimniß behandelt worden. — Unter den übrigen Stücken ist Don Juan oder der steinerne Gast von Pater Gabriel Tellez (lirso <Ze Nolina) das interessanteste. Es ist nach der Bearbeitung von Juan de la Cueva und Lope de Vega die älteste Form, in der diese spani¬ sche Sage auf das Theater gebracht ist und zugleich diejenige, an welche sich die Oper am genausten anschließt. Die verschiedenen Liebesabenteuer lassen wir bei Seite und halten uns nur an die Geistererscheinung. Wie in der S8*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/467
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/467>, abgerufen am 23.07.2024.