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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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ferntcste, wurde nach den Anhängern dieser Hypothese dadurch gebildet, daß sich
die äußere Zone durch Abkühlung in einen wässerigen Planetenball zusammen¬
zog. Durch denselben Proceß entstand Uranus, in ähnlicher Weise die andern
Planeten und zuletzt Merkur, indem die Atmosphäre der Sonne jetzt bis auf
den Kreis der Bahn dieses Planeten eingeschrumpft war. In derselben
Weise stießen die Planeten Ringe von Dunst aus, die sich zu Satelliten ver¬
dichteten.

In der neuesten Zeit ist diese Hypothese dahin erweitert worden, daß
man das ganze Universum mit Feuernebel oder Sterndunst erfüllt sein läßt.
Aus irgendwelcher unbekannter Ursache ziehen zwei Theilchen dieses Nebels
sich einander an, werden dann von andern umgeben und bilden mit diesen
eine kleine Sonne, die sich in drehende Bewegung setzt, fortwährend wächst
und die ganze Masse von dem Feuernebel, welcher sich innerhalb der Umlaufs¬
bahn des Neptun befindet, den sie mit sich fortreißt und aus dem sich dann
Planeten und Monde, bilden, wie oben gezeigt.

In dieser Gestalt adoptirt Whewell die Hypothese und er wendet sie an,
um zu zeigen, wie Venus und Merkur deshalb keine Bewohner haben können,
weil sie noch nicht ganz aus der Atmosphäre hervorgetaucht sind, in der sie
ihren Ursprung haben, aus dem Mutterliebe oder Mntterfeuer, in welchem sie
zu krystallistren begannen, wie Krystalle in ihrem Mutterwasser. Und in gleicher
Weise behauptet er, daß die vier äußern Planeten, Jupiter, Saturn, Uranus
und Neptun, nicht bewohnt sein können, weil sie nichts als ungeheure Wolken¬
oder Wasserkugeln sind, die durch die Centralhitze der Sonne in den Grenz¬
gegenden deö Systems zurückgehalten worden.

Whewell nimmt an, daß das in der Nebelmasse der Urzeit enthaltene
Feuer und Wasser sich bei der Entstehung der Planeten getrennt, und daß der
feuchte Dunst und das Wasser des Systems nach den äußern Regionen ge¬
trieben worden, die soliden Massen dagegen in größerer Nähe der Sonne Platz
genommen und sich vorzüglich innerhalb der Umlaussbahn des Jupiter um¬
zudrehen begonnen haben. Um diese Annahme zu stützen, erklärt er das Zo-
diakallicht für ein Zubehör der Sonne und als einen Nest des Zustandes, wo
die Atmosphäre der Sonne sich über die Umlaufsbahnen der Venus und des
Merkur ausgedehnt haben -- Planeten, die man deshalb für unbewohnbar an¬
sehen müsse. Und wo diese Region des Feuernebels aufhört, dessen Grenze
das Zodiakallicht angibt, da beginnt die Welt deS Lebens, nämlich auf
Erden. Die Umlaufsbahn der Erde ist die gemäßigte Zone des
Sonnensystems, und nur in dieser Zone ist das wechselnde Spiel von
Wärme und Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit möglich.




ferntcste, wurde nach den Anhängern dieser Hypothese dadurch gebildet, daß sich
die äußere Zone durch Abkühlung in einen wässerigen Planetenball zusammen¬
zog. Durch denselben Proceß entstand Uranus, in ähnlicher Weise die andern
Planeten und zuletzt Merkur, indem die Atmosphäre der Sonne jetzt bis auf
den Kreis der Bahn dieses Planeten eingeschrumpft war. In derselben
Weise stießen die Planeten Ringe von Dunst aus, die sich zu Satelliten ver¬
dichteten.

In der neuesten Zeit ist diese Hypothese dahin erweitert worden, daß
man das ganze Universum mit Feuernebel oder Sterndunst erfüllt sein läßt.
Aus irgendwelcher unbekannter Ursache ziehen zwei Theilchen dieses Nebels
sich einander an, werden dann von andern umgeben und bilden mit diesen
eine kleine Sonne, die sich in drehende Bewegung setzt, fortwährend wächst
und die ganze Masse von dem Feuernebel, welcher sich innerhalb der Umlaufs¬
bahn des Neptun befindet, den sie mit sich fortreißt und aus dem sich dann
Planeten und Monde, bilden, wie oben gezeigt.

In dieser Gestalt adoptirt Whewell die Hypothese und er wendet sie an,
um zu zeigen, wie Venus und Merkur deshalb keine Bewohner haben können,
weil sie noch nicht ganz aus der Atmosphäre hervorgetaucht sind, in der sie
ihren Ursprung haben, aus dem Mutterliebe oder Mntterfeuer, in welchem sie
zu krystallistren begannen, wie Krystalle in ihrem Mutterwasser. Und in gleicher
Weise behauptet er, daß die vier äußern Planeten, Jupiter, Saturn, Uranus
und Neptun, nicht bewohnt sein können, weil sie nichts als ungeheure Wolken¬
oder Wasserkugeln sind, die durch die Centralhitze der Sonne in den Grenz¬
gegenden deö Systems zurückgehalten worden.

Whewell nimmt an, daß das in der Nebelmasse der Urzeit enthaltene
Feuer und Wasser sich bei der Entstehung der Planeten getrennt, und daß der
feuchte Dunst und das Wasser des Systems nach den äußern Regionen ge¬
trieben worden, die soliden Massen dagegen in größerer Nähe der Sonne Platz
genommen und sich vorzüglich innerhalb der Umlaussbahn des Jupiter um¬
zudrehen begonnen haben. Um diese Annahme zu stützen, erklärt er das Zo-
diakallicht für ein Zubehör der Sonne und als einen Nest des Zustandes, wo
die Atmosphäre der Sonne sich über die Umlaufsbahnen der Venus und des
Merkur ausgedehnt haben — Planeten, die man deshalb für unbewohnbar an¬
sehen müsse. Und wo diese Region des Feuernebels aufhört, dessen Grenze
das Zodiakallicht angibt, da beginnt die Welt deS Lebens, nämlich auf
Erden. Die Umlaufsbahn der Erde ist die gemäßigte Zone des
Sonnensystems, und nur in dieser Zone ist das wechselnde Spiel von
Wärme und Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit möglich.




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[0358] ferntcste, wurde nach den Anhängern dieser Hypothese dadurch gebildet, daß sich die äußere Zone durch Abkühlung in einen wässerigen Planetenball zusammen¬ zog. Durch denselben Proceß entstand Uranus, in ähnlicher Weise die andern Planeten und zuletzt Merkur, indem die Atmosphäre der Sonne jetzt bis auf den Kreis der Bahn dieses Planeten eingeschrumpft war. In derselben Weise stießen die Planeten Ringe von Dunst aus, die sich zu Satelliten ver¬ dichteten. In der neuesten Zeit ist diese Hypothese dahin erweitert worden, daß man das ganze Universum mit Feuernebel oder Sterndunst erfüllt sein läßt. Aus irgendwelcher unbekannter Ursache ziehen zwei Theilchen dieses Nebels sich einander an, werden dann von andern umgeben und bilden mit diesen eine kleine Sonne, die sich in drehende Bewegung setzt, fortwährend wächst und die ganze Masse von dem Feuernebel, welcher sich innerhalb der Umlaufs¬ bahn des Neptun befindet, den sie mit sich fortreißt und aus dem sich dann Planeten und Monde, bilden, wie oben gezeigt. In dieser Gestalt adoptirt Whewell die Hypothese und er wendet sie an, um zu zeigen, wie Venus und Merkur deshalb keine Bewohner haben können, weil sie noch nicht ganz aus der Atmosphäre hervorgetaucht sind, in der sie ihren Ursprung haben, aus dem Mutterliebe oder Mntterfeuer, in welchem sie zu krystallistren begannen, wie Krystalle in ihrem Mutterwasser. Und in gleicher Weise behauptet er, daß die vier äußern Planeten, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, nicht bewohnt sein können, weil sie nichts als ungeheure Wolken¬ oder Wasserkugeln sind, die durch die Centralhitze der Sonne in den Grenz¬ gegenden deö Systems zurückgehalten worden. Whewell nimmt an, daß das in der Nebelmasse der Urzeit enthaltene Feuer und Wasser sich bei der Entstehung der Planeten getrennt, und daß der feuchte Dunst und das Wasser des Systems nach den äußern Regionen ge¬ trieben worden, die soliden Massen dagegen in größerer Nähe der Sonne Platz genommen und sich vorzüglich innerhalb der Umlaussbahn des Jupiter um¬ zudrehen begonnen haben. Um diese Annahme zu stützen, erklärt er das Zo- diakallicht für ein Zubehör der Sonne und als einen Nest des Zustandes, wo die Atmosphäre der Sonne sich über die Umlaufsbahnen der Venus und des Merkur ausgedehnt haben — Planeten, die man deshalb für unbewohnbar an¬ sehen müsse. Und wo diese Region des Feuernebels aufhört, dessen Grenze das Zodiakallicht angibt, da beginnt die Welt deS Lebens, nämlich auf Erden. Die Umlaufsbahn der Erde ist die gemäßigte Zone des Sonnensystems, und nur in dieser Zone ist das wechselnde Spiel von Wärme und Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit möglich.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/358>, abgerufen am 23.07.2024.