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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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Lebenskräfte der Thiere zu entfalten, wo unsre Augen nichts sehen würden.
Ziemlich dasselbe glaubt er nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft von den
übrigen äußern Planeten annehmen zu müssen. Er sagt uns, daß der äußere
Theil des Saturn, nach seinen Streifen und Gürteln zu schließen, höchst wahr¬
scheinlich eine Dunstmasse ist, und daß wir demnach entweder vermuthen müssen,
er habe gar keine Bewohner, oder zu glauben genöthigt sind, sie seien "gallert¬
artige Geschöpfe, die, fast zu plump und klunipenhaft, als daß man ihnen Leben
zutrauen könne, in ihrem eiskalten Wasser hintreiben und vor der Sonne auf
ewig durch ihren dichtbewölkten Himmel verhüllt sind." Er kann uns nicht
sagen, ob sie Augen haben oder nicht, "aber wenn sie deren hätten, würden
sie schwerlich die Sonne und die acht Monde ihres Planeten erblicken. Wir
brauchen ihr Loos indeß nicht zu bedauern. Der Ring und jene acht Satelliten
sind ein herrlicher Anblick für das Auge der Erdbewohner und so durchaus nicht
ohne Nutzen," wenn die Frage des Nutzens auf die Beziehung zu intelligenten
Wesen beschränkt sein soll.

Von Jupiter wird bemerkt, es sei ziemlich sicher, daß seine Dichtheit nicht
größer ist, als ob seine ganze Kugel aus Wasser bestände. Wäre dies der
Fall, so müßte bei der großen Entfernung dieses Planeten von der Sonne
dieses Wasser gefroren sein und an Bewohner wäre nicht zu denken. Zuge¬
geben aber die Möglichkeit, daß ein kleiner fester Kern im Centrum wäre und
daß dieser Gluten in sich berge, welche durch ihre Hitze das Wasser in flüssigem
Zustande erhielten, so könnte man sich die etwaigen Bewohner des Jupiter
nur als "knorpelige, zähe, klebrige Ungeheuer, als knochenlose, wässrige,
weichthierartige Geschöpfe, als unvollkommene und embryonische Klumpen"
denken.

Hier wie in vielem andern verliert sich der Versasser in extremen Behaup¬
tungen. Es ist schwer einzusehen, weshalb der Jupiter grade aus Wasser be¬
stehen soll. Seine Dichtheit ist 1,359, während Wasser 1,000, die Erde 3,66
dicht ist. Die Dichtheit des Jupiter übertrifft die gewisser Arten von Stein¬
kohle und ist sehr viel größer als die des Bimsteins. Desgleichen kommt Kiesel
und Feuerstein in einer Dichtheit vor, die geringer als die des Jupiter D.
Im Zustande des Bambussafts ist der Kiesel viel leichter als Wasser. Im Zu¬
stande von Kieselsinter ist seine Dichtheit nur -1,8, im Zustande von Opal
nur 1,9, während sie in .gewissen Quarzarten A,88 beträgt. Endlich gibt es
selbst Metalle, die wie das schwammige Platina eine sehr geringe specifische
Schwere haben. So könnte das härteste Mineral und das compacteste Metall
auf dem Jupiter eristiren, ohne daß seine Dichtheit 1,339 überstiege.

Eher ist anzunehmen, daß die Schwerkraft auf dem Planeten es zu keiner
Existenz menschenartiger Wesen kommen lassen würde. Dieselbe würde dritthalbmal
stärker als auf der Erde sein. Ein Mensch, der dorthin versetzt würde, müßte


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Lebenskräfte der Thiere zu entfalten, wo unsre Augen nichts sehen würden.
Ziemlich dasselbe glaubt er nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft von den
übrigen äußern Planeten annehmen zu müssen. Er sagt uns, daß der äußere
Theil des Saturn, nach seinen Streifen und Gürteln zu schließen, höchst wahr¬
scheinlich eine Dunstmasse ist, und daß wir demnach entweder vermuthen müssen,
er habe gar keine Bewohner, oder zu glauben genöthigt sind, sie seien „gallert¬
artige Geschöpfe, die, fast zu plump und klunipenhaft, als daß man ihnen Leben
zutrauen könne, in ihrem eiskalten Wasser hintreiben und vor der Sonne auf
ewig durch ihren dichtbewölkten Himmel verhüllt sind." Er kann uns nicht
sagen, ob sie Augen haben oder nicht, „aber wenn sie deren hätten, würden
sie schwerlich die Sonne und die acht Monde ihres Planeten erblicken. Wir
brauchen ihr Loos indeß nicht zu bedauern. Der Ring und jene acht Satelliten
sind ein herrlicher Anblick für das Auge der Erdbewohner und so durchaus nicht
ohne Nutzen," wenn die Frage des Nutzens auf die Beziehung zu intelligenten
Wesen beschränkt sein soll.

Von Jupiter wird bemerkt, es sei ziemlich sicher, daß seine Dichtheit nicht
größer ist, als ob seine ganze Kugel aus Wasser bestände. Wäre dies der
Fall, so müßte bei der großen Entfernung dieses Planeten von der Sonne
dieses Wasser gefroren sein und an Bewohner wäre nicht zu denken. Zuge¬
geben aber die Möglichkeit, daß ein kleiner fester Kern im Centrum wäre und
daß dieser Gluten in sich berge, welche durch ihre Hitze das Wasser in flüssigem
Zustande erhielten, so könnte man sich die etwaigen Bewohner des Jupiter
nur als „knorpelige, zähe, klebrige Ungeheuer, als knochenlose, wässrige,
weichthierartige Geschöpfe, als unvollkommene und embryonische Klumpen"
denken.

Hier wie in vielem andern verliert sich der Versasser in extremen Behaup¬
tungen. Es ist schwer einzusehen, weshalb der Jupiter grade aus Wasser be¬
stehen soll. Seine Dichtheit ist 1,359, während Wasser 1,000, die Erde 3,66
dicht ist. Die Dichtheit des Jupiter übertrifft die gewisser Arten von Stein¬
kohle und ist sehr viel größer als die des Bimsteins. Desgleichen kommt Kiesel
und Feuerstein in einer Dichtheit vor, die geringer als die des Jupiter D.
Im Zustande des Bambussafts ist der Kiesel viel leichter als Wasser. Im Zu¬
stande von Kieselsinter ist seine Dichtheit nur -1,8, im Zustande von Opal
nur 1,9, während sie in .gewissen Quarzarten A,88 beträgt. Endlich gibt es
selbst Metalle, die wie das schwammige Platina eine sehr geringe specifische
Schwere haben. So könnte das härteste Mineral und das compacteste Metall
auf dem Jupiter eristiren, ohne daß seine Dichtheit 1,339 überstiege.

Eher ist anzunehmen, daß die Schwerkraft auf dem Planeten es zu keiner
Existenz menschenartiger Wesen kommen lassen würde. Dieselbe würde dritthalbmal
stärker als auf der Erde sein. Ein Mensch, der dorthin versetzt würde, müßte


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[0355] Lebenskräfte der Thiere zu entfalten, wo unsre Augen nichts sehen würden. Ziemlich dasselbe glaubt er nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft von den übrigen äußern Planeten annehmen zu müssen. Er sagt uns, daß der äußere Theil des Saturn, nach seinen Streifen und Gürteln zu schließen, höchst wahr¬ scheinlich eine Dunstmasse ist, und daß wir demnach entweder vermuthen müssen, er habe gar keine Bewohner, oder zu glauben genöthigt sind, sie seien „gallert¬ artige Geschöpfe, die, fast zu plump und klunipenhaft, als daß man ihnen Leben zutrauen könne, in ihrem eiskalten Wasser hintreiben und vor der Sonne auf ewig durch ihren dichtbewölkten Himmel verhüllt sind." Er kann uns nicht sagen, ob sie Augen haben oder nicht, „aber wenn sie deren hätten, würden sie schwerlich die Sonne und die acht Monde ihres Planeten erblicken. Wir brauchen ihr Loos indeß nicht zu bedauern. Der Ring und jene acht Satelliten sind ein herrlicher Anblick für das Auge der Erdbewohner und so durchaus nicht ohne Nutzen," wenn die Frage des Nutzens auf die Beziehung zu intelligenten Wesen beschränkt sein soll. Von Jupiter wird bemerkt, es sei ziemlich sicher, daß seine Dichtheit nicht größer ist, als ob seine ganze Kugel aus Wasser bestände. Wäre dies der Fall, so müßte bei der großen Entfernung dieses Planeten von der Sonne dieses Wasser gefroren sein und an Bewohner wäre nicht zu denken. Zuge¬ geben aber die Möglichkeit, daß ein kleiner fester Kern im Centrum wäre und daß dieser Gluten in sich berge, welche durch ihre Hitze das Wasser in flüssigem Zustande erhielten, so könnte man sich die etwaigen Bewohner des Jupiter nur als „knorpelige, zähe, klebrige Ungeheuer, als knochenlose, wässrige, weichthierartige Geschöpfe, als unvollkommene und embryonische Klumpen" denken. Hier wie in vielem andern verliert sich der Versasser in extremen Behaup¬ tungen. Es ist schwer einzusehen, weshalb der Jupiter grade aus Wasser be¬ stehen soll. Seine Dichtheit ist 1,359, während Wasser 1,000, die Erde 3,66 dicht ist. Die Dichtheit des Jupiter übertrifft die gewisser Arten von Stein¬ kohle und ist sehr viel größer als die des Bimsteins. Desgleichen kommt Kiesel und Feuerstein in einer Dichtheit vor, die geringer als die des Jupiter D. Im Zustande des Bambussafts ist der Kiesel viel leichter als Wasser. Im Zu¬ stande von Kieselsinter ist seine Dichtheit nur -1,8, im Zustande von Opal nur 1,9, während sie in .gewissen Quarzarten A,88 beträgt. Endlich gibt es selbst Metalle, die wie das schwammige Platina eine sehr geringe specifische Schwere haben. So könnte das härteste Mineral und das compacteste Metall auf dem Jupiter eristiren, ohne daß seine Dichtheit 1,339 überstiege. Eher ist anzunehmen, daß die Schwerkraft auf dem Planeten es zu keiner Existenz menschenartiger Wesen kommen lassen würde. Dieselbe würde dritthalbmal stärker als auf der Erde sein. Ein Mensch, der dorthin versetzt würde, müßte 54*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/355>, abgerufen am 23.07.2024.