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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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Der Planet Saturn, umgeben mit der ungewöhnlichen Zugabe eines Rings,
der so eingerichtet ist, daß er ausgedehnte Gegenden seiner Oberfläche erleuch¬
tet und umkreist von acht Monden, die ihn während der Abwesenheit der Sonne
erleuchten und sich in Monaten um ihn drehen, die von einem bis achtzig
Tagen lang sind, ist stets ein Gegenstand von besonderem Interesse für den
Astronomen und von Bewunderung der Naturfreunde unter den Laien gewesen.
Die Fläche des Rings ist parallel mit dem Aequator und hat aus ihrer Ober¬
fläche Unebenheiten gleich Bergen. Seine acht Satelliten befinden sich in Ent¬
fernungen von ihm, welche zwischen 98,000 (englischen) Meilen, der Entfernung
des dem Planeten nächsten, und fast zwei Millionen Meilen, der Entfer¬
nung des entferntesten variiren und da die ersten fünf dem Saturn näher,
sind, als unser Mond der Erde, so werden sie dem Planeten größere Sicht¬
scheiben zukehren. Die Astronomen sind noch nicht im Stande gewesen, ihren
Durchmesser zu messen, wenn sie aber viel größer als unser Mond sind, so muß
das Firmament ein prachtvolles azurnes Gewölbe, besetzt mit mächtigen Licht¬
scheiben, mit mannigfachen Phasen und überspannt mit dem strahlenden Bogen
des Planetenrings darstellen. Da der nächste dieser Monde, welcher Minas
heißt, seine Umdrehung binnen zweiundzwanzig und einer halben Stunde bewirkt,
so müssen seine Phasen sich von der dünnsten Sichel bis zum Halbmonde
innerhalb fünf Stunden vollziehen und da seine Scheibe, (wofern sie dieselbe
Größe wie unser Mond hat) zweiundeinhalbmal größer erscheinen muß, so
wird man die Grenze zwischen der lichten und der dunkeln Halbkugel ganz
deutlich auf dem Körper des Satelliten vorrücken sehen. Aus demselben Grunde
wird die Bewegung' dieses Satelliten erkennbarer sein, als die Bewegung uns¬
rer Sterne und Planeten von ihrem Ausgange bis zu ihrem Niedergange, die
durch die tägliche Umdrehung der Erde hervorgerufen wird.

In Betreff der Schwerkraft auf der Oberfläche des Saturn ist die Ana¬
logie zwischen diesem Planeten und der Erde noch größer, als zwischen dieser
und Jupiter. Die Dichtheit des Saturn verhält sich zur Dichtheit der Erde
wie 2i> zu 100, sie ist also nur etwas mehr als viermal geringer, so daß, da
die Erde ü^mal dichter als Wasser ist, die Dichtheit des Saturn l^/g die
des Wassers sein wird. Ebenso kann dargethan werden, daß Uranus und
Neptun ziemlich so dicht als Wasser sind und wenn wir die Schwerkraft ans
den drei größern Planeten abschätzen, so finden wir, daß dieselbe auf dem
Saturn ein wenig größer und auf Uranus und Neptun ein wenig geringer,
als auf der Erde ist, so daß menschliche Wesen gleich uns unter der Schwer¬
kraft auf diesen Planeten keine Unbequemlichkeit empfinden, Pflanzen, Bäume
und Bauwerke dieselbe Stärke und Dauer haben würden.

Infolge des Umstandes, daß der Saturn sich in -10 Vz- Stunden um seine
Achse dreht, sieht man Streifen und Gürtel auf seiner Oberfläche, die un-


Der Planet Saturn, umgeben mit der ungewöhnlichen Zugabe eines Rings,
der so eingerichtet ist, daß er ausgedehnte Gegenden seiner Oberfläche erleuch¬
tet und umkreist von acht Monden, die ihn während der Abwesenheit der Sonne
erleuchten und sich in Monaten um ihn drehen, die von einem bis achtzig
Tagen lang sind, ist stets ein Gegenstand von besonderem Interesse für den
Astronomen und von Bewunderung der Naturfreunde unter den Laien gewesen.
Die Fläche des Rings ist parallel mit dem Aequator und hat aus ihrer Ober¬
fläche Unebenheiten gleich Bergen. Seine acht Satelliten befinden sich in Ent¬
fernungen von ihm, welche zwischen 98,000 (englischen) Meilen, der Entfernung
des dem Planeten nächsten, und fast zwei Millionen Meilen, der Entfer¬
nung des entferntesten variiren und da die ersten fünf dem Saturn näher,
sind, als unser Mond der Erde, so werden sie dem Planeten größere Sicht¬
scheiben zukehren. Die Astronomen sind noch nicht im Stande gewesen, ihren
Durchmesser zu messen, wenn sie aber viel größer als unser Mond sind, so muß
das Firmament ein prachtvolles azurnes Gewölbe, besetzt mit mächtigen Licht¬
scheiben, mit mannigfachen Phasen und überspannt mit dem strahlenden Bogen
des Planetenrings darstellen. Da der nächste dieser Monde, welcher Minas
heißt, seine Umdrehung binnen zweiundzwanzig und einer halben Stunde bewirkt,
so müssen seine Phasen sich von der dünnsten Sichel bis zum Halbmonde
innerhalb fünf Stunden vollziehen und da seine Scheibe, (wofern sie dieselbe
Größe wie unser Mond hat) zweiundeinhalbmal größer erscheinen muß, so
wird man die Grenze zwischen der lichten und der dunkeln Halbkugel ganz
deutlich auf dem Körper des Satelliten vorrücken sehen. Aus demselben Grunde
wird die Bewegung' dieses Satelliten erkennbarer sein, als die Bewegung uns¬
rer Sterne und Planeten von ihrem Ausgange bis zu ihrem Niedergange, die
durch die tägliche Umdrehung der Erde hervorgerufen wird.

In Betreff der Schwerkraft auf der Oberfläche des Saturn ist die Ana¬
logie zwischen diesem Planeten und der Erde noch größer, als zwischen dieser
und Jupiter. Die Dichtheit des Saturn verhält sich zur Dichtheit der Erde
wie 2i> zu 100, sie ist also nur etwas mehr als viermal geringer, so daß, da
die Erde ü^mal dichter als Wasser ist, die Dichtheit des Saturn l^/g die
des Wassers sein wird. Ebenso kann dargethan werden, daß Uranus und
Neptun ziemlich so dicht als Wasser sind und wenn wir die Schwerkraft ans
den drei größern Planeten abschätzen, so finden wir, daß dieselbe auf dem
Saturn ein wenig größer und auf Uranus und Neptun ein wenig geringer,
als auf der Erde ist, so daß menschliche Wesen gleich uns unter der Schwer¬
kraft auf diesen Planeten keine Unbequemlichkeit empfinden, Pflanzen, Bäume
und Bauwerke dieselbe Stärke und Dauer haben würden.

Infolge des Umstandes, daß der Saturn sich in -10 Vz- Stunden um seine
Achse dreht, sieht man Streifen und Gürtel auf seiner Oberfläche, die un-


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[0319] Der Planet Saturn, umgeben mit der ungewöhnlichen Zugabe eines Rings, der so eingerichtet ist, daß er ausgedehnte Gegenden seiner Oberfläche erleuch¬ tet und umkreist von acht Monden, die ihn während der Abwesenheit der Sonne erleuchten und sich in Monaten um ihn drehen, die von einem bis achtzig Tagen lang sind, ist stets ein Gegenstand von besonderem Interesse für den Astronomen und von Bewunderung der Naturfreunde unter den Laien gewesen. Die Fläche des Rings ist parallel mit dem Aequator und hat aus ihrer Ober¬ fläche Unebenheiten gleich Bergen. Seine acht Satelliten befinden sich in Ent¬ fernungen von ihm, welche zwischen 98,000 (englischen) Meilen, der Entfernung des dem Planeten nächsten, und fast zwei Millionen Meilen, der Entfer¬ nung des entferntesten variiren und da die ersten fünf dem Saturn näher, sind, als unser Mond der Erde, so werden sie dem Planeten größere Sicht¬ scheiben zukehren. Die Astronomen sind noch nicht im Stande gewesen, ihren Durchmesser zu messen, wenn sie aber viel größer als unser Mond sind, so muß das Firmament ein prachtvolles azurnes Gewölbe, besetzt mit mächtigen Licht¬ scheiben, mit mannigfachen Phasen und überspannt mit dem strahlenden Bogen des Planetenrings darstellen. Da der nächste dieser Monde, welcher Minas heißt, seine Umdrehung binnen zweiundzwanzig und einer halben Stunde bewirkt, so müssen seine Phasen sich von der dünnsten Sichel bis zum Halbmonde innerhalb fünf Stunden vollziehen und da seine Scheibe, (wofern sie dieselbe Größe wie unser Mond hat) zweiundeinhalbmal größer erscheinen muß, so wird man die Grenze zwischen der lichten und der dunkeln Halbkugel ganz deutlich auf dem Körper des Satelliten vorrücken sehen. Aus demselben Grunde wird die Bewegung' dieses Satelliten erkennbarer sein, als die Bewegung uns¬ rer Sterne und Planeten von ihrem Ausgange bis zu ihrem Niedergange, die durch die tägliche Umdrehung der Erde hervorgerufen wird. In Betreff der Schwerkraft auf der Oberfläche des Saturn ist die Ana¬ logie zwischen diesem Planeten und der Erde noch größer, als zwischen dieser und Jupiter. Die Dichtheit des Saturn verhält sich zur Dichtheit der Erde wie 2i> zu 100, sie ist also nur etwas mehr als viermal geringer, so daß, da die Erde ü^mal dichter als Wasser ist, die Dichtheit des Saturn l^/g die des Wassers sein wird. Ebenso kann dargethan werden, daß Uranus und Neptun ziemlich so dicht als Wasser sind und wenn wir die Schwerkraft ans den drei größern Planeten abschätzen, so finden wir, daß dieselbe auf dem Saturn ein wenig größer und auf Uranus und Neptun ein wenig geringer, als auf der Erde ist, so daß menschliche Wesen gleich uns unter der Schwer¬ kraft auf diesen Planeten keine Unbequemlichkeit empfinden, Pflanzen, Bäume und Bauwerke dieselbe Stärke und Dauer haben würden. Infolge des Umstandes, daß der Saturn sich in -10 Vz- Stunden um seine Achse dreht, sieht man Streifen und Gürtel auf seiner Oberfläche, die un-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/319>, abgerufen am 23.07.2024.