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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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Bedeutend sind auch die neuesten Veränderungen in der östreichischen Ar¬
tillerie. Wenn auch die wissenschaftliche Ausbildung der Offiziere und die
Kaltblütigkeit ihrer Soldaten von jeher einen guten Ruf behauptete, so war
doch das Material der Feldartillerie nicht besonders; die Bespannung theil¬
weise zu schwach, und vorzüglich störend der Umstand, daß die Führer der
Kanonen nicht zur Artillerie, sondern zum Fuhrwesencorps gezählt wurden. Das
alles ist jetzt anders.

Noch im vorletzten Jahre ist sie neu organisirt und hat eine ver¬
änderte Eintheilung bekommen. Sie umfaßt jetzt außer den Centralbehörden,
Stäben u. s. w. 12 Regimenter Feldartillcrie. Jedes auf dem Kriegsfuß
4 Batterien Fußartillerie mit 6-Pfündern; 3 Batterien Fußartillerie mit 12-
Pfündern; eine lange Haubitzbatterie und 6 Batterien sogenannte Cavalerie-
artillerie, bei der die Mannschaft aus sogenannten Wurstwagen gefahren wird.
Jede Batterie hat 8 Geschütze und hat eine Spfündner Fußbatteric 4 Offiziere
und 168 Combattanten mit 118 Pferden. Eine ISpfündner Fußbatterie hat
4 Offiziere, 192 Combattanten und 130 Pferde. Eine sogenannte Cavalerie-
batterie 4 Offiziere, 178 Combattanten mit 166 Pferden. Summa 48 Bat¬
terien 6-Pfünder, 36 Batterien 12-Pfünder, 12 lange Haubitzbatterien und
72 Batterien Cavaleriegeschütze. In letzterer Zeit sind 3 -- 4 Batterien, die
statt des Pulvers nur Schießbaumwolle führen, organisirt worden.

An Pferden gebraucht diese gesammte Feldartillerie, wenn sie vollständig
mobil gemacht werden soll, 27,636 Stück; an Soldaten 46,000 Mann. Das
Offiziercorps eines Feldartillerieregiments besteht aus 1 Obersten, S--6 Stabs¬
offizieren, 30--32 Hauptleuten und ungefähr 100 Ober- und Unterlieutenants.

Ferner ein Raketeurregiment, dem Etat nach 20 Batterien, jede Batterie
zu 8 Raketengestellen. -- Ein Küstenartillerieregiment, Is Compagnien, zu¬
sammen 3400 Mann; dasselbe ist zur Bedienung der Geschütze in den Küsten-
fortö und Strandbattericn am adriatischen Meer. -- Acht Bataillone Festungs¬
artillerie, das Bataillon durchschnittlich zu 1000 Mann gerechnet, wenn eS
wirklich auf vollen Krieg'ssuß gebracht wird, was übrigens bisher noch niemals
geschehen ist.

Die Gesammtstärke der östreichischen Artillerie, inclusive der technischen
Anstalten, läßt sich, wenn alles auf vollen, etatmäßigen Kriegsfuß gebracht
wird, auf ungefähr 69--70,000 Mann mit einigen 30,000 Pferden berechnen.

Will Oestreich seine volle Kriegsmacht verwenden, so wird dasselbe bei
großer Anstrengung aller seiner Kräfte immerhin mit 1 1--1200 Geschützen aller
Art seine Feldarmee ausrüsten können, ohne daß die Besatzungen der Festungen
dabei allzusehr geschwächt werden dürften.

Rußland will dem Kriegsetat nach an 1400 Geschütze, die zu ihrer
Bedienung an 43,000 Mann erfordern, in das Feld stellen können; England


Bedeutend sind auch die neuesten Veränderungen in der östreichischen Ar¬
tillerie. Wenn auch die wissenschaftliche Ausbildung der Offiziere und die
Kaltblütigkeit ihrer Soldaten von jeher einen guten Ruf behauptete, so war
doch das Material der Feldartillerie nicht besonders; die Bespannung theil¬
weise zu schwach, und vorzüglich störend der Umstand, daß die Führer der
Kanonen nicht zur Artillerie, sondern zum Fuhrwesencorps gezählt wurden. Das
alles ist jetzt anders.

Noch im vorletzten Jahre ist sie neu organisirt und hat eine ver¬
änderte Eintheilung bekommen. Sie umfaßt jetzt außer den Centralbehörden,
Stäben u. s. w. 12 Regimenter Feldartillcrie. Jedes auf dem Kriegsfuß
4 Batterien Fußartillerie mit 6-Pfündern; 3 Batterien Fußartillerie mit 12-
Pfündern; eine lange Haubitzbatterie und 6 Batterien sogenannte Cavalerie-
artillerie, bei der die Mannschaft aus sogenannten Wurstwagen gefahren wird.
Jede Batterie hat 8 Geschütze und hat eine Spfündner Fußbatteric 4 Offiziere
und 168 Combattanten mit 118 Pferden. Eine ISpfündner Fußbatterie hat
4 Offiziere, 192 Combattanten und 130 Pferde. Eine sogenannte Cavalerie-
batterie 4 Offiziere, 178 Combattanten mit 166 Pferden. Summa 48 Bat¬
terien 6-Pfünder, 36 Batterien 12-Pfünder, 12 lange Haubitzbatterien und
72 Batterien Cavaleriegeschütze. In letzterer Zeit sind 3 — 4 Batterien, die
statt des Pulvers nur Schießbaumwolle führen, organisirt worden.

An Pferden gebraucht diese gesammte Feldartillerie, wenn sie vollständig
mobil gemacht werden soll, 27,636 Stück; an Soldaten 46,000 Mann. Das
Offiziercorps eines Feldartillerieregiments besteht aus 1 Obersten, S—6 Stabs¬
offizieren, 30—32 Hauptleuten und ungefähr 100 Ober- und Unterlieutenants.

Ferner ein Raketeurregiment, dem Etat nach 20 Batterien, jede Batterie
zu 8 Raketengestellen. — Ein Küstenartillerieregiment, Is Compagnien, zu¬
sammen 3400 Mann; dasselbe ist zur Bedienung der Geschütze in den Küsten-
fortö und Strandbattericn am adriatischen Meer. — Acht Bataillone Festungs¬
artillerie, das Bataillon durchschnittlich zu 1000 Mann gerechnet, wenn eS
wirklich auf vollen Krieg'ssuß gebracht wird, was übrigens bisher noch niemals
geschehen ist.

Die Gesammtstärke der östreichischen Artillerie, inclusive der technischen
Anstalten, läßt sich, wenn alles auf vollen, etatmäßigen Kriegsfuß gebracht
wird, auf ungefähr 69—70,000 Mann mit einigen 30,000 Pferden berechnen.

Will Oestreich seine volle Kriegsmacht verwenden, so wird dasselbe bei
großer Anstrengung aller seiner Kräfte immerhin mit 1 1—1200 Geschützen aller
Art seine Feldarmee ausrüsten können, ohne daß die Besatzungen der Festungen
dabei allzusehr geschwächt werden dürften.

Rußland will dem Kriegsetat nach an 1400 Geschütze, die zu ihrer
Bedienung an 43,000 Mann erfordern, in das Feld stellen können; England


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[0237] Bedeutend sind auch die neuesten Veränderungen in der östreichischen Ar¬ tillerie. Wenn auch die wissenschaftliche Ausbildung der Offiziere und die Kaltblütigkeit ihrer Soldaten von jeher einen guten Ruf behauptete, so war doch das Material der Feldartillerie nicht besonders; die Bespannung theil¬ weise zu schwach, und vorzüglich störend der Umstand, daß die Führer der Kanonen nicht zur Artillerie, sondern zum Fuhrwesencorps gezählt wurden. Das alles ist jetzt anders. Noch im vorletzten Jahre ist sie neu organisirt und hat eine ver¬ änderte Eintheilung bekommen. Sie umfaßt jetzt außer den Centralbehörden, Stäben u. s. w. 12 Regimenter Feldartillcrie. Jedes auf dem Kriegsfuß 4 Batterien Fußartillerie mit 6-Pfündern; 3 Batterien Fußartillerie mit 12- Pfündern; eine lange Haubitzbatterie und 6 Batterien sogenannte Cavalerie- artillerie, bei der die Mannschaft aus sogenannten Wurstwagen gefahren wird. Jede Batterie hat 8 Geschütze und hat eine Spfündner Fußbatteric 4 Offiziere und 168 Combattanten mit 118 Pferden. Eine ISpfündner Fußbatterie hat 4 Offiziere, 192 Combattanten und 130 Pferde. Eine sogenannte Cavalerie- batterie 4 Offiziere, 178 Combattanten mit 166 Pferden. Summa 48 Bat¬ terien 6-Pfünder, 36 Batterien 12-Pfünder, 12 lange Haubitzbatterien und 72 Batterien Cavaleriegeschütze. In letzterer Zeit sind 3 — 4 Batterien, die statt des Pulvers nur Schießbaumwolle führen, organisirt worden. An Pferden gebraucht diese gesammte Feldartillerie, wenn sie vollständig mobil gemacht werden soll, 27,636 Stück; an Soldaten 46,000 Mann. Das Offiziercorps eines Feldartillerieregiments besteht aus 1 Obersten, S—6 Stabs¬ offizieren, 30—32 Hauptleuten und ungefähr 100 Ober- und Unterlieutenants. Ferner ein Raketeurregiment, dem Etat nach 20 Batterien, jede Batterie zu 8 Raketengestellen. — Ein Küstenartillerieregiment, Is Compagnien, zu¬ sammen 3400 Mann; dasselbe ist zur Bedienung der Geschütze in den Küsten- fortö und Strandbattericn am adriatischen Meer. — Acht Bataillone Festungs¬ artillerie, das Bataillon durchschnittlich zu 1000 Mann gerechnet, wenn eS wirklich auf vollen Krieg'ssuß gebracht wird, was übrigens bisher noch niemals geschehen ist. Die Gesammtstärke der östreichischen Artillerie, inclusive der technischen Anstalten, läßt sich, wenn alles auf vollen, etatmäßigen Kriegsfuß gebracht wird, auf ungefähr 69—70,000 Mann mit einigen 30,000 Pferden berechnen. Will Oestreich seine volle Kriegsmacht verwenden, so wird dasselbe bei großer Anstrengung aller seiner Kräfte immerhin mit 1 1—1200 Geschützen aller Art seine Feldarmee ausrüsten können, ohne daß die Besatzungen der Festungen dabei allzusehr geschwächt werden dürften. Rußland will dem Kriegsetat nach an 1400 Geschütze, die zu ihrer Bedienung an 43,000 Mann erfordern, in das Feld stellen können; England

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/237>, abgerufen am 23.07.2024.