Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.erzählen. Derjenige, welcher die Seele will schreiben lassen, thut irgendeine Frage, Seit den Fälschungen des später zum Tode verurtheilten und erzählen. Derjenige, welcher die Seele will schreiben lassen, thut irgendeine Frage, Seit den Fälschungen des später zum Tode verurtheilten und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0087" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100007"/> <p xml:id="ID_238" prev="#ID_237"> erzählen. Derjenige, welcher die Seele will schreiben lassen, thut irgendeine Frage,<lb/> ans welche sein Verstand um eine Antwort verlegen ist; er nimmt die Feder in die<lb/> Hand und legt sie auf das Papier, in der Stellung wie zum Schreiben. Nach<lb/> zwanzig oder fünfundzwanzig Minuten tritt rire Art Krampf ein und die Hand<lb/> beginnt zu schreiben. Uebung, heißt es, hälfe dabei. Das Geschriebene ist eine<lb/> directe Antwort auf die gethane Frage und zeichnet sich durch guten Satzbau aus.<lb/> Die ganze Sache scheint in die Kategorie des Tischrückens Hineinzugehören.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> </head> <p xml:id="ID_239" next="#ID_240"> Seit den Fälschungen des später zum Tode verurtheilten und<lb/> gesenkten Bankier Fauntlervy in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts und<lb/> der Flucht Steffensons, des Chefs des Bankhauses Nemiugtou, Stcffeuson u. C.,<lb/> der mit einem Deficit von 270,000 Pfd. sert. 1829 nach Amerika entwich, hat<lb/> kein Bankrott solches Aufsehen gemacht, als der neuliche des Hauses Snow<lb/> Strahan Paul u. Comp. Das Haus war nach dem der Herren Childe u. Comp.<lb/> das älteste i» London, und sein Gründer, Jeremias Snow, war einer der Gold¬<lb/> schmiede, deren Gelder Karl II. in Beschlagnahm. Schon damals waren die Haupt¬<lb/> kunden des Hauses die Mitglieder des englischen Adels, welche bei ihm ihre Gold-<lb/> und Silbersachen von Tafelgeschirren bis zu Trinkbechern und Fingerhüten herab<lb/> versetzten, wenn sie Geld brauchten. Der jetzige Chef der Firma vertauschte den<lb/> Namen Snow mit Strahan, weil er einen reichen Onkel dieses Namens beerbte.<lb/> Aber trotz des veränderten Namens blieben die alten Kunden und Strahan Paul<lb/> u. Comp. fuhren fort das angesehenste und besuchteste Bankierhaus im Westend<lb/> zu sein. Der Chef Strahan besaß ein Vermögen von mehr als 600,000 Pfd.,<lb/> der zweite Chef war Sir J.D.Paul, ein Baronet, und beide gehörten der streng¬<lb/> kirchlichen Richtung an. Daher genossen sie allgemeines Vertrauen und eine große<lb/> Anzahl Mitglieder der Aristokratie, wie Lord Palmerston, der Herzog von Devon-<lb/> shire, Lord Clanricardc, Herzog von Rutland, Lord Carnarvon und andere, außer¬<lb/> dem wegen des streng religiösen Charakters der beiden Chefs viele geistliche und re¬<lb/> ligiöse Gesellschaften wie Missionsvercine, pflegten ihre Gelder bei dem Hause nieder-<lb/> zulegen. Deun es ist in England Sitte, daß fast alle Menschen von einiger Wohl¬<lb/> habenheit alle Zahlungen, die bei ihnen eingehen, bei einem bestimmten Bankier<lb/> einzahlen lassen, der ohne Zinsen dasür zu geben die hinterlegten Summen in<lb/> seinem Geschäft verwenden kann, aber auch jeden Augenblick bereit sein muß, gegen<lb/> Checks (Anweisungen ans Sicht) für Rechnung des Deponenden Zahlungen bis zum<lb/> Belaufe des Contos zu machen. Auch vertraut man den Bankiers, um gegen<lb/> Verlust durch Diebe oder Feuer gesichert zu sein, seine Staatspapiere und bei<lb/> längeren Reisen sogar sein Silberzeug an. Von solchen Depositen waren Strahan<lb/> und Comp. große Summen anvertraut, denn obgleich in der City das Haus schon<lb/> seit längerer Zeit kein rechtes Vertrauen mehr genoß, war doch in dem weniger ge¬<lb/> schäftskundigen Westend sein Ansehen noch unerschüttert. Am vergangenen Freitag<lb/> veranlaßten die Chefs einige ihrer näheren Bekannten ihre Fonds ans dem Geschäft<lb/> zu ziehen d. h. sie benachrichtigten ihre Freunde von ihrem bevorstehenden Bankrott<lb/> und setzten sie in den Stand, aus Kosten der übrige» Gläubiger sich zu bereichern,<lb/> am Sonnabend zeigten sie dem Gericht ihre Insolvenz an und hatten noch einen Kassen¬<lb/> bestand von 2000 Psd. aufzuweisen. Die Masse beträgt 680,000 Pfd., die Vorhäute-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0087]
erzählen. Derjenige, welcher die Seele will schreiben lassen, thut irgendeine Frage,
ans welche sein Verstand um eine Antwort verlegen ist; er nimmt die Feder in die
Hand und legt sie auf das Papier, in der Stellung wie zum Schreiben. Nach
zwanzig oder fünfundzwanzig Minuten tritt rire Art Krampf ein und die Hand
beginnt zu schreiben. Uebung, heißt es, hälfe dabei. Das Geschriebene ist eine
directe Antwort auf die gethane Frage und zeichnet sich durch guten Satzbau aus.
Die ganze Sache scheint in die Kategorie des Tischrückens Hineinzugehören.
Seit den Fälschungen des später zum Tode verurtheilten und
gesenkten Bankier Fauntlervy in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts und
der Flucht Steffensons, des Chefs des Bankhauses Nemiugtou, Stcffeuson u. C.,
der mit einem Deficit von 270,000 Pfd. sert. 1829 nach Amerika entwich, hat
kein Bankrott solches Aufsehen gemacht, als der neuliche des Hauses Snow
Strahan Paul u. Comp. Das Haus war nach dem der Herren Childe u. Comp.
das älteste i» London, und sein Gründer, Jeremias Snow, war einer der Gold¬
schmiede, deren Gelder Karl II. in Beschlagnahm. Schon damals waren die Haupt¬
kunden des Hauses die Mitglieder des englischen Adels, welche bei ihm ihre Gold-
und Silbersachen von Tafelgeschirren bis zu Trinkbechern und Fingerhüten herab
versetzten, wenn sie Geld brauchten. Der jetzige Chef der Firma vertauschte den
Namen Snow mit Strahan, weil er einen reichen Onkel dieses Namens beerbte.
Aber trotz des veränderten Namens blieben die alten Kunden und Strahan Paul
u. Comp. fuhren fort das angesehenste und besuchteste Bankierhaus im Westend
zu sein. Der Chef Strahan besaß ein Vermögen von mehr als 600,000 Pfd.,
der zweite Chef war Sir J.D.Paul, ein Baronet, und beide gehörten der streng¬
kirchlichen Richtung an. Daher genossen sie allgemeines Vertrauen und eine große
Anzahl Mitglieder der Aristokratie, wie Lord Palmerston, der Herzog von Devon-
shire, Lord Clanricardc, Herzog von Rutland, Lord Carnarvon und andere, außer¬
dem wegen des streng religiösen Charakters der beiden Chefs viele geistliche und re¬
ligiöse Gesellschaften wie Missionsvercine, pflegten ihre Gelder bei dem Hause nieder-
zulegen. Deun es ist in England Sitte, daß fast alle Menschen von einiger Wohl¬
habenheit alle Zahlungen, die bei ihnen eingehen, bei einem bestimmten Bankier
einzahlen lassen, der ohne Zinsen dasür zu geben die hinterlegten Summen in
seinem Geschäft verwenden kann, aber auch jeden Augenblick bereit sein muß, gegen
Checks (Anweisungen ans Sicht) für Rechnung des Deponenden Zahlungen bis zum
Belaufe des Contos zu machen. Auch vertraut man den Bankiers, um gegen
Verlust durch Diebe oder Feuer gesichert zu sein, seine Staatspapiere und bei
längeren Reisen sogar sein Silberzeug an. Von solchen Depositen waren Strahan
und Comp. große Summen anvertraut, denn obgleich in der City das Haus schon
seit längerer Zeit kein rechtes Vertrauen mehr genoß, war doch in dem weniger ge¬
schäftskundigen Westend sein Ansehen noch unerschüttert. Am vergangenen Freitag
veranlaßten die Chefs einige ihrer näheren Bekannten ihre Fonds ans dem Geschäft
zu ziehen d. h. sie benachrichtigten ihre Freunde von ihrem bevorstehenden Bankrott
und setzten sie in den Stand, aus Kosten der übrige» Gläubiger sich zu bereichern,
am Sonnabend zeigten sie dem Gericht ihre Insolvenz an und hatten noch einen Kassen¬
bestand von 2000 Psd. aufzuweisen. Die Masse beträgt 680,000 Pfd., die Vorhäute-
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