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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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Die einfachste offene Schanze stellt eine Deckung mit rückliegenden Bankett
(respective GeschüiMnken) und vorliegendem Graben dar, welche in gerader
Linie geführt ist. Indeß kann sie nur da angewendet werden, wo keine Ge¬
fahr vorhanden ist, daß der Feind eine Stellung in ihrer Verlängerung ein¬
nehmen wird; also zur Vertheidigung von Dämmen, Hohlwegen, Desilcen
sonstiger Art u. s, w. Zweckmäßig ist unter solchen Umständen ein sogenann¬
tes Zangenwerk (Tenaille) oder eine im eingehenden Winkel gebrochene Linie,
weil durch dieselbe ein sich kreuzendes Feuer ermöglicht wird. Der Gegensatz
davon ist die Flesche (Pfeilschanze), welche aus einer nach auswärts gebrochenen
Linie besteht. Beide Werke, die Tenaille und die Flesche, repräsentiren die
möglichst einfachen Kompositionen forlificatorischer Linien, die gedacht werden
können; zugleich stellen sie den Doppelbegriff des eingehenden (Tenaille) und
des aufspringenden (Flesche) Winkels dar. In diesen beiden Winkeln liegt
ein zweifaches defensives Princip ausgesprochen. In dem eingehenden Winkel
drückt sich der Gedanke ans, daß die eine Linie die andere zu unterstützen hat,
und der taktische Erfolg in der Concentrirung der Anstrengung (Kreuzfeuer) zu
finden ist; in dem aufspringenden Winkel dagegen strebt die Vertheidigung nach
einem seitwärtigen Abschluß hin und drückt sich das Verlangen aus, einem
etwaigen Flankenstoß deS Feindes direct zu widerstehen.

Die Unterstützung, welche beim eingehenden Winkel (oder bei der Tenaille)
die eine Linie durch ihr Feuer der anderen zu Theil werden läßt, und diese
jener, nennt man ihre Flankenwirkung, oder man sagt, beide Linien flankiren
sich gegenseitig, was soviel heißt, als je eine beschießt den gegen vie andere
vorgehenden Feind von der Seite her. Wenn dieses Feuer der einen Linie
zugleich in den Graben vor der anderen dirigirt werden kann, so sagt man,
daß eine Grabenbestreichung vorhanden ist. Eine Flesche hat an und sür sich
keine Grabenbestreichung; bei einer Tenaille dagegen ist sie vorhanden,, wenn
der eingehende Winkel kleiner als 1Ä0 Grad ist; vollkommen wird sie erst bei
90 Grad. Um eine Flesche in ein sich selbst flankirendes Werk umzuwandeln,
bedarf es mithin der Hinzufügung zweier Anschlußlinien, welche mit den
Hauptseiten im günstigsten Falle eingehende Winkel von 90 Grad formiren
würden.

Feindliche Seite.



/^eso/es.
R ü ekelt.

F'le"e/es "u/, /<7ein/ce".

Denkt man sich dagegen die beiden Anschlußlinien nicht im eingehenden,
sondern im ausspringeiiden Winkel den beiden Fleschenfronten angefügt, so


Die einfachste offene Schanze stellt eine Deckung mit rückliegenden Bankett
(respective GeschüiMnken) und vorliegendem Graben dar, welche in gerader
Linie geführt ist. Indeß kann sie nur da angewendet werden, wo keine Ge¬
fahr vorhanden ist, daß der Feind eine Stellung in ihrer Verlängerung ein¬
nehmen wird; also zur Vertheidigung von Dämmen, Hohlwegen, Desilcen
sonstiger Art u. s, w. Zweckmäßig ist unter solchen Umständen ein sogenann¬
tes Zangenwerk (Tenaille) oder eine im eingehenden Winkel gebrochene Linie,
weil durch dieselbe ein sich kreuzendes Feuer ermöglicht wird. Der Gegensatz
davon ist die Flesche (Pfeilschanze), welche aus einer nach auswärts gebrochenen
Linie besteht. Beide Werke, die Tenaille und die Flesche, repräsentiren die
möglichst einfachen Kompositionen forlificatorischer Linien, die gedacht werden
können; zugleich stellen sie den Doppelbegriff des eingehenden (Tenaille) und
des aufspringenden (Flesche) Winkels dar. In diesen beiden Winkeln liegt
ein zweifaches defensives Princip ausgesprochen. In dem eingehenden Winkel
drückt sich der Gedanke ans, daß die eine Linie die andere zu unterstützen hat,
und der taktische Erfolg in der Concentrirung der Anstrengung (Kreuzfeuer) zu
finden ist; in dem aufspringenden Winkel dagegen strebt die Vertheidigung nach
einem seitwärtigen Abschluß hin und drückt sich das Verlangen aus, einem
etwaigen Flankenstoß deS Feindes direct zu widerstehen.

Die Unterstützung, welche beim eingehenden Winkel (oder bei der Tenaille)
die eine Linie durch ihr Feuer der anderen zu Theil werden läßt, und diese
jener, nennt man ihre Flankenwirkung, oder man sagt, beide Linien flankiren
sich gegenseitig, was soviel heißt, als je eine beschießt den gegen vie andere
vorgehenden Feind von der Seite her. Wenn dieses Feuer der einen Linie
zugleich in den Graben vor der anderen dirigirt werden kann, so sagt man,
daß eine Grabenbestreichung vorhanden ist. Eine Flesche hat an und sür sich
keine Grabenbestreichung; bei einer Tenaille dagegen ist sie vorhanden,, wenn
der eingehende Winkel kleiner als 1Ä0 Grad ist; vollkommen wird sie erst bei
90 Grad. Um eine Flesche in ein sich selbst flankirendes Werk umzuwandeln,
bedarf es mithin der Hinzufügung zweier Anschlußlinien, welche mit den
Hauptseiten im günstigsten Falle eingehende Winkel von 90 Grad formiren
würden.

Feindliche Seite.



/^eso/es.
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F'le«e/es »u/, /<7ein/ce».

Denkt man sich dagegen die beiden Anschlußlinien nicht im eingehenden,
sondern im ausspringeiiden Winkel den beiden Fleschenfronten angefügt, so


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[0066] Die einfachste offene Schanze stellt eine Deckung mit rückliegenden Bankett (respective GeschüiMnken) und vorliegendem Graben dar, welche in gerader Linie geführt ist. Indeß kann sie nur da angewendet werden, wo keine Ge¬ fahr vorhanden ist, daß der Feind eine Stellung in ihrer Verlängerung ein¬ nehmen wird; also zur Vertheidigung von Dämmen, Hohlwegen, Desilcen sonstiger Art u. s, w. Zweckmäßig ist unter solchen Umständen ein sogenann¬ tes Zangenwerk (Tenaille) oder eine im eingehenden Winkel gebrochene Linie, weil durch dieselbe ein sich kreuzendes Feuer ermöglicht wird. Der Gegensatz davon ist die Flesche (Pfeilschanze), welche aus einer nach auswärts gebrochenen Linie besteht. Beide Werke, die Tenaille und die Flesche, repräsentiren die möglichst einfachen Kompositionen forlificatorischer Linien, die gedacht werden können; zugleich stellen sie den Doppelbegriff des eingehenden (Tenaille) und des aufspringenden (Flesche) Winkels dar. In diesen beiden Winkeln liegt ein zweifaches defensives Princip ausgesprochen. In dem eingehenden Winkel drückt sich der Gedanke ans, daß die eine Linie die andere zu unterstützen hat, und der taktische Erfolg in der Concentrirung der Anstrengung (Kreuzfeuer) zu finden ist; in dem aufspringenden Winkel dagegen strebt die Vertheidigung nach einem seitwärtigen Abschluß hin und drückt sich das Verlangen aus, einem etwaigen Flankenstoß deS Feindes direct zu widerstehen. Die Unterstützung, welche beim eingehenden Winkel (oder bei der Tenaille) die eine Linie durch ihr Feuer der anderen zu Theil werden läßt, und diese jener, nennt man ihre Flankenwirkung, oder man sagt, beide Linien flankiren sich gegenseitig, was soviel heißt, als je eine beschießt den gegen vie andere vorgehenden Feind von der Seite her. Wenn dieses Feuer der einen Linie zugleich in den Graben vor der anderen dirigirt werden kann, so sagt man, daß eine Grabenbestreichung vorhanden ist. Eine Flesche hat an und sür sich keine Grabenbestreichung; bei einer Tenaille dagegen ist sie vorhanden,, wenn der eingehende Winkel kleiner als 1Ä0 Grad ist; vollkommen wird sie erst bei 90 Grad. Um eine Flesche in ein sich selbst flankirendes Werk umzuwandeln, bedarf es mithin der Hinzufügung zweier Anschlußlinien, welche mit den Hauptseiten im günstigsten Falle eingehende Winkel von 90 Grad formiren würden. Feindliche Seite. [Abbildung ] [Abbildung /^eso/es. R ü ekelt. ] [Abbildung F'le«e/es »u/, /<7ein/ce». ] Denkt man sich dagegen die beiden Anschlußlinien nicht im eingehenden, sondern im ausspringeiiden Winkel den beiden Fleschenfronten angefügt, so

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/66>, abgerufen am 22.07.2024.