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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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schwerer und schwerer fielen die- goldbelcidenen Tropfen in den See. Die
Chunchus kamen zurück, sie betrachteten mit Erstaunen, dann mit Schrecken
die vermehrten Arbeiten. Sie zeigten dem nie die Ufer des Sees Verlassen¬
den, wie der Berg auf allen Seiten durch seine Gänge ausgewaschen und
unterhöhlt worden sei, wie er nicht mehr die unendliche Last des Goldes zu
tragen vermöge, und wie die Regenzeit herannahe mit ihren Sturzgüssen.
Vergebens waren Worte und Rathschläge. Die Seele des Habsüchtigen war
durch das glänzende Metall in seine Augen gebannt, er sah, er hörte, er
fühlte, er dachte, er lebte nur Gold. Nur eine handbreitschmale Wasserschicht
stand über dem festen Absatz. Das wird sich diese Nacht versteinern, sagte er
zu sich, als er am Abend sein ruheloses Lager suchte, und morgen, dann bin
ich reich genug, um alle Königreiche der Erde zu kaufen. Dieselbe Nacht
zog ein furchtbares Unwetter über das Thal von Marcapata und um Mitter¬
nacht hörte man ein donnerndes Krachen, das weithin die Erde in ihren
Grundfesten erschütterte Am nächsten Morgen fanden die Chunchus meilen¬
weit die Ufer am Fuße des Camanti von den Trümmern eines ungeheuern
Bergsturzes bedeckt, und darunter liegen noch heute die Schätze Perus be-
grWn^"tu^!^) ?,'i'i6den >.'-? n',,>!>r,1ü?. .. ' -i/nu

Waren solche Erzählungen geeignet, die Hoffnungen der Abenteurer auf
das höchste zu spannen, so fehlte es dagegen andererseits nicht an solchen,
welche sehr darnach angethan waren, .eine abkühlende Wirkung auszuüben,
wie sie denn gleich am folgenden Tage im Abancaythale mit einem Spanier
zusammentrafen, der von seinen verunglückten Bergwerksoperationen in der
Montana viel zu berichten hatte. Sie trösteten sich darüber so gut sie konn¬
ten, und wurden dafür von dem Anblick der zweiten Abtheilung des Ejercito
del Sur, die ihnen begegnete, erfreut. Es war meistens Artillerie, die, Lauf
und Lafetten getrennt, auf Maulthieren über das Gebirge transportirt wurde.
Eine herrliche Aussicht bot auf dem Wege von Andachuailas nach Huanca-
rama, eine jener terrassenförmig sich austhürmenden Bauten, welche den Inkas
auf ihren Reisen als Rastplatze dienten und von dessen Höhe der Blick über
eine lachende Mannigfaltigkeit gewundener und sich durchkreuzender Thäler
schweifte, die an dem nahe gerückten Horizonte durch eine himmelhohe Wand
weißer Bergriesen begrenzt wurden.

Den Apurimac mußten die Reisenden wieder auf einer Schwebebrücke
überschreiten, die noch länger und wackliger war, als die erste. Das Thal-
des Apurimac besteht an dieser Stelle eben nur aus der schroffen Furche, die
der reißende Strom, zwischen den beiden senkrechten Felsenwänden gegraben
hat, und nachdem das Maulthier sich den steilen Zickzackweg von beträchlicher
Höhe fast senkrecht herabgewunden hat, ist man plötzlich genöthigt, dieses in
der Lust hängende Gebäude von durchaus nicht sehr Vertraue" erweckend aus-


Grmzboten. III. 18so. 65

schwerer und schwerer fielen die- goldbelcidenen Tropfen in den See. Die
Chunchus kamen zurück, sie betrachteten mit Erstaunen, dann mit Schrecken
die vermehrten Arbeiten. Sie zeigten dem nie die Ufer des Sees Verlassen¬
den, wie der Berg auf allen Seiten durch seine Gänge ausgewaschen und
unterhöhlt worden sei, wie er nicht mehr die unendliche Last des Goldes zu
tragen vermöge, und wie die Regenzeit herannahe mit ihren Sturzgüssen.
Vergebens waren Worte und Rathschläge. Die Seele des Habsüchtigen war
durch das glänzende Metall in seine Augen gebannt, er sah, er hörte, er
fühlte, er dachte, er lebte nur Gold. Nur eine handbreitschmale Wasserschicht
stand über dem festen Absatz. Das wird sich diese Nacht versteinern, sagte er
zu sich, als er am Abend sein ruheloses Lager suchte, und morgen, dann bin
ich reich genug, um alle Königreiche der Erde zu kaufen. Dieselbe Nacht
zog ein furchtbares Unwetter über das Thal von Marcapata und um Mitter¬
nacht hörte man ein donnerndes Krachen, das weithin die Erde in ihren
Grundfesten erschütterte Am nächsten Morgen fanden die Chunchus meilen¬
weit die Ufer am Fuße des Camanti von den Trümmern eines ungeheuern
Bergsturzes bedeckt, und darunter liegen noch heute die Schätze Perus be-
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Waren solche Erzählungen geeignet, die Hoffnungen der Abenteurer auf
das höchste zu spannen, so fehlte es dagegen andererseits nicht an solchen,
welche sehr darnach angethan waren, .eine abkühlende Wirkung auszuüben,
wie sie denn gleich am folgenden Tage im Abancaythale mit einem Spanier
zusammentrafen, der von seinen verunglückten Bergwerksoperationen in der
Montana viel zu berichten hatte. Sie trösteten sich darüber so gut sie konn¬
ten, und wurden dafür von dem Anblick der zweiten Abtheilung des Ejercito
del Sur, die ihnen begegnete, erfreut. Es war meistens Artillerie, die, Lauf
und Lafetten getrennt, auf Maulthieren über das Gebirge transportirt wurde.
Eine herrliche Aussicht bot auf dem Wege von Andachuailas nach Huanca-
rama, eine jener terrassenförmig sich austhürmenden Bauten, welche den Inkas
auf ihren Reisen als Rastplatze dienten und von dessen Höhe der Blick über
eine lachende Mannigfaltigkeit gewundener und sich durchkreuzender Thäler
schweifte, die an dem nahe gerückten Horizonte durch eine himmelhohe Wand
weißer Bergriesen begrenzt wurden.

Den Apurimac mußten die Reisenden wieder auf einer Schwebebrücke
überschreiten, die noch länger und wackliger war, als die erste. Das Thal-
des Apurimac besteht an dieser Stelle eben nur aus der schroffen Furche, die
der reißende Strom, zwischen den beiden senkrechten Felsenwänden gegraben
hat, und nachdem das Maulthier sich den steilen Zickzackweg von beträchlicher
Höhe fast senkrecht herabgewunden hat, ist man plötzlich genöthigt, dieses in
der Lust hängende Gebäude von durchaus nicht sehr Vertraue» erweckend aus-


Grmzboten. III. 18so. 65
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/521>, abgerufen am 22.12.2024.