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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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ist im Wesentlichen in demselben Charakter durchgeführt. Auch die Anordnung
des Werks, die Sonderling des Urkundenbuchs von der Erzählung ist die
nämliche. Der erste Band beschäftigt sich nur mit der Vorgeschichte jener
wilden Zeit der Durchführung der Reformation in Münster, aber schon treten
jene demokratischen Elemente hervor, die endlich zu einem Reich des Wahn-
sinns führten. Wir sehen der Fortsetzung des Werks mit Spannung ent¬
gegen. --


Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg von Ur. Wilhelm
Havemann. Zweiter Band. Göttingen, Dieterichsche Buchhandlung. --

Auch dieses Werk schließt sich in gewissem Sinn' den beiden vorhergehen¬
den an. Während im ersten Bande Herr Havemann versuchte, die Geschichte
der Welsen in großen allgemeinen Zügen nachzubilden, nimmt der zweite
Band, der die Periode vom Beginn der Reformation bis zum westphälischen
Frieden umfaßt, einen monographischen Charakter an. Hier war nnn die Auf¬
gabe des Verfassers bei der mangelhaften Abrundung seines Gegenstandes eine
sehr schwierige. Das Werk verdient nicht blos deshalb Lob, weil es überhaupt
geschrieben ist, weil es einen Zweig der deutschen Geschichte, der eine ausführ¬
liche Darstellung nothwendig machte, mit aller ernsten Gewissenhaftigkeit eines
deutschen Gelehrten behandelt, sondern auch wegen seiner Form. Mit großer
Geschicklichkeit hat der Verfasser aus seinen Quellen solche Züge aufgenommen,
die uns plastisch, oft mit einem gewissen Anstrich von Humor, das Leben
und die Sitten der Zeit versinnlichen; und wenn er auch durch die Natur
seines Gegenstandes gezwungen wird, den ruhigen Fortschritt seiner Hand¬
lung mehrfach zu unterbrechen, so weiß er doch das Interesse des Lesers wach
Zu erhalten, und so haben wir in diesem Buch nicht blos einen wissenschaft¬
lichen Abschluß, sondern auch eine wesentliche Bereicherung unsrer National¬
literatur. Mit dem dritten Band soll das Werk beendet sein. --


Die Gründung der Universität Göttingen. Eine Sammlung bisher un-
gedruckter Entwürfe, Berichte und Briefe von G. A. v. Münchhausen, I. L.
v. Moshcim, Alb. v. Haller, G. C. Gebauer, I. H. Böhmer und andern
Zeitgenossen zur Geschichte des deutschen wissenschaftlichen Lebens im 18. Jahr¬
hundert von Dr. Emil F. Rößlcr. Göttingen, Vandenhoeck u. Ruprecht.--

Die deutsche Literaturgeschichte beschäftigt sich in der Regel nur mit den
hervorragenden dichterischen, allenfalls philosophischen Kräften; sie hat daher
sür eine Periode, in welcher die eigentliche Fruchtbarkeit nicht groß war, etwas
Unzusammenhängendes und sporadisches. Mit dem Auftreten von Klopstock
und Lessing gewinnt sie Farbe und Leben. Das Jahrhundert dagegen, welches
Zwischen dem westphälischen Frieden und der Thronbesteigung Friedrich des


ist im Wesentlichen in demselben Charakter durchgeführt. Auch die Anordnung
des Werks, die Sonderling des Urkundenbuchs von der Erzählung ist die
nämliche. Der erste Band beschäftigt sich nur mit der Vorgeschichte jener
wilden Zeit der Durchführung der Reformation in Münster, aber schon treten
jene demokratischen Elemente hervor, die endlich zu einem Reich des Wahn-
sinns führten. Wir sehen der Fortsetzung des Werks mit Spannung ent¬
gegen. —


Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg von Ur. Wilhelm
Havemann. Zweiter Band. Göttingen, Dieterichsche Buchhandlung. —

Auch dieses Werk schließt sich in gewissem Sinn' den beiden vorhergehen¬
den an. Während im ersten Bande Herr Havemann versuchte, die Geschichte
der Welsen in großen allgemeinen Zügen nachzubilden, nimmt der zweite
Band, der die Periode vom Beginn der Reformation bis zum westphälischen
Frieden umfaßt, einen monographischen Charakter an. Hier war nnn die Auf¬
gabe des Verfassers bei der mangelhaften Abrundung seines Gegenstandes eine
sehr schwierige. Das Werk verdient nicht blos deshalb Lob, weil es überhaupt
geschrieben ist, weil es einen Zweig der deutschen Geschichte, der eine ausführ¬
liche Darstellung nothwendig machte, mit aller ernsten Gewissenhaftigkeit eines
deutschen Gelehrten behandelt, sondern auch wegen seiner Form. Mit großer
Geschicklichkeit hat der Verfasser aus seinen Quellen solche Züge aufgenommen,
die uns plastisch, oft mit einem gewissen Anstrich von Humor, das Leben
und die Sitten der Zeit versinnlichen; und wenn er auch durch die Natur
seines Gegenstandes gezwungen wird, den ruhigen Fortschritt seiner Hand¬
lung mehrfach zu unterbrechen, so weiß er doch das Interesse des Lesers wach
Zu erhalten, und so haben wir in diesem Buch nicht blos einen wissenschaft¬
lichen Abschluß, sondern auch eine wesentliche Bereicherung unsrer National¬
literatur. Mit dem dritten Band soll das Werk beendet sein. —


Die Gründung der Universität Göttingen. Eine Sammlung bisher un-
gedruckter Entwürfe, Berichte und Briefe von G. A. v. Münchhausen, I. L.
v. Moshcim, Alb. v. Haller, G. C. Gebauer, I. H. Böhmer und andern
Zeitgenossen zur Geschichte des deutschen wissenschaftlichen Lebens im 18. Jahr¬
hundert von Dr. Emil F. Rößlcr. Göttingen, Vandenhoeck u. Ruprecht.—

Die deutsche Literaturgeschichte beschäftigt sich in der Regel nur mit den
hervorragenden dichterischen, allenfalls philosophischen Kräften; sie hat daher
sür eine Periode, in welcher die eigentliche Fruchtbarkeit nicht groß war, etwas
Unzusammenhängendes und sporadisches. Mit dem Auftreten von Klopstock
und Lessing gewinnt sie Farbe und Leben. Das Jahrhundert dagegen, welches
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/463>, abgerufen am 22.12.2024.