Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Wie aus dem Vorhergehenden erhellt, liegen die Halbparallelen auf einer
Entfernung von 200--230 Schritt von dem gedeckten Wege der Festung ab,
und es wird demnach, sobald die Sappentöten sich diesem bis zur Mitte jenes
Zwischenraumes (100--Iss Schritt) genähert haben, abermals der eben be¬
sprochene Fall eintreten: nämlich, daß die Angriffsarbeiten behufs des weiteren
Vorrückens einer Vertheidigungsposition bedürfen. Man führt sie als zu¬
sammenhängende Parallele aus und nennt sie die dritte. Rohrgeschütze (Kano¬
nen und Haubitzen) finden in ihr, weil sie im Verhältniß zu dem Niveau der
feindlichen Werke niedrig, am Fuß des Glacis zu liegen pflegt, kein Schußfeld
vor sich; weshalb man sie nur mit Mörserbatterien armirt, und außerdem mit
Schützen besetzt, die von hier aus kaum ihren Mann fehlen werden.

Mit der Errichtung der dritten Parallele pflegt das artilleristische Zer¬
störungswerk vollbracht zu sein. Die Ricochetbatterien (in der ersten Parallele)
hatten die Aufgabe, zunächst die Traversen abzukämmen, die Geschütze auf den
Wällen dadurch gegen die Längenbestreichung bloszulegen, und sie hiernach
entweder zu zerstören oder zu vertreiben. Wie sich von selbst versteht, wird
dies nicht ausnahmslos gelingen. Hinter besonders starken und dem Feuer
des Angriffs mehr entlegenen Traversen werden sich stets einige Stücke er¬
halten; auch steht es im freien Belieben des Festungövertheidigers, wenn er
seine Artillerie vor dem überlegenen Feuer der Ricochetbatterien zurückgezogen,
mit derselben plötzlich wieder auf dem Wallgang zu erscheinen. Solchen Vor¬
kommnissen entgegenzuarbeiten ist die Bestimmung der Demontirbatterien.
Sie sollen von der zweiten Parallele aus den Sieg der Angriffsartillerie voll¬
enden, der von der ersten her eingeleitet worden ist. In der Regel gelingt es,
wiewol nicht immer. In Hinsicht auf Sebaftopol ist zu bemerken, daß die
Verbündeten sich auffallend wenig der Ricochetbatterien bedient haben d. h.
meistens darauf verzichteten, die feindlichen Geschütze durch Längenbestreichung
zu zerstören, und sich wesentlich darauf beschränkten, directe d. h. Demontir¬
batterien zur Zerstörung der Geschütze und Scharten von vorn her in Wirk¬
samkeit zu setzen.

Beim weiteren Vorgehen von der dritten Parallele aus gegen die Festung
kann man sich der Zickzacksappen nicht mehr bedienen, weil man die Annähe¬
rungsverlängerungen nicht länger vom gedeckten Weg fern zu halten vermögen
würde. Man greift daher zur directen Sappe, die geradewegs auf das Object
zugeführt, indeß durch Traversen gegen die Längenbestreichung gedeckt wird.
Weil sie auf beiden Flanken durch eine Reihe von Sappenkörben (Schanz¬
körben) gedeckt werden muß, die doppelte Anzahl Sappeure, eine doppelte Töte
und zwei Rollkörbe verlangt, nennt man sie auch die doppelte Sappe. Man
dringt mit ihr vor, bis man die Höhe oder Tete des Glacis erreicht hat. Hier,
im dichtesten Gegenüber des gedeckten Weges, den der Feind zwar vor dem


Wie aus dem Vorhergehenden erhellt, liegen die Halbparallelen auf einer
Entfernung von 200—230 Schritt von dem gedeckten Wege der Festung ab,
und es wird demnach, sobald die Sappentöten sich diesem bis zur Mitte jenes
Zwischenraumes (100—Iss Schritt) genähert haben, abermals der eben be¬
sprochene Fall eintreten: nämlich, daß die Angriffsarbeiten behufs des weiteren
Vorrückens einer Vertheidigungsposition bedürfen. Man führt sie als zu¬
sammenhängende Parallele aus und nennt sie die dritte. Rohrgeschütze (Kano¬
nen und Haubitzen) finden in ihr, weil sie im Verhältniß zu dem Niveau der
feindlichen Werke niedrig, am Fuß des Glacis zu liegen pflegt, kein Schußfeld
vor sich; weshalb man sie nur mit Mörserbatterien armirt, und außerdem mit
Schützen besetzt, die von hier aus kaum ihren Mann fehlen werden.

Mit der Errichtung der dritten Parallele pflegt das artilleristische Zer¬
störungswerk vollbracht zu sein. Die Ricochetbatterien (in der ersten Parallele)
hatten die Aufgabe, zunächst die Traversen abzukämmen, die Geschütze auf den
Wällen dadurch gegen die Längenbestreichung bloszulegen, und sie hiernach
entweder zu zerstören oder zu vertreiben. Wie sich von selbst versteht, wird
dies nicht ausnahmslos gelingen. Hinter besonders starken und dem Feuer
des Angriffs mehr entlegenen Traversen werden sich stets einige Stücke er¬
halten; auch steht es im freien Belieben des Festungövertheidigers, wenn er
seine Artillerie vor dem überlegenen Feuer der Ricochetbatterien zurückgezogen,
mit derselben plötzlich wieder auf dem Wallgang zu erscheinen. Solchen Vor¬
kommnissen entgegenzuarbeiten ist die Bestimmung der Demontirbatterien.
Sie sollen von der zweiten Parallele aus den Sieg der Angriffsartillerie voll¬
enden, der von der ersten her eingeleitet worden ist. In der Regel gelingt es,
wiewol nicht immer. In Hinsicht auf Sebaftopol ist zu bemerken, daß die
Verbündeten sich auffallend wenig der Ricochetbatterien bedient haben d. h.
meistens darauf verzichteten, die feindlichen Geschütze durch Längenbestreichung
zu zerstören, und sich wesentlich darauf beschränkten, directe d. h. Demontir¬
batterien zur Zerstörung der Geschütze und Scharten von vorn her in Wirk¬
samkeit zu setzen.

Beim weiteren Vorgehen von der dritten Parallele aus gegen die Festung
kann man sich der Zickzacksappen nicht mehr bedienen, weil man die Annähe¬
rungsverlängerungen nicht länger vom gedeckten Weg fern zu halten vermögen
würde. Man greift daher zur directen Sappe, die geradewegs auf das Object
zugeführt, indeß durch Traversen gegen die Längenbestreichung gedeckt wird.
Weil sie auf beiden Flanken durch eine Reihe von Sappenkörben (Schanz¬
körben) gedeckt werden muß, die doppelte Anzahl Sappeure, eine doppelte Töte
und zwei Rollkörbe verlangt, nennt man sie auch die doppelte Sappe. Man
dringt mit ihr vor, bis man die Höhe oder Tete des Glacis erreicht hat. Hier,
im dichtesten Gegenüber des gedeckten Weges, den der Feind zwar vor dem


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0357" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100277"/>
            <p xml:id="ID_1042"> Wie aus dem Vorhergehenden erhellt, liegen die Halbparallelen auf einer<lb/>
Entfernung von 200&#x2014;230 Schritt von dem gedeckten Wege der Festung ab,<lb/>
und es wird demnach, sobald die Sappentöten sich diesem bis zur Mitte jenes<lb/>
Zwischenraumes (100&#x2014;Iss Schritt) genähert haben, abermals der eben be¬<lb/>
sprochene Fall eintreten: nämlich, daß die Angriffsarbeiten behufs des weiteren<lb/>
Vorrückens einer Vertheidigungsposition bedürfen. Man führt sie als zu¬<lb/>
sammenhängende Parallele aus und nennt sie die dritte. Rohrgeschütze (Kano¬<lb/>
nen und Haubitzen) finden in ihr, weil sie im Verhältniß zu dem Niveau der<lb/>
feindlichen Werke niedrig, am Fuß des Glacis zu liegen pflegt, kein Schußfeld<lb/>
vor sich; weshalb man sie nur mit Mörserbatterien armirt, und außerdem mit<lb/>
Schützen besetzt, die von hier aus kaum ihren Mann fehlen werden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1043"> Mit der Errichtung der dritten Parallele pflegt das artilleristische Zer¬<lb/>
störungswerk vollbracht zu sein. Die Ricochetbatterien (in der ersten Parallele)<lb/>
hatten die Aufgabe, zunächst die Traversen abzukämmen, die Geschütze auf den<lb/>
Wällen dadurch gegen die Längenbestreichung bloszulegen, und sie hiernach<lb/>
entweder zu zerstören oder zu vertreiben. Wie sich von selbst versteht, wird<lb/>
dies nicht ausnahmslos gelingen. Hinter besonders starken und dem Feuer<lb/>
des Angriffs mehr entlegenen Traversen werden sich stets einige Stücke er¬<lb/>
halten; auch steht es im freien Belieben des Festungövertheidigers, wenn er<lb/>
seine Artillerie vor dem überlegenen Feuer der Ricochetbatterien zurückgezogen,<lb/>
mit derselben plötzlich wieder auf dem Wallgang zu erscheinen. Solchen Vor¬<lb/>
kommnissen entgegenzuarbeiten ist die Bestimmung der Demontirbatterien.<lb/>
Sie sollen von der zweiten Parallele aus den Sieg der Angriffsartillerie voll¬<lb/>
enden, der von der ersten her eingeleitet worden ist. In der Regel gelingt es,<lb/>
wiewol nicht immer. In Hinsicht auf Sebaftopol ist zu bemerken, daß die<lb/>
Verbündeten sich auffallend wenig der Ricochetbatterien bedient haben d. h.<lb/>
meistens darauf verzichteten, die feindlichen Geschütze durch Längenbestreichung<lb/>
zu zerstören, und sich wesentlich darauf beschränkten, directe d. h. Demontir¬<lb/>
batterien zur Zerstörung der Geschütze und Scharten von vorn her in Wirk¬<lb/>
samkeit zu setzen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1044" next="#ID_1045"> Beim weiteren Vorgehen von der dritten Parallele aus gegen die Festung<lb/>
kann man sich der Zickzacksappen nicht mehr bedienen, weil man die Annähe¬<lb/>
rungsverlängerungen nicht länger vom gedeckten Weg fern zu halten vermögen<lb/>
würde. Man greift daher zur directen Sappe, die geradewegs auf das Object<lb/>
zugeführt, indeß durch Traversen gegen die Längenbestreichung gedeckt wird.<lb/>
Weil sie auf beiden Flanken durch eine Reihe von Sappenkörben (Schanz¬<lb/>
körben) gedeckt werden muß, die doppelte Anzahl Sappeure, eine doppelte Töte<lb/>
und zwei Rollkörbe verlangt, nennt man sie auch die doppelte Sappe. Man<lb/>
dringt mit ihr vor, bis man die Höhe oder Tete des Glacis erreicht hat. Hier,<lb/>
im dichtesten Gegenüber des gedeckten Weges, den der Feind zwar vor dem</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0357] Wie aus dem Vorhergehenden erhellt, liegen die Halbparallelen auf einer Entfernung von 200—230 Schritt von dem gedeckten Wege der Festung ab, und es wird demnach, sobald die Sappentöten sich diesem bis zur Mitte jenes Zwischenraumes (100—Iss Schritt) genähert haben, abermals der eben be¬ sprochene Fall eintreten: nämlich, daß die Angriffsarbeiten behufs des weiteren Vorrückens einer Vertheidigungsposition bedürfen. Man führt sie als zu¬ sammenhängende Parallele aus und nennt sie die dritte. Rohrgeschütze (Kano¬ nen und Haubitzen) finden in ihr, weil sie im Verhältniß zu dem Niveau der feindlichen Werke niedrig, am Fuß des Glacis zu liegen pflegt, kein Schußfeld vor sich; weshalb man sie nur mit Mörserbatterien armirt, und außerdem mit Schützen besetzt, die von hier aus kaum ihren Mann fehlen werden. Mit der Errichtung der dritten Parallele pflegt das artilleristische Zer¬ störungswerk vollbracht zu sein. Die Ricochetbatterien (in der ersten Parallele) hatten die Aufgabe, zunächst die Traversen abzukämmen, die Geschütze auf den Wällen dadurch gegen die Längenbestreichung bloszulegen, und sie hiernach entweder zu zerstören oder zu vertreiben. Wie sich von selbst versteht, wird dies nicht ausnahmslos gelingen. Hinter besonders starken und dem Feuer des Angriffs mehr entlegenen Traversen werden sich stets einige Stücke er¬ halten; auch steht es im freien Belieben des Festungövertheidigers, wenn er seine Artillerie vor dem überlegenen Feuer der Ricochetbatterien zurückgezogen, mit derselben plötzlich wieder auf dem Wallgang zu erscheinen. Solchen Vor¬ kommnissen entgegenzuarbeiten ist die Bestimmung der Demontirbatterien. Sie sollen von der zweiten Parallele aus den Sieg der Angriffsartillerie voll¬ enden, der von der ersten her eingeleitet worden ist. In der Regel gelingt es, wiewol nicht immer. In Hinsicht auf Sebaftopol ist zu bemerken, daß die Verbündeten sich auffallend wenig der Ricochetbatterien bedient haben d. h. meistens darauf verzichteten, die feindlichen Geschütze durch Längenbestreichung zu zerstören, und sich wesentlich darauf beschränkten, directe d. h. Demontir¬ batterien zur Zerstörung der Geschütze und Scharten von vorn her in Wirk¬ samkeit zu setzen. Beim weiteren Vorgehen von der dritten Parallele aus gegen die Festung kann man sich der Zickzacksappen nicht mehr bedienen, weil man die Annähe¬ rungsverlängerungen nicht länger vom gedeckten Weg fern zu halten vermögen würde. Man greift daher zur directen Sappe, die geradewegs auf das Object zugeführt, indeß durch Traversen gegen die Längenbestreichung gedeckt wird. Weil sie auf beiden Flanken durch eine Reihe von Sappenkörben (Schanz¬ körben) gedeckt werden muß, die doppelte Anzahl Sappeure, eine doppelte Töte und zwei Rollkörbe verlangt, nennt man sie auch die doppelte Sappe. Man dringt mit ihr vor, bis man die Höhe oder Tete des Glacis erreicht hat. Hier, im dichtesten Gegenüber des gedeckten Weges, den der Feind zwar vor dem

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/357
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/357>, abgerufen am 23.12.2024.