Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.konnten den Wagen nicht von der Stelle bringen; nach und nach wurden 30 So sehen wir, wie der Krieg langsam aber sicher die nothwendigsten Lebens¬ Vom modernen Festungsbau und Belagernngskrieg. 'A^'I,, 'Ich komme schließlich zur Besprechung der Operationen des eigentlichen Die erste Maßregel, welche der gegen eine Festung zu führende förmliche 37*
konnten den Wagen nicht von der Stelle bringen; nach und nach wurden 30 So sehen wir, wie der Krieg langsam aber sicher die nothwendigsten Lebens¬ Vom modernen Festungsbau und Belagernngskrieg. 'A^'I,, 'Ich komme schließlich zur Besprechung der Operationen des eigentlichen Die erste Maßregel, welche der gegen eine Festung zu führende förmliche 37*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0299" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100219"/> <p xml:id="ID_872" prev="#ID_871"> konnten den Wagen nicht von der Stelle bringen; nach und nach wurden 30<lb/> vorgespannt, aber auch diese vergeudeten ihre Kraft vergebens. Endlich legte<lb/> man Ochsen vor und diese setzten den Wagen in Bewegung und auf diese<lb/> Weise verfolgten sie ihre Reise nach der Krim, um dort die Sterbenden und<lb/> Verwundeten zu pflegen, im langsamen Gehschritt, weniger als eine Stunde<lb/> Weges in jeder Stunde Zeit! Und dies war ein Fall dringendster Eile.<lb/> Wäre es unter solchen Verhältnissen nicht besser und klüger von Nußland,<lb/> wenn es, anstatt seine Kräfte in Eroberungskriegen zu vergeuden, sie zu ma¬<lb/> teriellen Verbesserungen im Innern des Landes benutzte?</p><lb/> <p xml:id="ID_873"> So sehen wir, wie der Krieg langsam aber sicher die nothwendigsten Lebens¬<lb/> säfte des russischen Reiches aufsaugt, den Wohlstand des Landes vernichtet,<lb/> die Bevölkerung decimirt und einen Zustand stiller Abzehrung vorbereitet, der<lb/> ihm den Frieden nothwendig macht. Auch hier wird wieder die Zukunft die<lb/> Wahrheit des Erfahrungssatzes zeigen, daß Rußland keinen langen Krieg füh¬<lb/> ren kann.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Vom modernen Festungsbau und Belagernngskrieg.</head><lb/> <div n="2"> <head> 'A^'I,,</head><lb/> <p xml:id="ID_874"> 'Ich komme schließlich zur Besprechung der Operationen des eigentlichen<lb/> Belagerungskrieges oder zum gedeckten, förmlichen Angriff. Früher wurde be¬<lb/> reits erörtert, wie demselben die Einschließung des Platzes oder mindestens<lb/> doch die Besetzung der Hauptverbindungslinien, mittelst welcher derselbe nach<lb/> außen hin verkehrt, vorangehen müsse; denn allein diese Maßregel vermag, wie<lb/> gesagt, den Belagerer in die vortheilhafte Lage zu versetzen, Kräfte und Mittel<lb/> zu bekämpfen, die sich nicht nur nicht zu vermehren im Stande sind, sondern<lb/> im Gegentheil mit jedem Tage an Umfang wie an Fähigkeit zum Widerstande<lb/> nothwendig abnehmen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_875" next="#ID_876"> Die erste Maßregel, welche der gegen eine Festung zu führende förmliche<lb/> Angriff erheischt, ist mithin die Absendung eines ihrem Umfange, der Stärke<lb/> ihrer Besatzung und den Terrainverhältnissen entsprechenden Einschließungscorps.<lb/> Die Größe desselben ist von Theoretikern in verschiedener Weise, theils auf<lb/> Grundlage der Abmessungen des Platzes, theils im Verhältniß zu dessen<lb/> Garnison berechnet worden. Von solchen Gesichtspunkten ausgehend ist man<lb/> zu dem Resultat gekommen, daß dem Belagerungsheer die vier- bis sechsfache<lb/> Stärke des einzuschließenden Feindes gegeben werden müsse, wogegen wir in<lb/> der Praxis den Angreifer im Festungskriege selten mehr wie doppelt der Ver¬<lb/> theidigung überlegen finden. In Hinsicht auf das Masfenverhältniß versteht</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 37*</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0299]
konnten den Wagen nicht von der Stelle bringen; nach und nach wurden 30
vorgespannt, aber auch diese vergeudeten ihre Kraft vergebens. Endlich legte
man Ochsen vor und diese setzten den Wagen in Bewegung und auf diese
Weise verfolgten sie ihre Reise nach der Krim, um dort die Sterbenden und
Verwundeten zu pflegen, im langsamen Gehschritt, weniger als eine Stunde
Weges in jeder Stunde Zeit! Und dies war ein Fall dringendster Eile.
Wäre es unter solchen Verhältnissen nicht besser und klüger von Nußland,
wenn es, anstatt seine Kräfte in Eroberungskriegen zu vergeuden, sie zu ma¬
teriellen Verbesserungen im Innern des Landes benutzte?
So sehen wir, wie der Krieg langsam aber sicher die nothwendigsten Lebens¬
säfte des russischen Reiches aufsaugt, den Wohlstand des Landes vernichtet,
die Bevölkerung decimirt und einen Zustand stiller Abzehrung vorbereitet, der
ihm den Frieden nothwendig macht. Auch hier wird wieder die Zukunft die
Wahrheit des Erfahrungssatzes zeigen, daß Rußland keinen langen Krieg füh¬
ren kann.
Vom modernen Festungsbau und Belagernngskrieg.
'A^'I,,
'Ich komme schließlich zur Besprechung der Operationen des eigentlichen
Belagerungskrieges oder zum gedeckten, förmlichen Angriff. Früher wurde be¬
reits erörtert, wie demselben die Einschließung des Platzes oder mindestens
doch die Besetzung der Hauptverbindungslinien, mittelst welcher derselbe nach
außen hin verkehrt, vorangehen müsse; denn allein diese Maßregel vermag, wie
gesagt, den Belagerer in die vortheilhafte Lage zu versetzen, Kräfte und Mittel
zu bekämpfen, die sich nicht nur nicht zu vermehren im Stande sind, sondern
im Gegentheil mit jedem Tage an Umfang wie an Fähigkeit zum Widerstande
nothwendig abnehmen werden.
Die erste Maßregel, welche der gegen eine Festung zu führende förmliche
Angriff erheischt, ist mithin die Absendung eines ihrem Umfange, der Stärke
ihrer Besatzung und den Terrainverhältnissen entsprechenden Einschließungscorps.
Die Größe desselben ist von Theoretikern in verschiedener Weise, theils auf
Grundlage der Abmessungen des Platzes, theils im Verhältniß zu dessen
Garnison berechnet worden. Von solchen Gesichtspunkten ausgehend ist man
zu dem Resultat gekommen, daß dem Belagerungsheer die vier- bis sechsfache
Stärke des einzuschließenden Feindes gegeben werden müsse, wogegen wir in
der Praxis den Angreifer im Festungskriege selten mehr wie doppelt der Ver¬
theidigung überlegen finden. In Hinsicht auf das Masfenverhältniß versteht
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