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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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zu entfalten vermag. Seine Stärke ist sozusagen nur frontaler Natur.
Nachdem eine einzige Hauptfronte durchbrochen worden, hört sein Widerstand
auf, weil damit alle anderen Hauptfronten sofort in den Rücken genommen
sind. Hierzu kommt noch folgendes hinzu. Das Ravelin entspricht offenbar
nur dann seinem Hauptzweck, welcher kein anderer ist, als die Courtine zu
decken, und sein Graben kann nur dann wirksam von rückwärts her bestrichen
werden, wenn die Verlängerungen seiner Facen in die Bastionsfacen einschnei-
den. Unter solchen Umständen aber ist die Courtine von jeder Action nach
außen hin mittelst ihres Feuers ausgeschlossen, weil das vorgelegene Werk
(Ravelin) sie verdeckt. Auf das Cvmmandement der ersteren Linie über das
Navelin ist in dieser Hinsicht nur wenig zu geben, weil seine normale Höhe
von einigen Fußen zwar den directen Schuß von der Courtine aus an sich,
aber, wenn das Vorwerk besetzt ist, nicht das gleichzeitige Feuern gestattet.
Die Courtine wird daher selten zum Schlagen kommen und ist um deswillen
in gewisser Hinsicht unnütz. Gleichzeitig aber ist das Navelin, welches die
Wirksamkeit der rückgelegenen Linie nach außen hin behindert, in seiner eignen
beschränkt, weil es jenseits des Grabens gelegen ist, mithin mit allen Mängeln
des Zusammenhanges und der Versorgung zu kämpfen hat, welche eine solche
Lage erzeugt. Hieraus folgt einfach, daß, weil vermöge dieses Uebelstandes
das Ravelin nicht zu einer energischen und ausdauernden Vertheidigung be¬
fähigt ist, die Cvurtine aber kein breites Schußfeld und mithin keinen Wir¬
kungsbereich vor sich hat, die Defensive ihren eigentlichen Knotenpunkt im
Bastion besitzt. Dieses wird umsomehr jedem einleuchten, welcher den Um¬
stand beachtet, daß je zwei benachbarte Bastionen durch das Feuer ihrer Flan¬
ken die einander zugewendeten Hauptlinien (Facen) wechselweise zu bestreichen
vermögen; daß die Cvurtine, welche sie verbindet, den wesentlich activen Schutz
durch sie erhält, und letztlich der Graben und das Vorterrain des Ravelins
von ihren Facen flcmkirt werden. Kein anderes Werk im System spielt eine
ähnliche Rolle. Wäre daher das Bastion thatsächlich eines seinen wichtigen
Functionen entsprechenden Widerstandes fähig, so würde, weil auf jenem die
Sicherheit aller anderen Theile der Fronte beruht, diese selbst dadurch an
Stärke gewinnen. An einer wirksamen Erfüllung seiner durch die Lage ihm
zugeschriebenen Obliegenheiten wird das Bastion durch die Kürze seiner Linien
verhindert. Im Besonderen unzureichend ist die Länge der Flanken, weshalb
schon früh die Nothwendigkeit sich geltend machte, hier ein Etagenseuer zu
arrangiren. Aber auch die Facen sind von unzureichender Abmessung, zumal
wenn man erwägt, daß sie wegen der Maskirung der Courtine durch das
Ravelin im engeren Sinne die frontale active Vertheidigung allein auf sich zu
nehmen haben. Niemand, welcher daS Vorhergehende richtig aufgefaßt hat,
wird hier den Einwand erheben: man könne diesen Uebelständen abhelfen, in-


zu entfalten vermag. Seine Stärke ist sozusagen nur frontaler Natur.
Nachdem eine einzige Hauptfronte durchbrochen worden, hört sein Widerstand
auf, weil damit alle anderen Hauptfronten sofort in den Rücken genommen
sind. Hierzu kommt noch folgendes hinzu. Das Ravelin entspricht offenbar
nur dann seinem Hauptzweck, welcher kein anderer ist, als die Courtine zu
decken, und sein Graben kann nur dann wirksam von rückwärts her bestrichen
werden, wenn die Verlängerungen seiner Facen in die Bastionsfacen einschnei-
den. Unter solchen Umständen aber ist die Courtine von jeder Action nach
außen hin mittelst ihres Feuers ausgeschlossen, weil das vorgelegene Werk
(Ravelin) sie verdeckt. Auf das Cvmmandement der ersteren Linie über das
Navelin ist in dieser Hinsicht nur wenig zu geben, weil seine normale Höhe
von einigen Fußen zwar den directen Schuß von der Courtine aus an sich,
aber, wenn das Vorwerk besetzt ist, nicht das gleichzeitige Feuern gestattet.
Die Courtine wird daher selten zum Schlagen kommen und ist um deswillen
in gewisser Hinsicht unnütz. Gleichzeitig aber ist das Navelin, welches die
Wirksamkeit der rückgelegenen Linie nach außen hin behindert, in seiner eignen
beschränkt, weil es jenseits des Grabens gelegen ist, mithin mit allen Mängeln
des Zusammenhanges und der Versorgung zu kämpfen hat, welche eine solche
Lage erzeugt. Hieraus folgt einfach, daß, weil vermöge dieses Uebelstandes
das Ravelin nicht zu einer energischen und ausdauernden Vertheidigung be¬
fähigt ist, die Cvurtine aber kein breites Schußfeld und mithin keinen Wir¬
kungsbereich vor sich hat, die Defensive ihren eigentlichen Knotenpunkt im
Bastion besitzt. Dieses wird umsomehr jedem einleuchten, welcher den Um¬
stand beachtet, daß je zwei benachbarte Bastionen durch das Feuer ihrer Flan¬
ken die einander zugewendeten Hauptlinien (Facen) wechselweise zu bestreichen
vermögen; daß die Cvurtine, welche sie verbindet, den wesentlich activen Schutz
durch sie erhält, und letztlich der Graben und das Vorterrain des Ravelins
von ihren Facen flcmkirt werden. Kein anderes Werk im System spielt eine
ähnliche Rolle. Wäre daher das Bastion thatsächlich eines seinen wichtigen
Functionen entsprechenden Widerstandes fähig, so würde, weil auf jenem die
Sicherheit aller anderen Theile der Fronte beruht, diese selbst dadurch an
Stärke gewinnen. An einer wirksamen Erfüllung seiner durch die Lage ihm
zugeschriebenen Obliegenheiten wird das Bastion durch die Kürze seiner Linien
verhindert. Im Besonderen unzureichend ist die Länge der Flanken, weshalb
schon früh die Nothwendigkeit sich geltend machte, hier ein Etagenseuer zu
arrangiren. Aber auch die Facen sind von unzureichender Abmessung, zumal
wenn man erwägt, daß sie wegen der Maskirung der Courtine durch das
Ravelin im engeren Sinne die frontale active Vertheidigung allein auf sich zu
nehmen haben. Niemand, welcher daS Vorhergehende richtig aufgefaßt hat,
wird hier den Einwand erheben: man könne diesen Uebelständen abhelfen, in-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/112>, abgerufen am 22.07.2024.