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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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wird sein zweites großes Heiligthum und darin der Thron stehen, von dem
er die westliche Erdhälfte regiert. Dort wird sie der Messias von Zeit zu Zeit
mit persönlichen Besuchen erfreuen, und mit ihm werden alle die auserweckten
Heiligen des Alterthums kommen. "Der verachtete Sohn des Waldes, der
seither in Kummer und Elend die Wüste durchwanderte, wird dann seine Maske
fallen lassen und mit männlicher Würde den Heiden, die ihn verkauft haben,
zurufen: Ich bin Joseph, lebt mein Vater noch? Er wird dann geweiht und
gewaschen und mit heiligem Oele gesalbt und in.feine Linnen, nämlich in die
schonen Kleider der Priesterschaft nach der Ordnung des Sohnes Gottes
gehüllt werden. Herabsenken wird sich aus ihn der Geist' des Herrn, gleich
dem Thau, der aufs Gebirge Hermon fällt und gleich erfrischenden Regen¬
güssen , die auf die Blumen des Paradieses strömen, und wiedererhalten wird
der Enterbte das ihm einst verheißene Theil. Die Stadt Zion aber mit
ihrem Tempel und ihrem Priesterthum wird wie eine Standarte sein, deren
Aufrichtung allen Spaltungen und Sekten, Parteien und Genossenschaften
religiöser und politischer Art ein Ende machen und alle Republiken, König¬
reiche, Provinzen, Völker, Stämme und Sprachen Nord- und Südamerikas
zu einem großen Bunde umschaffen wird."

Entsprechend dieser Vereinigung der Menschen wird auch eine Vereinigung
der bisher getrennten Erdtheile stattfinden. Das Meer wird verschwinden und
alle Inseln und Continente werden "bvuwk", d. h. aus Neuägyptisch, verhei-
rathet werden, so daß von dem östlichen nach dem westlichen Jerusalem die
große Heerstraße erbaut werden kann, welche "der Löwe nicht betreten und
des. Adlers Auge nicht gesehen hat.

Und am Ende des tausendjährigen Reichs "wird denen, welche nicht auf¬
richtigen Herzens und nicht gehorsam gegen die Herrschaft des Herrn gewesen
sind (den bösen Geistern nämlich) gestattet werden, eine kurze Zeit ihren auf¬
rührerischen Geist unter der Anführung ihres Feldhauptmanns Satan, des großen
Drachen, zu zeigen, zuletzt aber werden sie in einer großen Schlacht besiegt
und hinausgeworfen werden aus dem Reiche der Gerechten." Die Erde aber,
welche von den Mormonen als belebtes Wesen angesehen wird, "wird, durch
Feuer geläutert und zu himmlischer Schöne umgebildet, eine Wohnung werden
derer, so demüthig und reinen Herzens sind."

Damit haben wir unsre Darstellung der Dogmatik des Mormonenthums
vollendet. Wer Neigung fühlt, dieses Durcheinander von wahnwitzigen
Phantasien und gemißbrauchten Brocken echter Religionen näher kennen zu
lernen, der möge sich aus der soeben in Leipzig (bei C. B. Lorck) erschienenen
kleinen Schrift: "die Mormonen, ihr Prophet, ihr Staat und ihr
Glaube, von I>r. M. Busch" darüber unterrichten. Dieselbe, zum Theil aus
eignen Erfahrungen, zum Theil auf dem Studium der Originalschriften be-


wird sein zweites großes Heiligthum und darin der Thron stehen, von dem
er die westliche Erdhälfte regiert. Dort wird sie der Messias von Zeit zu Zeit
mit persönlichen Besuchen erfreuen, und mit ihm werden alle die auserweckten
Heiligen des Alterthums kommen. „Der verachtete Sohn des Waldes, der
seither in Kummer und Elend die Wüste durchwanderte, wird dann seine Maske
fallen lassen und mit männlicher Würde den Heiden, die ihn verkauft haben,
zurufen: Ich bin Joseph, lebt mein Vater noch? Er wird dann geweiht und
gewaschen und mit heiligem Oele gesalbt und in.feine Linnen, nämlich in die
schonen Kleider der Priesterschaft nach der Ordnung des Sohnes Gottes
gehüllt werden. Herabsenken wird sich aus ihn der Geist' des Herrn, gleich
dem Thau, der aufs Gebirge Hermon fällt und gleich erfrischenden Regen¬
güssen , die auf die Blumen des Paradieses strömen, und wiedererhalten wird
der Enterbte das ihm einst verheißene Theil. Die Stadt Zion aber mit
ihrem Tempel und ihrem Priesterthum wird wie eine Standarte sein, deren
Aufrichtung allen Spaltungen und Sekten, Parteien und Genossenschaften
religiöser und politischer Art ein Ende machen und alle Republiken, König¬
reiche, Provinzen, Völker, Stämme und Sprachen Nord- und Südamerikas
zu einem großen Bunde umschaffen wird."

Entsprechend dieser Vereinigung der Menschen wird auch eine Vereinigung
der bisher getrennten Erdtheile stattfinden. Das Meer wird verschwinden und
alle Inseln und Continente werden „bvuwk", d. h. aus Neuägyptisch, verhei-
rathet werden, so daß von dem östlichen nach dem westlichen Jerusalem die
große Heerstraße erbaut werden kann, welche „der Löwe nicht betreten und
des. Adlers Auge nicht gesehen hat.

Und am Ende des tausendjährigen Reichs „wird denen, welche nicht auf¬
richtigen Herzens und nicht gehorsam gegen die Herrschaft des Herrn gewesen
sind (den bösen Geistern nämlich) gestattet werden, eine kurze Zeit ihren auf¬
rührerischen Geist unter der Anführung ihres Feldhauptmanns Satan, des großen
Drachen, zu zeigen, zuletzt aber werden sie in einer großen Schlacht besiegt
und hinausgeworfen werden aus dem Reiche der Gerechten." Die Erde aber,
welche von den Mormonen als belebtes Wesen angesehen wird, „wird, durch
Feuer geläutert und zu himmlischer Schöne umgebildet, eine Wohnung werden
derer, so demüthig und reinen Herzens sind."

Damit haben wir unsre Darstellung der Dogmatik des Mormonenthums
vollendet. Wer Neigung fühlt, dieses Durcheinander von wahnwitzigen
Phantasien und gemißbrauchten Brocken echter Religionen näher kennen zu
lernen, der möge sich aus der soeben in Leipzig (bei C. B. Lorck) erschienenen
kleinen Schrift: „die Mormonen, ihr Prophet, ihr Staat und ihr
Glaube, von I>r. M. Busch" darüber unterrichten. Dieselbe, zum Theil aus
eignen Erfahrungen, zum Theil auf dem Studium der Originalschriften be-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/96>, abgerufen am 01.10.2024.