Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.der Kirche. Jedes Mitglied hat hier das Recht, seine Meinung auszusprechen Als eigentlicher Zweck aller Heilsmittel und aller Anforderungen der Kirche Und während das tausendjährige Reich Christi im Osten aufgerichtet wird, der Kirche. Jedes Mitglied hat hier das Recht, seine Meinung auszusprechen Als eigentlicher Zweck aller Heilsmittel und aller Anforderungen der Kirche Und während das tausendjährige Reich Christi im Osten aufgerichtet wird, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0095" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99481"/> <p xml:id="ID_303" prev="#ID_302"> der Kirche. Jedes Mitglied hat hier das Recht, seine Meinung auszusprechen<lb/> und zu vertheidigen. Der Präsident saßt dann das Vorgebrachte in ein Ne-<lb/> sumv zusammen und gibt die Entscheidung, der alle sich zu unterwerfen haben,<lb/> „wie wenn Gott gesprochen hätte." Dieses Concil dient dem Präsidenten als<lb/> Auge, Ohr und Hand. Die Mitglieder agiren als Spione in allen Angelegen¬<lb/> heiten. Sie beobachten ti'e Arbeiten des Feldes wie der Schule, der Werkstatt<lb/> wie des Kaufladens. Sie dringen selbst in das Heiligthum der Familie.<lb/> Wird in irgendeinem gesellschaftlichen Cirkel eine Neuerung, ein Zweifel, ein<lb/> Tadel, ein Plan gegen den Willen des Kirchenhauptes laut, so gelangt es<lb/> sicher binnen wenigen Tagen zu den Ohren Voungö, und sofort werden die<lb/> geeigneten Maßregeln zur Unterdrückung getroffen und ausgeführt, noch<lb/> ehe der Betreffende gewahr geworden ist, daß man in der obern Sphäre<lb/> davon weiß.</p><lb/> <p xml:id="ID_304"> Als eigentlicher Zweck aller Heilsmittel und aller Anforderungen der Kirche<lb/> wird die Vorbereitung auf das tausendjährige Reich Christi auf Erden genannt.<lb/> Die erste und heiligste Pflicht aller Heiligen vom jüngsten Tage ist in dieser<lb/> Beziehung die Auswanderung nach Deseret. Ist diese vollendet und das<lb/> Evangelium allen Völkern und Zungen gepredigt, so hebt eine Zeit großer<lb/> Wunder an. Die Verlornen zehn Stämme Israels, welche jetzt auf einer noch<lb/> unentdeckten Insel, oder, wie andre wollen, in einem geheimnißvollen Lande<lb/> jenseits des Polareises wohnen, werden gleich den Zerstreuter Judas nach<lb/> Jerusalem zurückkehren und dort den Tempel wieder aufbauen. Dann wird<lb/> die ganze Welt, soweit sie nicht zu den Gläubigen gehört, sich wider sie er¬<lb/> heben, mit Heeresmacht gegen sie heranziehen und die heilige Stadt belagern.<lb/> Der Herr aber wird den Geist der Gnade und des Gebets über die Bewohner<lb/> derselben ausgießen und Christus, den sie gekreuzigt, wird sich an ihre Spitze<lb/> stellen. Von ihm geführt werden sie in einer gewaltigen Schlacht alle Heiden<lb/> darniederlegen. Diesem Triumphe der Juden folgt ein allgemeiner Umsturz der<lb/> Dinge in Europa sowol wie in Asten. Christus wird König der Kinder Israel,<lb/> Jerusalem, seine Hauptstadt, der Mittelpunkt der alten Welt. Die Höfe von<lb/> Paris, London, Petersburg/Rom und Wien (Berlin ist in der Offenbarung<lb/> nicht erwähnt) müssen sich dem Messias als Oberlehnsherrn unterwerfen;<lb/> weigern sie sich dessen, so werden ihre Throne umgestoßen und ihre Reiche<lb/> vernichtet.</p><lb/> <p xml:id="ID_305" next="#ID_306"> Und während das tausendjährige Reich Christi im Osten aufgerichtet wird,<lb/> ist das Westland Zeuge von nicht geringern Umwälzungen und Neubildungen.<lb/> Hier nämlich wird Jehova nach vorhergegangener Vertilgung der Ungläubigen<lb/> um die von den Latterdav-Saints in Missouri erbaute Stadt Zion oder Neu^<lb/> jnusalem die Lamaniten, d. h. die Ureinwohner Amerikas, „diesen Rest vom<lb/> Samen Josephs" sammeln und an einem Tage bekehren. In ihrer Metropole</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0095]
der Kirche. Jedes Mitglied hat hier das Recht, seine Meinung auszusprechen
und zu vertheidigen. Der Präsident saßt dann das Vorgebrachte in ein Ne-
sumv zusammen und gibt die Entscheidung, der alle sich zu unterwerfen haben,
„wie wenn Gott gesprochen hätte." Dieses Concil dient dem Präsidenten als
Auge, Ohr und Hand. Die Mitglieder agiren als Spione in allen Angelegen¬
heiten. Sie beobachten ti'e Arbeiten des Feldes wie der Schule, der Werkstatt
wie des Kaufladens. Sie dringen selbst in das Heiligthum der Familie.
Wird in irgendeinem gesellschaftlichen Cirkel eine Neuerung, ein Zweifel, ein
Tadel, ein Plan gegen den Willen des Kirchenhauptes laut, so gelangt es
sicher binnen wenigen Tagen zu den Ohren Voungö, und sofort werden die
geeigneten Maßregeln zur Unterdrückung getroffen und ausgeführt, noch
ehe der Betreffende gewahr geworden ist, daß man in der obern Sphäre
davon weiß.
Als eigentlicher Zweck aller Heilsmittel und aller Anforderungen der Kirche
wird die Vorbereitung auf das tausendjährige Reich Christi auf Erden genannt.
Die erste und heiligste Pflicht aller Heiligen vom jüngsten Tage ist in dieser
Beziehung die Auswanderung nach Deseret. Ist diese vollendet und das
Evangelium allen Völkern und Zungen gepredigt, so hebt eine Zeit großer
Wunder an. Die Verlornen zehn Stämme Israels, welche jetzt auf einer noch
unentdeckten Insel, oder, wie andre wollen, in einem geheimnißvollen Lande
jenseits des Polareises wohnen, werden gleich den Zerstreuter Judas nach
Jerusalem zurückkehren und dort den Tempel wieder aufbauen. Dann wird
die ganze Welt, soweit sie nicht zu den Gläubigen gehört, sich wider sie er¬
heben, mit Heeresmacht gegen sie heranziehen und die heilige Stadt belagern.
Der Herr aber wird den Geist der Gnade und des Gebets über die Bewohner
derselben ausgießen und Christus, den sie gekreuzigt, wird sich an ihre Spitze
stellen. Von ihm geführt werden sie in einer gewaltigen Schlacht alle Heiden
darniederlegen. Diesem Triumphe der Juden folgt ein allgemeiner Umsturz der
Dinge in Europa sowol wie in Asten. Christus wird König der Kinder Israel,
Jerusalem, seine Hauptstadt, der Mittelpunkt der alten Welt. Die Höfe von
Paris, London, Petersburg/Rom und Wien (Berlin ist in der Offenbarung
nicht erwähnt) müssen sich dem Messias als Oberlehnsherrn unterwerfen;
weigern sie sich dessen, so werden ihre Throne umgestoßen und ihre Reiche
vernichtet.
Und während das tausendjährige Reich Christi im Osten aufgerichtet wird,
ist das Westland Zeuge von nicht geringern Umwälzungen und Neubildungen.
Hier nämlich wird Jehova nach vorhergegangener Vertilgung der Ungläubigen
um die von den Latterdav-Saints in Missouri erbaute Stadt Zion oder Neu^
jnusalem die Lamaniten, d. h. die Ureinwohner Amerikas, „diesen Rest vom
Samen Josephs" sammeln und an einem Tage bekehren. In ihrer Metropole
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