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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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von einem Ende bis zum andern wie mit einer schwarzen Decke überziehen. In
zahlreichen Rudeln streifen die Rehe umher, Bären ziehen haufenweis zu den
Maisfeldern und kehren zu ihrem Verstecke in einer alten Palme heim. Die
Indianer kommen aus den Steppen hervor und handeln mit den Weißen,
Pulver und Kugeln gegen ihr Pelzwerk eintauschend.

Freie, edelherzige Gastfreiheit ist die Tugend der Bewohner Louisianas.
Wird ein Fremder unterwegs krank, so klopfe er dreist an die Thür einer
Wohnung und er wird eine Ruhestätte, sorgsame Pflege und Freunde finden,
die als Lohn nichts als seinen Dank verlangen. Unbesorgt bleibe er, bis er
ganz hergestellt ist; er wird dann des Abends beim Feuer der fröhlichen, auf¬
merksamen Familie seine Reisen erzählen, an allen Festen in der Nähe teil¬
nehmen, bei den Freunden seines Wirthes willkommen sein und beim Abschied
wahrscheinlich ihre Thränen mit den seinigen sich mischen sehen.

Die Orientalen sind während der heißen Tage nicht indolenter, die Russen
nicht unermüdlicher in den Winterjagdcn, als die muntern, unerschrockenen
Creolen, welche stets zu Rosse, bald aus Eiderdunen, bald auf Bärenfellen
schlafend, jagd- und vergnügungssüchtig, stets heiter und von einem in Europa
nicht leicht zu findenden Lebensmuthe sind. Und welch herrliche Pflanzungen,
welch liebliche Dickichte von Orangenbäumen, Magnolien und Bananen;
welch entzückende Hecken von Aoukas, mit ihren wie chinesische Glockenthürme
herabhängenden Blüten; und diese ungeheuern Wälder von Baumwolle, die,
weißer als Schnee, ihre schwarze Hülle öffnet, um ihren Reichthum im Ueber¬
fluß auszustreuen, -- dieses glatte, grüne Rohr, diese Zuckermühlen, wo der
Syrup gesiedet wird, wo die Räder brausen, Sklaven und fleißige Herren in
ewiger Thätigkeit begriffen sind, denn jeder Arm voll Rohr ist so gut wie
ein Piaster. Und diese Negerhütten, welche wie Lagerzelte aneinander gereiht,
sich unter Palma - Christi, Sassafras- und rmidköpfigen Lilasbäumen dahin¬
ziehen! Im Frühjahr ist die Einöde von Balsam erfüllt, Blütenwolken
schweben auf dem Hauche der Lüfte, Massen purpurner Gewinde, goldener
Kränze, groß genug, ganze Städte zu schmücke".

Kommt die Zeit der Lust, dann findet man sie fast immer in Gesellschaft
beisammen, die fröhlichen Bewohner Louisianas. Man sieht sie zehn Meilen
im Umkreise herbeieilen, die ganze Nacht tanzen und mit Anbruch des Tages
wieder zu Pferde steigen, um nach ihren Pflanzungen heimzukehren; junge,
hurtige Leute, mit klugem stolzen Gesicht, das Haar schwarz wie Ebenholz, und
braunem Teint; und frische fröhliche Mädchen, mit dem dunkeln Auge der
Andalusierin, minder hochmüthig als die Mexikanerinnen, lebendiger als ihre
Nachbarn im Norden, im Innern der Seele Französinnen; gutherzig und sanft,
als wüßten sie nicht, daß sie schön sind. -- Man. meldet den Creolen eine
plötzliche Ueberschwemmung; die Wogen haben ihre Saaten verheert, ihre


von einem Ende bis zum andern wie mit einer schwarzen Decke überziehen. In
zahlreichen Rudeln streifen die Rehe umher, Bären ziehen haufenweis zu den
Maisfeldern und kehren zu ihrem Verstecke in einer alten Palme heim. Die
Indianer kommen aus den Steppen hervor und handeln mit den Weißen,
Pulver und Kugeln gegen ihr Pelzwerk eintauschend.

Freie, edelherzige Gastfreiheit ist die Tugend der Bewohner Louisianas.
Wird ein Fremder unterwegs krank, so klopfe er dreist an die Thür einer
Wohnung und er wird eine Ruhestätte, sorgsame Pflege und Freunde finden,
die als Lohn nichts als seinen Dank verlangen. Unbesorgt bleibe er, bis er
ganz hergestellt ist; er wird dann des Abends beim Feuer der fröhlichen, auf¬
merksamen Familie seine Reisen erzählen, an allen Festen in der Nähe teil¬
nehmen, bei den Freunden seines Wirthes willkommen sein und beim Abschied
wahrscheinlich ihre Thränen mit den seinigen sich mischen sehen.

Die Orientalen sind während der heißen Tage nicht indolenter, die Russen
nicht unermüdlicher in den Winterjagdcn, als die muntern, unerschrockenen
Creolen, welche stets zu Rosse, bald aus Eiderdunen, bald auf Bärenfellen
schlafend, jagd- und vergnügungssüchtig, stets heiter und von einem in Europa
nicht leicht zu findenden Lebensmuthe sind. Und welch herrliche Pflanzungen,
welch liebliche Dickichte von Orangenbäumen, Magnolien und Bananen;
welch entzückende Hecken von Aoukas, mit ihren wie chinesische Glockenthürme
herabhängenden Blüten; und diese ungeheuern Wälder von Baumwolle, die,
weißer als Schnee, ihre schwarze Hülle öffnet, um ihren Reichthum im Ueber¬
fluß auszustreuen, — dieses glatte, grüne Rohr, diese Zuckermühlen, wo der
Syrup gesiedet wird, wo die Räder brausen, Sklaven und fleißige Herren in
ewiger Thätigkeit begriffen sind, denn jeder Arm voll Rohr ist so gut wie
ein Piaster. Und diese Negerhütten, welche wie Lagerzelte aneinander gereiht,
sich unter Palma - Christi, Sassafras- und rmidköpfigen Lilasbäumen dahin¬
ziehen! Im Frühjahr ist die Einöde von Balsam erfüllt, Blütenwolken
schweben auf dem Hauche der Lüfte, Massen purpurner Gewinde, goldener
Kränze, groß genug, ganze Städte zu schmücke».

Kommt die Zeit der Lust, dann findet man sie fast immer in Gesellschaft
beisammen, die fröhlichen Bewohner Louisianas. Man sieht sie zehn Meilen
im Umkreise herbeieilen, die ganze Nacht tanzen und mit Anbruch des Tages
wieder zu Pferde steigen, um nach ihren Pflanzungen heimzukehren; junge,
hurtige Leute, mit klugem stolzen Gesicht, das Haar schwarz wie Ebenholz, und
braunem Teint; und frische fröhliche Mädchen, mit dem dunkeln Auge der
Andalusierin, minder hochmüthig als die Mexikanerinnen, lebendiger als ihre
Nachbarn im Norden, im Innern der Seele Französinnen; gutherzig und sanft,
als wüßten sie nicht, daß sie schön sind. — Man. meldet den Creolen eine
plötzliche Ueberschwemmung; die Wogen haben ihre Saaten verheert, ihre


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/420>, abgerufen am 03.07.2024.