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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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Vor allen Dingen aber mußte zuvor das Fort Olivo -- welches wie das
Fort Sinvarna von Sewastopol, damals als der eigentliche Schlüssel von
Tarragona betrachtet wurde -- genommen sein, ehe Suchet mit Aussicht auf
Erfolg in der eigentlichen Belagerung vorschreiten konnte.

Das Fort Olivo ist ein selbständiges Werk, das, 400 Klafter von der Festung
auf nacktem Felsen gelegen und die Ebene beherrschend, bei einer auserlesenen Be¬
satzung von 2500 Mann, 60 völlig bewaffnete Schießscharten darbot. Es bildete
damals eine Art Kronwerk, dessen Unregelmäßigkeiten sehr gut zu dem Terrain
paßten, um die Gründe einzusehen. Die Gräben, senkrecht in den Felsen ein¬
gehauen, hatten bei einer Breite von 40 Fuß 20 Fuß Tiefe/ Die Schie߬
scharten der meisten Batterien waren casemattirt. Zum Schutze des offnen
Theils der Kehle diente eine Abdachung von, 25 --30 Fuß, wahrend man sie
auf der andern Seite durch eine crenelirte Galerie geschlossen hatte, auf der
eine Mauer aufgeführt war, deren Obertheil Sturmpfähle schützten. Der bedeckte
Weg lief auf den größten Theil des Umkreises aus. Zwei Thore von zwei
Redans geschützt, gewährten Eingang. Außerdem umschloß dieses ungeheure
Fort, von über 800 Klafter Umfang, in seinem Innern ein Rcduit in Form
eines HornwerkS, wo sich ein casematttirter Cavalier befand, der, durch
einen tiefen Graben abgesondert, ein zweites Reduit bildete.

Die wiederholten Ausfälle, welche von den Belagerten aus dem Fort Olivo
gemacht wurden, um den Feind an der Anlage der Batterien zu hindern, kosteten
den Franzosen mehre tausend Mann, außerdem den General Prinz Salm und
eine Menge Stabsoffiziere vom Geniecorps. Aber der Marschall, dadurch
unbeirrt, ließ seine Geschütze ununterbrochen spielen, bis nach einem wohl¬
gerichteten Feuer von 2 Tagen und 2 Nächten eine Bresche gangbar geworden
war. Jetzt wurde unter Anführung des tapfern Generals Ficatier der Sturm
unternommen. Der heroische Widerstand der Besatzung diente nur dazu, die
Anstrengungen der stürmenden zu verdoppeln, welche auf den Schultern und
den aufgethürmten Leichen ihrer Kameraden die Werke erstiegen. Ein furchtbares
Kartätschenfeuer aus den Kanonen am äußersten Ende des Forts streckte die An¬
greifenden reihenweise nieder. Schon fingen sie an zu wanken, hie und da sah
man sie rückwärts durch die Bresche schreiten, als General Meöclops mit den
Reserven des 2., 4. und 5. Linienregiments herbeieilte und den Kampf völlig
wiederherstellte, nachdem es ihm gelungen war, das Thor des Reduits zu
erstürmen. Aber die Spanier standen fest hinter einem dritten Graben.
Erst als General Harispe mit einem Theile seiner Truppen heranstürmte, ge¬
lang es, diesen Graben zu übersteigen und sich nach einem furchrbaren Gemetzel
zum Herrn dieses wichtigen Festungswerkes, dem eigentlichen Knotenpunkte der
Außenwerke von Tarragona, zu machen.

In diesem letzten blutigen Anlauf wurden 1250 Spanier und 61 Offiziere


Vor allen Dingen aber mußte zuvor das Fort Olivo — welches wie das
Fort Sinvarna von Sewastopol, damals als der eigentliche Schlüssel von
Tarragona betrachtet wurde — genommen sein, ehe Suchet mit Aussicht auf
Erfolg in der eigentlichen Belagerung vorschreiten konnte.

Das Fort Olivo ist ein selbständiges Werk, das, 400 Klafter von der Festung
auf nacktem Felsen gelegen und die Ebene beherrschend, bei einer auserlesenen Be¬
satzung von 2500 Mann, 60 völlig bewaffnete Schießscharten darbot. Es bildete
damals eine Art Kronwerk, dessen Unregelmäßigkeiten sehr gut zu dem Terrain
paßten, um die Gründe einzusehen. Die Gräben, senkrecht in den Felsen ein¬
gehauen, hatten bei einer Breite von 40 Fuß 20 Fuß Tiefe/ Die Schie߬
scharten der meisten Batterien waren casemattirt. Zum Schutze des offnen
Theils der Kehle diente eine Abdachung von, 25 —30 Fuß, wahrend man sie
auf der andern Seite durch eine crenelirte Galerie geschlossen hatte, auf der
eine Mauer aufgeführt war, deren Obertheil Sturmpfähle schützten. Der bedeckte
Weg lief auf den größten Theil des Umkreises aus. Zwei Thore von zwei
Redans geschützt, gewährten Eingang. Außerdem umschloß dieses ungeheure
Fort, von über 800 Klafter Umfang, in seinem Innern ein Rcduit in Form
eines HornwerkS, wo sich ein casematttirter Cavalier befand, der, durch
einen tiefen Graben abgesondert, ein zweites Reduit bildete.

Die wiederholten Ausfälle, welche von den Belagerten aus dem Fort Olivo
gemacht wurden, um den Feind an der Anlage der Batterien zu hindern, kosteten
den Franzosen mehre tausend Mann, außerdem den General Prinz Salm und
eine Menge Stabsoffiziere vom Geniecorps. Aber der Marschall, dadurch
unbeirrt, ließ seine Geschütze ununterbrochen spielen, bis nach einem wohl¬
gerichteten Feuer von 2 Tagen und 2 Nächten eine Bresche gangbar geworden
war. Jetzt wurde unter Anführung des tapfern Generals Ficatier der Sturm
unternommen. Der heroische Widerstand der Besatzung diente nur dazu, die
Anstrengungen der stürmenden zu verdoppeln, welche auf den Schultern und
den aufgethürmten Leichen ihrer Kameraden die Werke erstiegen. Ein furchtbares
Kartätschenfeuer aus den Kanonen am äußersten Ende des Forts streckte die An¬
greifenden reihenweise nieder. Schon fingen sie an zu wanken, hie und da sah
man sie rückwärts durch die Bresche schreiten, als General Meöclops mit den
Reserven des 2., 4. und 5. Linienregiments herbeieilte und den Kampf völlig
wiederherstellte, nachdem es ihm gelungen war, das Thor des Reduits zu
erstürmen. Aber die Spanier standen fest hinter einem dritten Graben.
Erst als General Harispe mit einem Theile seiner Truppen heranstürmte, ge¬
lang es, diesen Graben zu übersteigen und sich nach einem furchrbaren Gemetzel
zum Herrn dieses wichtigen Festungswerkes, dem eigentlichen Knotenpunkte der
Außenwerke von Tarragona, zu machen.

In diesem letzten blutigen Anlauf wurden 1250 Spanier und 61 Offiziere


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/412>, abgerufen am 22.07.2024.