Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.Gartenkunst und die Tektonik. Schon längst hatte man das Bedürfniß Wir wenden uns zuerst an das Werk über die Gartenkunst. Der Ver¬ Aus einzelnen Resten wird man sich wol noch an die Zeit erinnern, wo Gartenkunst und die Tektonik. Schon längst hatte man das Bedürfniß Wir wenden uns zuerst an das Werk über die Gartenkunst. Der Ver¬ Aus einzelnen Resten wird man sich wol noch an die Zeit erinnern, wo <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0351" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99737"/> <p xml:id="ID_1191" prev="#ID_1190"> Gartenkunst und die Tektonik. Schon längst hatte man das Bedürfniß<lb/> gefühlt, in dieser Beziehung die Methode und die Principien durch Beispiele<lb/> und Vorbilder sich erläutern zu lassen und die beiden Werke, die wir hier an¬<lb/> zuzeigen haben, kommen diesem Bedürfniß ans eine geistvolle und sinnreiche<lb/> Weise entgegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1192"> Wir wenden uns zuerst an das Werk über die Gartenkunst. Der Ver¬<lb/> fasser, dessen Einsicht und Verdienst wir hier recht lebhast unsern Lesern ein¬<lb/> schärfen möchten, möge es uns nicht verübeln, wenn wir mit einem Tadel<lb/> beginnen, einem Tadel, dem sich aber leicht im Verlauf des Werks abhelfen<lb/> läßt. Die Bilder, die er uns gibt, sind sehr schön und die Verlagshandlung<lb/> hat sie so glänzend ausgestattet, wie es bei einem Luxuswerk der Art nur<lb/> möglich ist; allein der Text, der dazu dienen soll, dem Publicum das wirkliche<lb/> Verständniß zu eröffnen, ist nicht blos ungenügend, sondern gradezu geschmack¬<lb/> los. In einem Werke über die Gartenkunst erwartet man wol am wenigsten<lb/> sentimentale Matthissonsche Redensarten über die Schönheit des Abendhimmels,<lb/> das Plätschern der Wogen, die Friedlichkeit des Landlebens, die Muße eines<lb/> tugendhaften Staatsmannes und dergleichen. Herr Siebeck möge nicht ver¬<lb/> gessen, daß ein so theures Werk lediglich sür ein gebildetes Publicum bestimmt<lb/> sein kann und daß ein solches über derartige Phrasen nur lachen wird. Der<lb/> Text hat die doppelte Aufgabe, einmal uns genau und im Einzelnen die Bilder<lb/> zu erklären, sodann deutlich und sachgemäß die Principien zu entwickeln, die<lb/> den Künstler bei dem Entwurf seines Werks geleitet haben. Wenn Herr Siebeck,<lb/> wie es ja bei ausübenden Künstlern häusig der Fall ist, des Worts nicht<lb/> mächtig sein sollte, so möge er eine andre Feder zu Hilfe nehmen, die nicht<lb/> Phrasen macht, sondern einfach, bestimmt und correct dasjenige ausdrückt, was<lb/> auszudrücken ist. So klein dieser Vorwurf ist, da der Text nur aus ein paar<lb/> Blättchen besteht, so ist er doch nicht unwichtig, denn eine geschmacklose Er¬<lb/> klärung kann leicht ein ungünstiges, wenn auch ungerechtes Vorurtheil gegen<lb/> das Werk selbst erwecken. Wie vortrefflich dieses Werk im Ganzen gedacht<lb/> und im Einzelnen ausgeführt ist, werden Kenner leicht einsehen; hier möge<lb/> man .uns nur erlauben, mit einigen Worten auf seine Stellung innerhalb der<lb/> allgemeinen Geschmacksentwicklung hinzuweisen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1193"> Aus einzelnen Resten wird man sich wol noch an die Zeit erinnern, wo<lb/> auch in der Gartenkunst die Vorstellung herrschte, man müsse der Natur so<lb/> unbedingt als möglich widersprechen. Man bereitete Beete aus bunten Steinen,<lb/> umgab sie mit Alleen, die in der Form einer Kaserne, zugeschnitten waren,<lb/> stellte Fontainen in die Mitte, Statuen :c., kurz man dachte sich Zimmerde-<lb/> corationen, Teppiche :c. aus und suchte es dem Auge soviel als möglich zu<lb/> verstecken, daß man sich im Freien, in der Natur, unter Bäumen und Sträu¬<lb/> chern befände.,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0351]
Gartenkunst und die Tektonik. Schon längst hatte man das Bedürfniß
gefühlt, in dieser Beziehung die Methode und die Principien durch Beispiele
und Vorbilder sich erläutern zu lassen und die beiden Werke, die wir hier an¬
zuzeigen haben, kommen diesem Bedürfniß ans eine geistvolle und sinnreiche
Weise entgegen.
Wir wenden uns zuerst an das Werk über die Gartenkunst. Der Ver¬
fasser, dessen Einsicht und Verdienst wir hier recht lebhast unsern Lesern ein¬
schärfen möchten, möge es uns nicht verübeln, wenn wir mit einem Tadel
beginnen, einem Tadel, dem sich aber leicht im Verlauf des Werks abhelfen
läßt. Die Bilder, die er uns gibt, sind sehr schön und die Verlagshandlung
hat sie so glänzend ausgestattet, wie es bei einem Luxuswerk der Art nur
möglich ist; allein der Text, der dazu dienen soll, dem Publicum das wirkliche
Verständniß zu eröffnen, ist nicht blos ungenügend, sondern gradezu geschmack¬
los. In einem Werke über die Gartenkunst erwartet man wol am wenigsten
sentimentale Matthissonsche Redensarten über die Schönheit des Abendhimmels,
das Plätschern der Wogen, die Friedlichkeit des Landlebens, die Muße eines
tugendhaften Staatsmannes und dergleichen. Herr Siebeck möge nicht ver¬
gessen, daß ein so theures Werk lediglich sür ein gebildetes Publicum bestimmt
sein kann und daß ein solches über derartige Phrasen nur lachen wird. Der
Text hat die doppelte Aufgabe, einmal uns genau und im Einzelnen die Bilder
zu erklären, sodann deutlich und sachgemäß die Principien zu entwickeln, die
den Künstler bei dem Entwurf seines Werks geleitet haben. Wenn Herr Siebeck,
wie es ja bei ausübenden Künstlern häusig der Fall ist, des Worts nicht
mächtig sein sollte, so möge er eine andre Feder zu Hilfe nehmen, die nicht
Phrasen macht, sondern einfach, bestimmt und correct dasjenige ausdrückt, was
auszudrücken ist. So klein dieser Vorwurf ist, da der Text nur aus ein paar
Blättchen besteht, so ist er doch nicht unwichtig, denn eine geschmacklose Er¬
klärung kann leicht ein ungünstiges, wenn auch ungerechtes Vorurtheil gegen
das Werk selbst erwecken. Wie vortrefflich dieses Werk im Ganzen gedacht
und im Einzelnen ausgeführt ist, werden Kenner leicht einsehen; hier möge
man .uns nur erlauben, mit einigen Worten auf seine Stellung innerhalb der
allgemeinen Geschmacksentwicklung hinzuweisen.
Aus einzelnen Resten wird man sich wol noch an die Zeit erinnern, wo
auch in der Gartenkunst die Vorstellung herrschte, man müsse der Natur so
unbedingt als möglich widersprechen. Man bereitete Beete aus bunten Steinen,
umgab sie mit Alleen, die in der Form einer Kaserne, zugeschnitten waren,
stellte Fontainen in die Mitte, Statuen :c., kurz man dachte sich Zimmerde-
corationen, Teppiche :c. aus und suchte es dem Auge soviel als möglich zu
verstecken, daß man sich im Freien, in der Natur, unter Bäumen und Sträu¬
chern befände.,
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