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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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Haus, der eine mit einem Korbe, der andere mit einem Tiegel "ersehen, und
indem der Vermummte spricht: "I bin der Pfingstbutz. Drum gebet mir an
ebbes in mein Geldbeutel! Kleine Thaler haun i guna, aber keine grouße,"
sammelt man Gaben an Eiern und Schmalz ein, die dann zu einem Kuchen
eingeschlagen und von den Theilnehmern des Mummenschanzes verspeist werden.
Zuletzt wird der Pfingstbutz unter Stroh und Mist vergraben.

In vielen Orten des badischen Schwarzwaldes und selbst in einigen
Dörfern Würtembergs, z. B. in Wurmlingen findet beim Einbringen des
Psingstlümmels auch ein Pferderitt statt. Zehn bis zwölf Bursche reiten in
den benachbarten Wald, wo sie einen Kameraden in Laub hüllen und mit
Blumen behängen, ihm eine spitze Laubmütze aufsetzen und ihn dann ins Dorf
zurückbegleiten, wobei er beständig Bücklinge machen muß, während drei Knaben
unaufhörlich mit Peitschen knalle", und drei Mädchen in Körben Eßwaaren
einsammeln. Die Weisheit einiger Oberämter hat diesen Gebräuchen hin und
wieder ein Ende gemacht. In andern Gegenden kehrte man sich an das Ver¬
bot nicht, und so ist manches Bezeichnende noch jetzt im Schwange.

An einigen Stellen fügen sich die Reime, die dabei gesprochen werden,
sogar zu einer Art Drama zusammen. So zog noch vor etlichen Jahren die
seltsame Procession in Friedingen an der Donau, nachdem man im Felde den
Pfingstbutz eingeflochten, von einem Platzmeister geführt, vor den Pfarrhof,
wo der Anführer den versammelten Zuschauern Platz zu machen gebot, da noch
andere Gesellen kommen würden. Diese erschienen ebenfalls zu Pferde und
von einem Rittmeister geführt, bald nachher, und nun entspann sich eine
Wechselrede in Versen, die in manchen Wendungen an Heidnisches anklingt.
Der Platzmeister fragt, woher der Wind die neuen Ankömmlinge getrieben
bringe, und der Rittmeister antwortet:


Ab (über) alle Wiese" und Aecker,
Was geht das dich a", du junger Lenker?

Dann reitet der Maienträger vor und spricht:


Maienführcr, Maienführcr bin ich genannt,
Den Maien führ' ich in meiner Hand,
Den Degen an der Seiten
Mit dem Türken (einst wol mit dem Winter?) "lust ich streiten.

Hieraus entgegnet der zur andern Partei ".die einst für den Winter kämpfte)
gehörige "Fähndrich".


Fähndrich. Fähndrich bin ich genannt,
Die Fahne führ' ich in meiner Hand.
Wer neben mir reitet und zieht nit ab den Hut,
Der wird gestrafet mit unsrer Ruth,
Der wird gestrafet für unsre Ehr',
Hätten wir aber solche Sachen (er deutet hier >nit einer Fingerbewegung
das Geldzählen an)
Wvllicn wir lassen Künste backen.

Haus, der eine mit einem Korbe, der andere mit einem Tiegel »ersehen, und
indem der Vermummte spricht: „I bin der Pfingstbutz. Drum gebet mir an
ebbes in mein Geldbeutel! Kleine Thaler haun i guna, aber keine grouße,"
sammelt man Gaben an Eiern und Schmalz ein, die dann zu einem Kuchen
eingeschlagen und von den Theilnehmern des Mummenschanzes verspeist werden.
Zuletzt wird der Pfingstbutz unter Stroh und Mist vergraben.

In vielen Orten des badischen Schwarzwaldes und selbst in einigen
Dörfern Würtembergs, z. B. in Wurmlingen findet beim Einbringen des
Psingstlümmels auch ein Pferderitt statt. Zehn bis zwölf Bursche reiten in
den benachbarten Wald, wo sie einen Kameraden in Laub hüllen und mit
Blumen behängen, ihm eine spitze Laubmütze aufsetzen und ihn dann ins Dorf
zurückbegleiten, wobei er beständig Bücklinge machen muß, während drei Knaben
unaufhörlich mit Peitschen knalle», und drei Mädchen in Körben Eßwaaren
einsammeln. Die Weisheit einiger Oberämter hat diesen Gebräuchen hin und
wieder ein Ende gemacht. In andern Gegenden kehrte man sich an das Ver¬
bot nicht, und so ist manches Bezeichnende noch jetzt im Schwange.

An einigen Stellen fügen sich die Reime, die dabei gesprochen werden,
sogar zu einer Art Drama zusammen. So zog noch vor etlichen Jahren die
seltsame Procession in Friedingen an der Donau, nachdem man im Felde den
Pfingstbutz eingeflochten, von einem Platzmeister geführt, vor den Pfarrhof,
wo der Anführer den versammelten Zuschauern Platz zu machen gebot, da noch
andere Gesellen kommen würden. Diese erschienen ebenfalls zu Pferde und
von einem Rittmeister geführt, bald nachher, und nun entspann sich eine
Wechselrede in Versen, die in manchen Wendungen an Heidnisches anklingt.
Der Platzmeister fragt, woher der Wind die neuen Ankömmlinge getrieben
bringe, und der Rittmeister antwortet:


Ab (über) alle Wiese» und Aecker,
Was geht das dich a», du junger Lenker?

Dann reitet der Maienträger vor und spricht:


Maienführcr, Maienführcr bin ich genannt,
Den Maien führ' ich in meiner Hand,
Den Degen an der Seiten
Mit dem Türken (einst wol mit dem Winter?) »lust ich streiten.

Hieraus entgegnet der zur andern Partei «.die einst für den Winter kämpfte)
gehörige „Fähndrich".


Fähndrich. Fähndrich bin ich genannt,
Die Fahne führ' ich in meiner Hand.
Wer neben mir reitet und zieht nit ab den Hut,
Der wird gestrafet mit unsrer Ruth,
Der wird gestrafet für unsre Ehr',
Hätten wir aber solche Sachen (er deutet hier >nit einer Fingerbewegung
das Geldzählen an)
Wvllicn wir lassen Künste backen.

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[0346] Haus, der eine mit einem Korbe, der andere mit einem Tiegel »ersehen, und indem der Vermummte spricht: „I bin der Pfingstbutz. Drum gebet mir an ebbes in mein Geldbeutel! Kleine Thaler haun i guna, aber keine grouße," sammelt man Gaben an Eiern und Schmalz ein, die dann zu einem Kuchen eingeschlagen und von den Theilnehmern des Mummenschanzes verspeist werden. Zuletzt wird der Pfingstbutz unter Stroh und Mist vergraben. In vielen Orten des badischen Schwarzwaldes und selbst in einigen Dörfern Würtembergs, z. B. in Wurmlingen findet beim Einbringen des Psingstlümmels auch ein Pferderitt statt. Zehn bis zwölf Bursche reiten in den benachbarten Wald, wo sie einen Kameraden in Laub hüllen und mit Blumen behängen, ihm eine spitze Laubmütze aufsetzen und ihn dann ins Dorf zurückbegleiten, wobei er beständig Bücklinge machen muß, während drei Knaben unaufhörlich mit Peitschen knalle», und drei Mädchen in Körben Eßwaaren einsammeln. Die Weisheit einiger Oberämter hat diesen Gebräuchen hin und wieder ein Ende gemacht. In andern Gegenden kehrte man sich an das Ver¬ bot nicht, und so ist manches Bezeichnende noch jetzt im Schwange. An einigen Stellen fügen sich die Reime, die dabei gesprochen werden, sogar zu einer Art Drama zusammen. So zog noch vor etlichen Jahren die seltsame Procession in Friedingen an der Donau, nachdem man im Felde den Pfingstbutz eingeflochten, von einem Platzmeister geführt, vor den Pfarrhof, wo der Anführer den versammelten Zuschauern Platz zu machen gebot, da noch andere Gesellen kommen würden. Diese erschienen ebenfalls zu Pferde und von einem Rittmeister geführt, bald nachher, und nun entspann sich eine Wechselrede in Versen, die in manchen Wendungen an Heidnisches anklingt. Der Platzmeister fragt, woher der Wind die neuen Ankömmlinge getrieben bringe, und der Rittmeister antwortet: Ab (über) alle Wiese» und Aecker, Was geht das dich a», du junger Lenker? Dann reitet der Maienträger vor und spricht: Maienführcr, Maienführcr bin ich genannt, Den Maien führ' ich in meiner Hand, Den Degen an der Seiten Mit dem Türken (einst wol mit dem Winter?) »lust ich streiten. Hieraus entgegnet der zur andern Partei «.die einst für den Winter kämpfte) gehörige „Fähndrich". Fähndrich. Fähndrich bin ich genannt, Die Fahne führ' ich in meiner Hand. Wer neben mir reitet und zieht nit ab den Hut, Der wird gestrafet mit unsrer Ruth, Der wird gestrafet für unsre Ehr', Hätten wir aber solche Sachen (er deutet hier >nit einer Fingerbewegung das Geldzählen an) Wvllicn wir lassen Künste backen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/346>, abgerufen am 22.07.2024.