Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.die meisten von ihnen sind für die Musik, welche in den Quartettsoireen ge¬ Virtuosen auf einem der Streichinstrumente ließen sich dagegen im Quar¬ die meisten von ihnen sind für die Musik, welche in den Quartettsoireen ge¬ Virtuosen auf einem der Streichinstrumente ließen sich dagegen im Quar¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0301" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99687"/> <p xml:id="ID_1032" prev="#ID_1031"> die meisten von ihnen sind für die Musik, welche in den Quartettsoireen ge¬<lb/> geben wird, weder organisirt noch gebildet. Wenn man aber gar diesen Herren<lb/> gestattet, neben der ernsten Kammermusik auch ihre musikalischen Quincaillerien<lb/> feilzubieten, so ist das eine Versündigung gegen den guten Geschmack, gegen<lb/> welche der ernstlichste Protest eingelegt werden muß. Machen sie es zur Be¬<lb/> dingung ihrer Mitwirkung, daß sie auch mit ihren wie vor dem Spiegel ein¬<lb/> gelernten Kunststückchen vor dem Publicum kokettiren, so wollen wir die Reue<lb/> nicht so theuer erkaufen, daß wir Herrn Dreyschocks Bagatellen in den 'Kauf<lb/> nähmen, um ihn ein Bcethvvensches Trio so vortragen zu hören, wie auch<lb/> ein artiger Cvnservatoriumsschüler es vermag. Glaubt Hr. Dreyschock, er<lb/> könne nach der Fuge in Beethovens Lewr-Quartett sich mit einer Fuge nach<lb/> seiner Fa^on boven lassen, so ist das einfach lächerlich; wenn aber die Concert-<lb/> direction, die sich zum Wahlspruch gesetzt hat: Ko8 severg, vsrum x^namen,<lb/> dergleichen gestattet, so ist.das noch etwas ganz Anderes.</p><lb/> <p xml:id="ID_1033" next="#ID_1034"> Virtuosen auf einem der Streichinstrumente ließen sich dagegen im Quar¬<lb/> tett nicht hören. Joachim hatten wir nur Gelegenheit in einem Concert zu<lb/> bewundern, das er mit Frau Cl. Schumann gab; Herr von Königslow,<lb/> der an anderen Orten mit Beifall als Quartettspieler aufgetreten ist und sich<lb/> eine Zeitlang hier aufhielt, spielte nicht — aus Gründen, die wahrscheinlich<lb/> das Publicum nicht interessiren. Und doch würde man hier sehr gern mitunter<lb/> gute Geiger hören, denn es läßt sich nicht leugnen, daß das Quartett keines¬<lb/> wegs überall und gleichmäßig vorzüglich ist. Herrn Dr eh Schock fehlt es<lb/> für die bedeutenderen Sachen an Energie des Spiels und Selbstständigkeit<lb/> der Auffassung; wenn er die erste Geige spielt, ist das Ganze wie in eine<lb/> niedrigere Stimmung herabgedrückt. Im Gegensatz dazu tritt Herr David<lb/> fast überall mehr hervor, als es namentlich für das Quartett sich schickt, so<lb/> daß, als Herr Dreyschock einmal erste Geige und Herr David die Bratjchc<lb/> spielte, es durchaus den Anschein hatte, als ob die Bratsche eigentlich die<lb/> erste Violine sei. Ueberhaupt macht sich leider in dem Spiel des Herrn David<lb/> immermehr eine forcirte Manierirtheit geltend, welche einer treuen, innigen<lb/> Hingebung °an die Sache, einer einsichtigen Unterordnung unter das Ganze,<lb/> wie sie für das Quartettspielen unerläßliche Bedingungen sind, grade entge¬<lb/> gengesetzt ist. Bei einigen der Beethovenschen Quartetts, namentlich denen in<lb/> Lsclm- und l?me>Il, vermißte man das eigentliche innere Vertrautsein gar sehr.<lb/> Allerdings kann bei dieser Art der Musik von Virtuose nichts anbringen, er<lb/> muß sich in sie versenken, sie in sich aufnehmen und aus sich heraus frei re¬<lb/> producieren; allein eben dieses fehlte dem Spiel des Herrn David und somit<lb/> dem Ganzen. Dafür ist es keine Entschädigung, wenn er z. B. das Adagio<lb/> des Mozartschen Quartetts mit einer honigsüßen Weichlichkeit tränkte, die dem<lb/> einfachen, reinen Charakter dieses Satzes ganz fremd ist. Ebensowenig kann</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0301]
die meisten von ihnen sind für die Musik, welche in den Quartettsoireen ge¬
geben wird, weder organisirt noch gebildet. Wenn man aber gar diesen Herren
gestattet, neben der ernsten Kammermusik auch ihre musikalischen Quincaillerien
feilzubieten, so ist das eine Versündigung gegen den guten Geschmack, gegen
welche der ernstlichste Protest eingelegt werden muß. Machen sie es zur Be¬
dingung ihrer Mitwirkung, daß sie auch mit ihren wie vor dem Spiegel ein¬
gelernten Kunststückchen vor dem Publicum kokettiren, so wollen wir die Reue
nicht so theuer erkaufen, daß wir Herrn Dreyschocks Bagatellen in den 'Kauf
nähmen, um ihn ein Bcethvvensches Trio so vortragen zu hören, wie auch
ein artiger Cvnservatoriumsschüler es vermag. Glaubt Hr. Dreyschock, er
könne nach der Fuge in Beethovens Lewr-Quartett sich mit einer Fuge nach
seiner Fa^on boven lassen, so ist das einfach lächerlich; wenn aber die Concert-
direction, die sich zum Wahlspruch gesetzt hat: Ko8 severg, vsrum x^namen,
dergleichen gestattet, so ist.das noch etwas ganz Anderes.
Virtuosen auf einem der Streichinstrumente ließen sich dagegen im Quar¬
tett nicht hören. Joachim hatten wir nur Gelegenheit in einem Concert zu
bewundern, das er mit Frau Cl. Schumann gab; Herr von Königslow,
der an anderen Orten mit Beifall als Quartettspieler aufgetreten ist und sich
eine Zeitlang hier aufhielt, spielte nicht — aus Gründen, die wahrscheinlich
das Publicum nicht interessiren. Und doch würde man hier sehr gern mitunter
gute Geiger hören, denn es läßt sich nicht leugnen, daß das Quartett keines¬
wegs überall und gleichmäßig vorzüglich ist. Herrn Dr eh Schock fehlt es
für die bedeutenderen Sachen an Energie des Spiels und Selbstständigkeit
der Auffassung; wenn er die erste Geige spielt, ist das Ganze wie in eine
niedrigere Stimmung herabgedrückt. Im Gegensatz dazu tritt Herr David
fast überall mehr hervor, als es namentlich für das Quartett sich schickt, so
daß, als Herr Dreyschock einmal erste Geige und Herr David die Bratjchc
spielte, es durchaus den Anschein hatte, als ob die Bratsche eigentlich die
erste Violine sei. Ueberhaupt macht sich leider in dem Spiel des Herrn David
immermehr eine forcirte Manierirtheit geltend, welche einer treuen, innigen
Hingebung °an die Sache, einer einsichtigen Unterordnung unter das Ganze,
wie sie für das Quartettspielen unerläßliche Bedingungen sind, grade entge¬
gengesetzt ist. Bei einigen der Beethovenschen Quartetts, namentlich denen in
Lsclm- und l?me>Il, vermißte man das eigentliche innere Vertrautsein gar sehr.
Allerdings kann bei dieser Art der Musik von Virtuose nichts anbringen, er
muß sich in sie versenken, sie in sich aufnehmen und aus sich heraus frei re¬
producieren; allein eben dieses fehlte dem Spiel des Herrn David und somit
dem Ganzen. Dafür ist es keine Entschädigung, wenn er z. B. das Adagio
des Mozartschen Quartetts mit einer honigsüßen Weichlichkeit tränkte, die dem
einfachen, reinen Charakter dieses Satzes ganz fremd ist. Ebensowenig kann
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