Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.eine von den zahlreichen Siegesbeuten, welche deutsche Gelehrsamkeit seit Winckel- Noch dauern die Römerzuge der Deutschen fort und die Triumphe, Zu den Männern, welche berufen sind, durch selbstständige Forschung die eine von den zahlreichen Siegesbeuten, welche deutsche Gelehrsamkeit seit Winckel- Noch dauern die Römerzuge der Deutschen fort und die Triumphe, Zu den Männern, welche berufen sind, durch selbstständige Forschung die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0149" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99535"/> <p xml:id="ID_515" prev="#ID_514"> eine von den zahlreichen Siegesbeuten, welche deutsche Gelehrsamkeit seit Winckel-<lb/> mann aus Italien fortgeführt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_516"> Noch dauern die Römerzuge der Deutschen fort und die Triumphe,<lb/> welche jetzt deutsche Wissenschaft und Bildung feiert, werden glänzender und<lb/> dauernder sein, als die politischen Eroberungen unsrer verklungenen Kaiser.<lb/> Wie stolz die Italiener auch auf ihr Eigenthumsrecht an den Schätzen einer<lb/> großen Vergangenheit sein mögen, den Deutschen gebührt das Verdienst, aus<lb/> den einzelnen Ueberresten das Leben der alten Zeit von neuem construirt zu<lb/> haben. Alle Jahre ziehen deutsche Gelehrte dorthin, um in hartem Kampf,<lb/> unter den Beschwerden und Mühseligkeiten, welche ungeordnete politische Ver¬<lb/> hältnisse und Mißtrauen gegen Fremde dem Reisenden in den Weg werfen, die<lb/> große Vergangenheit von fast drei Jahrtausenden zu verstehe«. Was unsre<lb/> Künstler Italien verdanken, ist oft besprochen; was die Wissenschaft und Kunst¬<lb/> bildung durch die epochemachenden Arbeiten Winckelmanns, Niebuhrs und an¬<lb/> drer Aelterer gewonnen, wird gern anerkannt. Aber vielen gebildeten Deutschen<lb/> ist nicht ebenso geläufig, daß noch jetzt, wo die Kenntniß der antiken Welt so<lb/> unendlich an Umfang und Tiefe zugenommen und nicht wenig an Popularität<lb/> verloren hat, die großartigsten Entdeckungen in fast ununterbrochener Reihen¬<lb/> folge durch gelehrte Deutsche gemacht werden. Die Urgeschichte Italiens, die<lb/> Dialekte der vorrömischen Zeit, Sacralalterthümer, das Münz- lind Verkehrs¬<lb/> leben der Römer, ihre communalen Institutionen, die Einströmung griechischer<lb/> Kunst in das römische Leben, die Geschichte der sogenannten etrurischen Vasen,<lb/> die Anfänge des christlichen Lebens in dem ersterbenden Römerreich sind uns<lb/> durch die scharfsinnigsten Detailforschungen, durch großartige Sammlungen von<lb/> Inschriften, durch wiederholte Besichtigung und Beschreibung der erhaltenen<lb/> Alterthumsreste in ein ganz neues Licht gestellt worden. Nicht weniger hat die<lb/> Periode der christlichen Entwicklung Italiens dnrch eine fortlaufende Verglei-<lb/> chung der Productionen germanischen und italienischen Geistes und Beobach¬<lb/> tung ihrer Wechselwirkung gewonnen. Da diese großartigen Studien und ihre<lb/> Resultate gegenwärtig nur zum kleinen Theil die Eigenschaft haben, populär<lb/> zu sein, begegnet eS jetzt auch dem gebildeten Deutschen wol, daß er nur bei<lb/> Gelegenheit , etwa bei der Lectüre der großartigen römischen Geschichte von<lb/> Mommsen, mit Erstaunen steht, daß vieles, was ihm durch alte Handbücher<lb/> und frühere Lehrer traditionell geworden ist, ganz auf den Kopf gestellt erscheint<lb/> und eine neue Auffassung, neue Gesichtspunkte und neue Seiten des verschüt¬<lb/> teten Lebens in den Vordergrund treten.</p><lb/> <p xml:id="ID_517" next="#ID_518"> Zu den Männern, welche berufen sind, durch selbstständige Forschung die<lb/> Alterthumswissenschaft und die Geschichte der italienischen Kunst weiter zu bilden,<lb/> gehört auch Burckhard. Und wenn dies Blatt das neue Werk benutzt, dem¬<lb/> selben im Namen der gebildeten Laien deutscher Zunge den Dank zu sagen,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0149]
eine von den zahlreichen Siegesbeuten, welche deutsche Gelehrsamkeit seit Winckel-
mann aus Italien fortgeführt hat.
Noch dauern die Römerzuge der Deutschen fort und die Triumphe,
welche jetzt deutsche Wissenschaft und Bildung feiert, werden glänzender und
dauernder sein, als die politischen Eroberungen unsrer verklungenen Kaiser.
Wie stolz die Italiener auch auf ihr Eigenthumsrecht an den Schätzen einer
großen Vergangenheit sein mögen, den Deutschen gebührt das Verdienst, aus
den einzelnen Ueberresten das Leben der alten Zeit von neuem construirt zu
haben. Alle Jahre ziehen deutsche Gelehrte dorthin, um in hartem Kampf,
unter den Beschwerden und Mühseligkeiten, welche ungeordnete politische Ver¬
hältnisse und Mißtrauen gegen Fremde dem Reisenden in den Weg werfen, die
große Vergangenheit von fast drei Jahrtausenden zu verstehe«. Was unsre
Künstler Italien verdanken, ist oft besprochen; was die Wissenschaft und Kunst¬
bildung durch die epochemachenden Arbeiten Winckelmanns, Niebuhrs und an¬
drer Aelterer gewonnen, wird gern anerkannt. Aber vielen gebildeten Deutschen
ist nicht ebenso geläufig, daß noch jetzt, wo die Kenntniß der antiken Welt so
unendlich an Umfang und Tiefe zugenommen und nicht wenig an Popularität
verloren hat, die großartigsten Entdeckungen in fast ununterbrochener Reihen¬
folge durch gelehrte Deutsche gemacht werden. Die Urgeschichte Italiens, die
Dialekte der vorrömischen Zeit, Sacralalterthümer, das Münz- lind Verkehrs¬
leben der Römer, ihre communalen Institutionen, die Einströmung griechischer
Kunst in das römische Leben, die Geschichte der sogenannten etrurischen Vasen,
die Anfänge des christlichen Lebens in dem ersterbenden Römerreich sind uns
durch die scharfsinnigsten Detailforschungen, durch großartige Sammlungen von
Inschriften, durch wiederholte Besichtigung und Beschreibung der erhaltenen
Alterthumsreste in ein ganz neues Licht gestellt worden. Nicht weniger hat die
Periode der christlichen Entwicklung Italiens dnrch eine fortlaufende Verglei-
chung der Productionen germanischen und italienischen Geistes und Beobach¬
tung ihrer Wechselwirkung gewonnen. Da diese großartigen Studien und ihre
Resultate gegenwärtig nur zum kleinen Theil die Eigenschaft haben, populär
zu sein, begegnet eS jetzt auch dem gebildeten Deutschen wol, daß er nur bei
Gelegenheit , etwa bei der Lectüre der großartigen römischen Geschichte von
Mommsen, mit Erstaunen steht, daß vieles, was ihm durch alte Handbücher
und frühere Lehrer traditionell geworden ist, ganz auf den Kopf gestellt erscheint
und eine neue Auffassung, neue Gesichtspunkte und neue Seiten des verschüt¬
teten Lebens in den Vordergrund treten.
Zu den Männern, welche berufen sind, durch selbstständige Forschung die
Alterthumswissenschaft und die Geschichte der italienischen Kunst weiter zu bilden,
gehört auch Burckhard. Und wenn dies Blatt das neue Werk benutzt, dem¬
selben im Namen der gebildeten Laien deutscher Zunge den Dank zu sagen,
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