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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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er und seine Nachfolger sie als getreue Wächter hüten. Die Urkunden wurden
durch vierundzwanzig "betagte Väter", silberhaarige Männer, Söhne und Nach¬
kommen der Helden von 1776 übergeben. In wohlgesetzter, kurzer Ansprache
ermahnte ihr Führer den Gouverneur zur Treue gegen die Constitution. Er
sagte ihm, daß diese Väter vor ihm bald von dem Schauspiele auf der Bühne
dieses Lebens abtreten würden, und daß sie, bevor sie gingen um nicht wieder¬
zukehren, solange das gegenwärtige Regiment währe, die Erbschaft, die sie von
dem vergangenen Geschlecht empfangen, in sichere Hände zu legen wünschten,
damit sie ungeschmälert bewahrt werde bis zu der Zeiten Erfüllung. Es wäre
die glorreiche und göttliche Verfassung, die Gott den Staatsmännern von ehe¬
dem eingegeben, und sie bäten, daß dieselbe in die Archive ihres aufblühenden
Staates niedergelegt würde; als ein heiliger Schatz, als das Palladium der
Freiheit, als die oberste Herrschermacht unter Gott, der über die Geschicke der
Vereinigten Staaten wache, als eine körperlose Gewalt, die lediglich in der
Liebe und Treue ihrer Unterthanen, freigeborener Männer, eristire. Sie müsse
heilig gehalten, jedermann in den Bergen müsse durch Eidschwur zu ihrer Ver¬
theidigung verpflichtet werden. Denn "drohende Wolken wälzen sich am öst¬
lichen Himmel empor und die ursprünglichen Wahrer und Unterstützer werden
bald von der Treue gegen die schweigende und doch so beredte Constitution
lassen und, nach dem Willen Gottes von Sinnen gekommen, heranstürzen, um
ihre Hände mit Bruderblut zu beflecken -- während droben in den Bergen die
auserwählten Hüter sich des heiligen Kleinods erfreuen und endlich wie der
Adler von seinem Horste herniederschicßen werden, um dem bereuenden Reste
jenen Frieden wiederzugeben, durch den dieses Hochbegnadigte Land allein ge¬
deihen kann -- zugleich aber mit der weltlichen Urkunde werden sie jenen die
Wahrheit bringen, die allein frei machen kann.

Die Festlichkeiten wurden durch ein großes Gelage beschlossen, welches in
der Wohnung des Präsidenten denen gegeben wurde, welche von dem Militär
und den Bischöfen nach der Bowery begleitet worden waren. Trinksprüche,
Reden,, Musik und Gesang wechselten miteinander bis zum Abend, wo die
freudebcrauschte Menge, ohne daß ein Zwischenfall den Einklang der Feier ge¬
stört hätte, auseinanderging und unzweifelhaft den Glauben mit heim nahm,
daß die Mormonen das größte Volk der Erde und ihre Regenten die weisesten
Männer unter der Sonne seien. Ihr Scher hatte ihnen gesagt, daß sie keine
irdische Macht zu fürchten hätten, und haß man entschlossen sei/sich als Staat
zu behaupten, was auch Congreß oder Präsident in Washington reden oder
thun möge, und das Volk hatte wie mit Einem Munde ein herzhaftes ""Amen,
so soll eS sein, es ist der Wille der himmlischen Gerechtigkeit!"" darauf geant¬
wortet." --

Ueberblicken wir diese Reden, so kommen wir zu dem Resultate, daß die
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er und seine Nachfolger sie als getreue Wächter hüten. Die Urkunden wurden
durch vierundzwanzig „betagte Väter", silberhaarige Männer, Söhne und Nach¬
kommen der Helden von 1776 übergeben. In wohlgesetzter, kurzer Ansprache
ermahnte ihr Führer den Gouverneur zur Treue gegen die Constitution. Er
sagte ihm, daß diese Väter vor ihm bald von dem Schauspiele auf der Bühne
dieses Lebens abtreten würden, und daß sie, bevor sie gingen um nicht wieder¬
zukehren, solange das gegenwärtige Regiment währe, die Erbschaft, die sie von
dem vergangenen Geschlecht empfangen, in sichere Hände zu legen wünschten,
damit sie ungeschmälert bewahrt werde bis zu der Zeiten Erfüllung. Es wäre
die glorreiche und göttliche Verfassung, die Gott den Staatsmännern von ehe¬
dem eingegeben, und sie bäten, daß dieselbe in die Archive ihres aufblühenden
Staates niedergelegt würde; als ein heiliger Schatz, als das Palladium der
Freiheit, als die oberste Herrschermacht unter Gott, der über die Geschicke der
Vereinigten Staaten wache, als eine körperlose Gewalt, die lediglich in der
Liebe und Treue ihrer Unterthanen, freigeborener Männer, eristire. Sie müsse
heilig gehalten, jedermann in den Bergen müsse durch Eidschwur zu ihrer Ver¬
theidigung verpflichtet werden. Denn „drohende Wolken wälzen sich am öst¬
lichen Himmel empor und die ursprünglichen Wahrer und Unterstützer werden
bald von der Treue gegen die schweigende und doch so beredte Constitution
lassen und, nach dem Willen Gottes von Sinnen gekommen, heranstürzen, um
ihre Hände mit Bruderblut zu beflecken — während droben in den Bergen die
auserwählten Hüter sich des heiligen Kleinods erfreuen und endlich wie der
Adler von seinem Horste herniederschicßen werden, um dem bereuenden Reste
jenen Frieden wiederzugeben, durch den dieses Hochbegnadigte Land allein ge¬
deihen kann — zugleich aber mit der weltlichen Urkunde werden sie jenen die
Wahrheit bringen, die allein frei machen kann.

Die Festlichkeiten wurden durch ein großes Gelage beschlossen, welches in
der Wohnung des Präsidenten denen gegeben wurde, welche von dem Militär
und den Bischöfen nach der Bowery begleitet worden waren. Trinksprüche,
Reden,, Musik und Gesang wechselten miteinander bis zum Abend, wo die
freudebcrauschte Menge, ohne daß ein Zwischenfall den Einklang der Feier ge¬
stört hätte, auseinanderging und unzweifelhaft den Glauben mit heim nahm,
daß die Mormonen das größte Volk der Erde und ihre Regenten die weisesten
Männer unter der Sonne seien. Ihr Scher hatte ihnen gesagt, daß sie keine
irdische Macht zu fürchten hätten, und haß man entschlossen sei/sich als Staat
zu behaupten, was auch Congreß oder Präsident in Washington reden oder
thun möge, und das Volk hatte wie mit Einem Munde ein herzhaftes „„Amen,
so soll eS sein, es ist der Wille der himmlischen Gerechtigkeit!"" darauf geant¬
wortet." —

Ueberblicken wir diese Reden, so kommen wir zu dem Resultate, daß die
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[0139] er und seine Nachfolger sie als getreue Wächter hüten. Die Urkunden wurden durch vierundzwanzig „betagte Väter", silberhaarige Männer, Söhne und Nach¬ kommen der Helden von 1776 übergeben. In wohlgesetzter, kurzer Ansprache ermahnte ihr Führer den Gouverneur zur Treue gegen die Constitution. Er sagte ihm, daß diese Väter vor ihm bald von dem Schauspiele auf der Bühne dieses Lebens abtreten würden, und daß sie, bevor sie gingen um nicht wieder¬ zukehren, solange das gegenwärtige Regiment währe, die Erbschaft, die sie von dem vergangenen Geschlecht empfangen, in sichere Hände zu legen wünschten, damit sie ungeschmälert bewahrt werde bis zu der Zeiten Erfüllung. Es wäre die glorreiche und göttliche Verfassung, die Gott den Staatsmännern von ehe¬ dem eingegeben, und sie bäten, daß dieselbe in die Archive ihres aufblühenden Staates niedergelegt würde; als ein heiliger Schatz, als das Palladium der Freiheit, als die oberste Herrschermacht unter Gott, der über die Geschicke der Vereinigten Staaten wache, als eine körperlose Gewalt, die lediglich in der Liebe und Treue ihrer Unterthanen, freigeborener Männer, eristire. Sie müsse heilig gehalten, jedermann in den Bergen müsse durch Eidschwur zu ihrer Ver¬ theidigung verpflichtet werden. Denn „drohende Wolken wälzen sich am öst¬ lichen Himmel empor und die ursprünglichen Wahrer und Unterstützer werden bald von der Treue gegen die schweigende und doch so beredte Constitution lassen und, nach dem Willen Gottes von Sinnen gekommen, heranstürzen, um ihre Hände mit Bruderblut zu beflecken — während droben in den Bergen die auserwählten Hüter sich des heiligen Kleinods erfreuen und endlich wie der Adler von seinem Horste herniederschicßen werden, um dem bereuenden Reste jenen Frieden wiederzugeben, durch den dieses Hochbegnadigte Land allein ge¬ deihen kann — zugleich aber mit der weltlichen Urkunde werden sie jenen die Wahrheit bringen, die allein frei machen kann. Die Festlichkeiten wurden durch ein großes Gelage beschlossen, welches in der Wohnung des Präsidenten denen gegeben wurde, welche von dem Militär und den Bischöfen nach der Bowery begleitet worden waren. Trinksprüche, Reden,, Musik und Gesang wechselten miteinander bis zum Abend, wo die freudebcrauschte Menge, ohne daß ein Zwischenfall den Einklang der Feier ge¬ stört hätte, auseinanderging und unzweifelhaft den Glauben mit heim nahm, daß die Mormonen das größte Volk der Erde und ihre Regenten die weisesten Männer unter der Sonne seien. Ihr Scher hatte ihnen gesagt, daß sie keine irdische Macht zu fürchten hätten, und haß man entschlossen sei/sich als Staat zu behaupten, was auch Congreß oder Präsident in Washington reden oder thun möge, und das Volk hatte wie mit Einem Munde ein herzhaftes „„Amen, so soll eS sein, es ist der Wille der himmlischen Gerechtigkeit!"" darauf geant¬ wortet." — Ueberblicken wir diese Reden, so kommen wir zu dem Resultate, daß die ^.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/139>, abgerufen am 01.10.2024.