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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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die patriotischen Bürger Amerikas sie auffordern werden, aus ihrer Felsenburg
herabzusteigen und mit Waffengewalt die durch den Wahnsinn der Parteien
in Frage gestellten Satzungen derselben wieder zur Geltung zu bringen.

Die Gefühle, welche sie gegen die Union beseelen, werden bei jeder öffent¬
lichen Gelegenheit mit möglichster Deutlichkeit ausgesprochen, und die folgende
aus.Gunnisons Buch entnommene Schilderung der Feier des dritten Jahres¬
tages ihrer Ankunft in Deseret mag zeigen, in welcher Weise.

"Um zehn Uhr Morgens verkündete Kanonendonner der Stadt, daß die
Zeit gekommen sei, sich bei der Bowery (ihrem provisorischen Tempel) zu ver¬
sammeln. Die Würdenträger der Kirche und die Beamten der von den Ver¬
einigten Staaten abgesandten Vermessungscommission sanden sich in dem neuen
Wohnhause des Präsidenten Brigham Uvung ein, wo sie mit der Freundlichkeit
und Artigkeit empfangen wurden, die den Gouverneur von Utah auszeichnet.
Um elf Uhr marschirte vor dem Hause ein starker, gut ausgerüsteter Trupp
Militär auf, geführt vom General Wells und begleitet von einem Musikchor,
sowie von vierundzwanzig Bischöfen in Amtstracht, welche Fahnen trugen. Die
Gäste, die Würdenträger und die Präsidentschaft ordneten sich dann zum Zuge
und fehlen sich hierauf unter dem Commando des Generals, seiner Adjutanten
und des "Marshal of the Day", während die Musik spielte, die Paniere weh¬
ten und die Kanonen der Bowery donnerten, nach dem Markte in Bewegung,
wo die Hauptfeierlichkeit stattfinden sollte. Hier waren in der musterhaftesten
Ordnung und Ruhe gegen sechstausend Personen versammelt, alle in sauberen
Sonntagskleidern und mit freudestrahlenden Gesichtern. Als der Redner, die
Präsidentschaft, die Väter öder "betagten Männer", sowie die vornehmsten
Gäste auf den zahlreichen Bänken der Kanzelerhöhung Platz genommen hatten,
rief einer der Zwölfe betend den Segen des Himmels auf die Versammlung
herab.

Dann las der Marschall das Programm der Festfeier vor, und hierauf
folgte ein Vortrag des Redners, in welchem er sich an den Stolz, den Patrio¬
tismus und das Gerechtigkeitsgefühl seiner aufmerksamen Zuhörer wendete. Er
zählte ihre vielfältigen Prüfungen und deren glorreiche Resultate auf, forderte
sie auf, ihre Ehre und ihre Rechte gegen jedwede Beeinträchtigung aufrecht zu
erhalten, und erklärte in ihrem Namen, daß jeder Angriff, der aus diesem Grunde
auf sie gemacht würde, auf kräftigen Widerstand stoßen solle. Dann wurden
Reden vom Präsidenten und Andern gehalten, die alle darauf gerichtet waren,
die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der Feier zu lenken und den Hörern
klarer zum Bewußtsein zu bringen, warum und weshalb dieser Tag ein denk¬
würdiger sei.

Hiernach kam die Hauptsache. Es war die Ueberreichung der Verfassung der
Vereinigten Staaten und ihrer eignen an den Gouverneur von Deseret, damit


die patriotischen Bürger Amerikas sie auffordern werden, aus ihrer Felsenburg
herabzusteigen und mit Waffengewalt die durch den Wahnsinn der Parteien
in Frage gestellten Satzungen derselben wieder zur Geltung zu bringen.

Die Gefühle, welche sie gegen die Union beseelen, werden bei jeder öffent¬
lichen Gelegenheit mit möglichster Deutlichkeit ausgesprochen, und die folgende
aus.Gunnisons Buch entnommene Schilderung der Feier des dritten Jahres¬
tages ihrer Ankunft in Deseret mag zeigen, in welcher Weise.

„Um zehn Uhr Morgens verkündete Kanonendonner der Stadt, daß die
Zeit gekommen sei, sich bei der Bowery (ihrem provisorischen Tempel) zu ver¬
sammeln. Die Würdenträger der Kirche und die Beamten der von den Ver¬
einigten Staaten abgesandten Vermessungscommission sanden sich in dem neuen
Wohnhause des Präsidenten Brigham Uvung ein, wo sie mit der Freundlichkeit
und Artigkeit empfangen wurden, die den Gouverneur von Utah auszeichnet.
Um elf Uhr marschirte vor dem Hause ein starker, gut ausgerüsteter Trupp
Militär auf, geführt vom General Wells und begleitet von einem Musikchor,
sowie von vierundzwanzig Bischöfen in Amtstracht, welche Fahnen trugen. Die
Gäste, die Würdenträger und die Präsidentschaft ordneten sich dann zum Zuge
und fehlen sich hierauf unter dem Commando des Generals, seiner Adjutanten
und des „Marshal of the Day", während die Musik spielte, die Paniere weh¬
ten und die Kanonen der Bowery donnerten, nach dem Markte in Bewegung,
wo die Hauptfeierlichkeit stattfinden sollte. Hier waren in der musterhaftesten
Ordnung und Ruhe gegen sechstausend Personen versammelt, alle in sauberen
Sonntagskleidern und mit freudestrahlenden Gesichtern. Als der Redner, die
Präsidentschaft, die Väter öder „betagten Männer", sowie die vornehmsten
Gäste auf den zahlreichen Bänken der Kanzelerhöhung Platz genommen hatten,
rief einer der Zwölfe betend den Segen des Himmels auf die Versammlung
herab.

Dann las der Marschall das Programm der Festfeier vor, und hierauf
folgte ein Vortrag des Redners, in welchem er sich an den Stolz, den Patrio¬
tismus und das Gerechtigkeitsgefühl seiner aufmerksamen Zuhörer wendete. Er
zählte ihre vielfältigen Prüfungen und deren glorreiche Resultate auf, forderte
sie auf, ihre Ehre und ihre Rechte gegen jedwede Beeinträchtigung aufrecht zu
erhalten, und erklärte in ihrem Namen, daß jeder Angriff, der aus diesem Grunde
auf sie gemacht würde, auf kräftigen Widerstand stoßen solle. Dann wurden
Reden vom Präsidenten und Andern gehalten, die alle darauf gerichtet waren,
die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der Feier zu lenken und den Hörern
klarer zum Bewußtsein zu bringen, warum und weshalb dieser Tag ein denk¬
würdiger sei.

Hiernach kam die Hauptsache. Es war die Ueberreichung der Verfassung der
Vereinigten Staaten und ihrer eignen an den Gouverneur von Deseret, damit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/138>, abgerufen am 01.10.2024.