Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.und zum Schluß wird wieder eine Beschreibung derselben Person gegeben: Diese gezwungene, mit Bildern überladene, gewaltsam gesteigerte Krast- Die Eintönigkeit dieser polternden Kraftsprache wird noch durch die Ein¬ Die Zerstossenheit der Form wird noch durch die träumerische Wendung Grenzlwte". I. 186". 42
und zum Schluß wird wieder eine Beschreibung derselben Person gegeben: Diese gezwungene, mit Bildern überladene, gewaltsam gesteigerte Krast- Die Eintönigkeit dieser polternden Kraftsprache wird noch durch die Ein¬ Die Zerstossenheit der Form wird noch durch die träumerische Wendung Grenzlwte». I. 186». 42
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und zum Schluß wird wieder eine Beschreibung derselben Person gegeben:
Diese gezwungene, mit Bildern überladene, gewaltsam gesteigerte Krast-
sprache, die stark an den Opiumrausch erinnert, würde nur dann ihre richtige
Wirkung ausüben (selbst von den einzelnen handgreiflichen Jncörrectheiten ab¬
gesehen), .wenn sie als Contrast in einzelnen ergreifenden Stellen aufträte,
wo die Phantasie schon hinlänglich gespannt wäre, alles über sich ergehen zu
lassen und auch alles zu begreifen. Allein wenn es durch daS ganze Gedicht
so fortgeht, so tritt der Uebelstand ein, daß der Dichter der-Phantasie seines
Lesers eine Anstrengung zumuthet, bevor er ihm etwas geboten hat. Um jene
Einleitungsverse auch nur grammatisch zu verstehen, muß man sie einige Male
hin- und beriefen, und diese Anstrengung widerstrebt der natürlichen Beschaffen¬
heit des Recipirenden, der vor allem Genuß verlangt. Zuerst muß der Dichter
uns durch den Stoff anziehen und fesseln, dadurch stärkt er die Spannkraft
unsrer Phantasie und macht uns geneigt, ihm auch auf ungebahnten Pfaden
zu folgen: oder er muß uns wenigstens, wie Byron im Anfang des Giaur,
gleich etwas so Glänzendes bieten, daß wir in eine höhere Welt entrückt wer¬
den. Aber, dazu reichen die Kräfte unsres Dichters nicht aus.
Die Eintönigkeit dieser polternden Kraftsprache wird noch durch die Ein¬
tönigkeit des Versmaßes verschlimmert, welches höchst unglücklich gewählt ist.
Man wird bemerkt haben, daß dieses Versmaß aus dem Herameter durch Weg-
lassung der ersten Silbe gebildet ist. Aber durch diese Weglassung verliert das
Versmaß allen Charakter. Es gelingt dem Dichter nicht, was er beabsichtigt,
eine Art von anapästischem Rhythmus herzustellen, sondern es wird jener am¬
phibrachische Tonfall daraus, der sich gereimt und an komischen Gegenständen,
z. B. in Bürgers „Kaiser und Abt", drollig genug ausnimmt,-aber für einen
ernsten Stoff viel zu hüpfend und weichlich ist. Waldau hat denselben Fehler
begangen, wie Kleist in seinem „Frühling", aber der Herameter mit einer Vor¬
schlagsilbe erinnert doch immer noch mehr an den ursprünglichen Tonfall, als
der verkürzte Herameter.
Die Zerstossenheit der Form wird noch durch die träumerische Wendung
verstärkt, welche gegen das Ende hin der psychologische Inhalt der Fabel nimmt.
Es ist das ein Zug, der ursprünglich nicht in Waldalis Natur liegt, den wir
Grenzlwte». I. 186». 42
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