Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.noch weiß ich, daß diese Bursche das Stilet gebrauchen. Wenn Sie sich Anstatt der von Joseph versprochenen Schonung des Privateigenthums noch weiß ich, daß diese Bursche das Stilet gebrauchen. Wenn Sie sich Anstatt der von Joseph versprochenen Schonung des Privateigenthums <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0060" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98912"/> <p xml:id="ID_193" prev="#ID_192"> noch weiß ich, daß diese Bursche das Stilet gebrauchen. Wenn Sie sich<lb/> nicht von vornherein gefürchtet machen, so werden die unglücklichen Folgen<lb/> nicht ausbleiben. Die Auflegung einer Steuer wird nicht die von Ihnen be¬<lb/> fürchtete Wirkung hervorbringen; jedermann hat sich darauf gefaßt gemacht<lb/> und wird sie natürlich finden. Ihre Proclamationen an das neapolitanische<lb/> Volk lassen den Herrn nicht genug heraushören. Sie gewinnen nichts mit<lb/> allzuvielen Schmeicheleien. Die Völker Italiens, ja die Völker überhaupt,<lb/> sind immer zu Rebellion und Meuterei geneigt, wenn sie den Herrn nicht<lb/> spüren."</p><lb/> <p xml:id="ID_194" next="#ID_195"> Anstatt der von Joseph versprochenen Schonung des Privateigenthums<lb/> verlangt Napoleon eine großartige Consiöcationsmaßregel, verbunden mit einer<lb/> militärischen Kolonisation und der Begründung eines neuen militärischen<lb/> Feudaladels, und kommt wiederholt auf diesen Plan zurück, namentlich bei Ge¬<lb/> legenheit des Aufstandes in Calabrien. „Warum confisciren Sie nicht,"<lb/> schrieb er damals, „da sich Calabrien empört hat, die Hälfte des Grundbesitzes<lb/> und vertheilen ihn an die Armee? Diese Maßregel würde Ihnen große Hilfs¬<lb/> quellen eröffnen, und zu gleicher Zeit ein Beispiel für die Zukunft sein. Mit<lb/> Milde und Sanftmut!) verändert und reformirt man keinen Staat; es gehören<lb/> dazu außerordentliche und kraftvolle Maßregeln. Da die Calabrier meine<lb/> Soldaten gemeuchelmordet haben, werde ich selbst das Decret erlassen, wodurch<lb/> ich die Hälfte des öffentlichen und Privateinkommens der Provinz zum Besten<lb/> meiner Truppen confiscire; aber wenn Sie von vornherein als Princip auf¬<lb/> stellen, daß sie sich nicht empört haben, und daß Sie ihnen immer zugethan<lb/> gewesen sind, so wird Ihre Herzensgüte, die nur Schwäche und Zaghaftigkeit<lb/> ist, sehr verhängnißvolle Folgen für Frankreich haben." Ueber die beabsichtigte<lb/> Gründung eines Feudaladels äußerte er sich am 8. März -1806: „Man muß<lb/> im Königreich Neapel eine gewisse Anzahl französischer Familien einbürgern,<lb/> und sie mit den Lehen dotiren, die theils durch die Veräußerung einiger<lb/> Krondomänen, theils durch die Confiscation von Lehen in Privatbauten, oder<lb/> aus Klostergütern durch die Verminderung der Anzahl der Klöster gewonnen<lb/> werden könnten. Meiner Meinung nach wird Ihr Thron keinen, Bestand<lb/> haben, wenn nicht aus Ihrer Umgebung etwa hundert Generale, Oberste<lb/> und andere Offiziere, sowie auch Hvfbeamte große Lehnsbesitzer in dem<lb/> Königreiche Neapel und Sicilien werden. Ich denke, Massen«'und Bernadotte<lb/> sollten mit dem Fürstentitel und mit bedeutenden Einkünften, welche den Reich¬<lb/> thum ihrer Familien sicherstellen müßten, in Neapel untergebracht werden. Ich<lb/> thue dies auch in Pirmont, in Italien, in Parma; diese Länder und Neapel<lb/> müßten das Vermögen sür 3—600 französische Offiziere hergeben, die sämmtlich<lb/> nach der Erstgeburt auf ihre Nachkommen zu vererbende Domänen erhalten.<lb/> Im Verlauf einiger Jahre werden sich diese Offiziere in die vornehmsten Häuser</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0060]
noch weiß ich, daß diese Bursche das Stilet gebrauchen. Wenn Sie sich
nicht von vornherein gefürchtet machen, so werden die unglücklichen Folgen
nicht ausbleiben. Die Auflegung einer Steuer wird nicht die von Ihnen be¬
fürchtete Wirkung hervorbringen; jedermann hat sich darauf gefaßt gemacht
und wird sie natürlich finden. Ihre Proclamationen an das neapolitanische
Volk lassen den Herrn nicht genug heraushören. Sie gewinnen nichts mit
allzuvielen Schmeicheleien. Die Völker Italiens, ja die Völker überhaupt,
sind immer zu Rebellion und Meuterei geneigt, wenn sie den Herrn nicht
spüren."
Anstatt der von Joseph versprochenen Schonung des Privateigenthums
verlangt Napoleon eine großartige Consiöcationsmaßregel, verbunden mit einer
militärischen Kolonisation und der Begründung eines neuen militärischen
Feudaladels, und kommt wiederholt auf diesen Plan zurück, namentlich bei Ge¬
legenheit des Aufstandes in Calabrien. „Warum confisciren Sie nicht,"
schrieb er damals, „da sich Calabrien empört hat, die Hälfte des Grundbesitzes
und vertheilen ihn an die Armee? Diese Maßregel würde Ihnen große Hilfs¬
quellen eröffnen, und zu gleicher Zeit ein Beispiel für die Zukunft sein. Mit
Milde und Sanftmut!) verändert und reformirt man keinen Staat; es gehören
dazu außerordentliche und kraftvolle Maßregeln. Da die Calabrier meine
Soldaten gemeuchelmordet haben, werde ich selbst das Decret erlassen, wodurch
ich die Hälfte des öffentlichen und Privateinkommens der Provinz zum Besten
meiner Truppen confiscire; aber wenn Sie von vornherein als Princip auf¬
stellen, daß sie sich nicht empört haben, und daß Sie ihnen immer zugethan
gewesen sind, so wird Ihre Herzensgüte, die nur Schwäche und Zaghaftigkeit
ist, sehr verhängnißvolle Folgen für Frankreich haben." Ueber die beabsichtigte
Gründung eines Feudaladels äußerte er sich am 8. März -1806: „Man muß
im Königreich Neapel eine gewisse Anzahl französischer Familien einbürgern,
und sie mit den Lehen dotiren, die theils durch die Veräußerung einiger
Krondomänen, theils durch die Confiscation von Lehen in Privatbauten, oder
aus Klostergütern durch die Verminderung der Anzahl der Klöster gewonnen
werden könnten. Meiner Meinung nach wird Ihr Thron keinen, Bestand
haben, wenn nicht aus Ihrer Umgebung etwa hundert Generale, Oberste
und andere Offiziere, sowie auch Hvfbeamte große Lehnsbesitzer in dem
Königreiche Neapel und Sicilien werden. Ich denke, Massen«'und Bernadotte
sollten mit dem Fürstentitel und mit bedeutenden Einkünften, welche den Reich¬
thum ihrer Familien sicherstellen müßten, in Neapel untergebracht werden. Ich
thue dies auch in Pirmont, in Italien, in Parma; diese Länder und Neapel
müßten das Vermögen sür 3—600 französische Offiziere hergeben, die sämmtlich
nach der Erstgeburt auf ihre Nachkommen zu vererbende Domänen erhalten.
Im Verlauf einiger Jahre werden sich diese Offiziere in die vornehmsten Häuser
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