Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.thun und dem Osmanenstaat liegt d"er ganze Unterschied einer durch unge- Es gibt nur ein Mittel, Rußland den offen vor ihm liegenden Pfad zur Nachdem in den meisten deutschen Gauen die Bevölkerung zu einer Dich¬ Wenn in nächster Zeit Frankreich und England mit dem Zaren Frieden Es geschieht hiermit nicht zum ersten Male, daß wir die hochwichtige An¬ Wir stehen mitten im Karneval. Herr von Brück hat, nachdem mehre thun und dem Osmanenstaat liegt d"er ganze Unterschied einer durch unge- Es gibt nur ein Mittel, Rußland den offen vor ihm liegenden Pfad zur Nachdem in den meisten deutschen Gauen die Bevölkerung zu einer Dich¬ Wenn in nächster Zeit Frankreich und England mit dem Zaren Frieden Es geschieht hiermit nicht zum ersten Male, daß wir die hochwichtige An¬ Wir stehen mitten im Karneval. Herr von Brück hat, nachdem mehre <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0231" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99083"/> <p xml:id="ID_804" prev="#ID_803"> thun und dem Osmanenstaat liegt d"er ganze Unterschied einer durch unge-<lb/> theilte Nationalität und ein und dieselbe Religion zur höchsten Einheit erho-<lb/> benen Monarchie und einem Mischstaate, in dessen Grenzen Völker des ver¬<lb/> schiedensten Glaubens, der gesondertsten Abstammung und der entgegengesetz¬<lb/> testen politischen Interessen vereinigt sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_805"> Es gibt nur ein Mittel, Rußland den offen vor ihm liegenden Pfad zur<lb/> Suprematie in Europa und zur späteren Universalherrschaft zu verschließen und<lb/> es von diesen Zielpunkten für immer abzudrängen: nämlich die Vereinigung<lb/> der polnischen Lande mit Preußen und Volhyniens mit Oestreich.</p><lb/> <p xml:id="ID_806"> Nachdem in den meisten deutschen Gauen die Bevölkerung zu einer Dich¬<lb/> tigkeit gelangt ist, welche für viele ihrer Bewohner die Auswanderung wenn<lb/> nicht nothwendig, so doch vortheilhaft erscheinen ließ, mußten die beiden deut¬<lb/> schen Großmächte ein vorwiegendes Interesse darin finden, einer Erweiterung<lb/> ihres Gebietes im Osten vorzuarbeiten, um, im engen Anschluß an das Vater¬<lb/> land, hier ein Colonisationsseld für die überschüssigen Volkskräfte zu schaffen.<lb/> Wenn nicht um die Feststellung des Gleichgewichts Europas für die Zukunft,<lb/> mußte schon um Gewinnung dieses Vortheils willen ein Krieg Englands und<lb/> Frankreichs wider Nußland als das freudigste Ereigniß begrüßt werden, wel¬<lb/> ches Oestreich und Preußen begegnen konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_807"> Wenn in nächster Zeit Frankreich und England mit dem Zaren Frieden<lb/> machen sollten, so würde damit festgestellt sein, daß Preußen, wie seine<lb/> deutsche Brudermacht an der Donau, die beste und größte Gelegen¬<lb/> heit, welche seither das Jahrhundert geboten, versäumt haben,<lb/> um ihre Zukunft zu sichern, der germanischen Race in Mittel¬<lb/> europa einen weiten Basisraum zU gewinnen und das heran¬<lb/> nahende und von Jahr zu Jahr näherrückende Verhängniß aus<lb/> Osten in nachdrücklicher Weise abzuwenden.</p><lb/> <p xml:id="ID_808"> Es geschieht hiermit nicht zum ersten Male, daß wir die hochwichtige An¬<lb/> gelegenheit zur Sprache bringen. Möge sie ein Echo in unsrer Presse finden!<lb/> Möge, wenn das Unvermeidliche dereinst nahe sein wird, der Trost uns be¬<lb/> wahrt bleiben, daß in der Stunde, wo es noch Zeit war, Gegenvorkehrungen<lb/> zu treffen, die Organe der öffentlichen Meinung in Deutschland ihre Pflicht<lb/> gethan haben!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> </head><lb/> <p xml:id="ID_809"> Wir stehen mitten im Karneval. Herr von Brück hat, nachdem mehre<lb/> diplomatische und nichtdiplomatische Diners vorausgegangen, denselben am<lb/> vergangenen Montag durch seine erste Soiree eröffnet.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0231]
thun und dem Osmanenstaat liegt d"er ganze Unterschied einer durch unge-
theilte Nationalität und ein und dieselbe Religion zur höchsten Einheit erho-
benen Monarchie und einem Mischstaate, in dessen Grenzen Völker des ver¬
schiedensten Glaubens, der gesondertsten Abstammung und der entgegengesetz¬
testen politischen Interessen vereinigt sind.
Es gibt nur ein Mittel, Rußland den offen vor ihm liegenden Pfad zur
Suprematie in Europa und zur späteren Universalherrschaft zu verschließen und
es von diesen Zielpunkten für immer abzudrängen: nämlich die Vereinigung
der polnischen Lande mit Preußen und Volhyniens mit Oestreich.
Nachdem in den meisten deutschen Gauen die Bevölkerung zu einer Dich¬
tigkeit gelangt ist, welche für viele ihrer Bewohner die Auswanderung wenn
nicht nothwendig, so doch vortheilhaft erscheinen ließ, mußten die beiden deut¬
schen Großmächte ein vorwiegendes Interesse darin finden, einer Erweiterung
ihres Gebietes im Osten vorzuarbeiten, um, im engen Anschluß an das Vater¬
land, hier ein Colonisationsseld für die überschüssigen Volkskräfte zu schaffen.
Wenn nicht um die Feststellung des Gleichgewichts Europas für die Zukunft,
mußte schon um Gewinnung dieses Vortheils willen ein Krieg Englands und
Frankreichs wider Nußland als das freudigste Ereigniß begrüßt werden, wel¬
ches Oestreich und Preußen begegnen konnte.
Wenn in nächster Zeit Frankreich und England mit dem Zaren Frieden
machen sollten, so würde damit festgestellt sein, daß Preußen, wie seine
deutsche Brudermacht an der Donau, die beste und größte Gelegen¬
heit, welche seither das Jahrhundert geboten, versäumt haben,
um ihre Zukunft zu sichern, der germanischen Race in Mittel¬
europa einen weiten Basisraum zU gewinnen und das heran¬
nahende und von Jahr zu Jahr näherrückende Verhängniß aus
Osten in nachdrücklicher Weise abzuwenden.
Es geschieht hiermit nicht zum ersten Male, daß wir die hochwichtige An¬
gelegenheit zur Sprache bringen. Möge sie ein Echo in unsrer Presse finden!
Möge, wenn das Unvermeidliche dereinst nahe sein wird, der Trost uns be¬
wahrt bleiben, daß in der Stunde, wo es noch Zeit war, Gegenvorkehrungen
zu treffen, die Organe der öffentlichen Meinung in Deutschland ihre Pflicht
gethan haben!
Wir stehen mitten im Karneval. Herr von Brück hat, nachdem mehre
diplomatische und nichtdiplomatische Diners vorausgegangen, denselben am
vergangenen Montag durch seine erste Soiree eröffnet.
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