Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.an die alten Voraussetzungen und Traditionen erinnerte, und in welchem die Es wäre das eine völlige Verirrung unsres Gefühls. Dieselbe Vater¬ Weit entfernt also, die ^Erinnerungen an unsre Freiheitskriege zu ver¬ Der Verfasser der vorliegenden "Geschichte der Freiheitskriege" hat seine an die alten Voraussetzungen und Traditionen erinnerte, und in welchem die Es wäre das eine völlige Verirrung unsres Gefühls. Dieselbe Vater¬ Weit entfernt also, die ^Erinnerungen an unsre Freiheitskriege zu ver¬ Der Verfasser der vorliegenden „Geschichte der Freiheitskriege" hat seine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0100" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98952"/> <p xml:id="ID_309" prev="#ID_308"> an die alten Voraussetzungen und Traditionen erinnerte, und in welchem die<lb/> gesammte konstitutionelle Partei den rücksichtslosesten Unterdrücker der Volks¬<lb/> freiheiten sah. hat sich allmälig gelegt, und die große Mehrzahl des deutschen<lb/> Volks hat eingesehen, daß seine Sache in dem großen europäischen Kampf mit<lb/> dem Siege der civilisirten Nationen über Nußland eng verknüpft ist. Obgleich<lb/> die Franzosen unsern nationalen Bestrebungen noch immer nicht die Rücksicht<lb/> zu Theil werden lassen, die wir beanspruchen dürfen, so haben wir doch auf¬<lb/> gehört, sie als unsre natürlichen Gegner zu betrachten, und'es zeigen sich sogar<lb/> Symptome, als wollte man jene Erinnerungen an unsre Freiheitskriege gern<lb/> in den Hintergrund drängen, weil durch den Bund mit den Russen jene ruhm¬<lb/> volle Zeit wenigstens einigermaßen getrübt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_310"> Es wäre das eine völlige Verirrung unsres Gefühls. Dieselbe Vater¬<lb/> landsliebe, die uns damals die Russen als willkommene Helfer gegen die fran¬<lb/> zösische Tyrannei begrüßen ließ, treibt uns jetzt zum Bunde mit Frankreich<lb/> gegen Nußland. Zwar war das System der Unterdrückung, welches der große<lb/> Kaiser der Franzosen gegen uns ausübte, energischer und rücksichtsloser, als<lb/> der stille Einfluß Rußlands auf unsre neueste Geschichte; aber das letztere ist<lb/> darum nicht weniger gefährlich; und wenn auch die Franzosen und Engländer<lb/> jetzt ebensowenig ans Interesse für Deutschland den Kampf begonnen haben,<lb/> wie es die Russen im Jahre 1812 gethan, so, ist doch die zwingende Macht<lb/> der Umstände groß genug, uns trotz der abweichenden Sympathien um die<lb/> nämliche Fahne zu vereinen.</p><lb/> <p xml:id="ID_311"> Weit entfernt also, die ^Erinnerungen an unsre Freiheitskriege zu ver¬<lb/> meiden, um nicht durch russische Sympathien Anstoß zu geben, sollen wir viel¬<lb/> mehr dieselben aufsuchen, um uns an ihnen zu erbauen und uns die Größe<lb/> unsrer Aufgabe, wie die Fülle der Kraft, die verborgen in unsrem Volke<lb/> schlummert, zu versinnlichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_312" next="#ID_313"> Der Verfasser der vorliegenden „Geschichte der Freiheitskriege" hat seine<lb/> Aufgabe richtig aufgefaßt. Er hat vor den meisten Historikern den großen<lb/> Vorzug, daß er den Krieg aus eigner Anschauung kennt und von einer tüchtigen<lb/> militärischen Bildung ausgeht. Er hat noch den letzten Feldzug des Jahres<lb/> 181S mitgemacht und bis zum Jahre 1843 im activen Dienst gestanden; seit<lb/> der Zeit hat er die Materialien seines Werks zu verarbeiten gesucht. Sein<lb/> Plan war keineswegs, eine bloße Kriegsgeschichte zu schreiben, er suchte im<lb/> Gegentheil die Gesammterscheinung jener Jahre zu versinnlichen; aber er<lb/> bemerkt mit Recht, daß die militärischen Begebenheiten doch eine sehr hervor¬<lb/> ragende Stellung einnehmen müssen, wenn man Ursache und Wirkung gehörig<lb/> ergründen will, und hat es also an keinen Studien fehlen lassen, um diesen<lb/> Theil der Geschichte so sachgelreu als möglich darzustellen. Das Material,<lb/> welches wiv zu diesem Zwecke besitzen, nimmt bereit? einen sehr großen Umfang</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
an die alten Voraussetzungen und Traditionen erinnerte, und in welchem die
gesammte konstitutionelle Partei den rücksichtslosesten Unterdrücker der Volks¬
freiheiten sah. hat sich allmälig gelegt, und die große Mehrzahl des deutschen
Volks hat eingesehen, daß seine Sache in dem großen europäischen Kampf mit
dem Siege der civilisirten Nationen über Nußland eng verknüpft ist. Obgleich
die Franzosen unsern nationalen Bestrebungen noch immer nicht die Rücksicht
zu Theil werden lassen, die wir beanspruchen dürfen, so haben wir doch auf¬
gehört, sie als unsre natürlichen Gegner zu betrachten, und'es zeigen sich sogar
Symptome, als wollte man jene Erinnerungen an unsre Freiheitskriege gern
in den Hintergrund drängen, weil durch den Bund mit den Russen jene ruhm¬
volle Zeit wenigstens einigermaßen getrübt wird.
Es wäre das eine völlige Verirrung unsres Gefühls. Dieselbe Vater¬
landsliebe, die uns damals die Russen als willkommene Helfer gegen die fran¬
zösische Tyrannei begrüßen ließ, treibt uns jetzt zum Bunde mit Frankreich
gegen Nußland. Zwar war das System der Unterdrückung, welches der große
Kaiser der Franzosen gegen uns ausübte, energischer und rücksichtsloser, als
der stille Einfluß Rußlands auf unsre neueste Geschichte; aber das letztere ist
darum nicht weniger gefährlich; und wenn auch die Franzosen und Engländer
jetzt ebensowenig ans Interesse für Deutschland den Kampf begonnen haben,
wie es die Russen im Jahre 1812 gethan, so, ist doch die zwingende Macht
der Umstände groß genug, uns trotz der abweichenden Sympathien um die
nämliche Fahne zu vereinen.
Weit entfernt also, die ^Erinnerungen an unsre Freiheitskriege zu ver¬
meiden, um nicht durch russische Sympathien Anstoß zu geben, sollen wir viel¬
mehr dieselben aufsuchen, um uns an ihnen zu erbauen und uns die Größe
unsrer Aufgabe, wie die Fülle der Kraft, die verborgen in unsrem Volke
schlummert, zu versinnlichen.
Der Verfasser der vorliegenden „Geschichte der Freiheitskriege" hat seine
Aufgabe richtig aufgefaßt. Er hat vor den meisten Historikern den großen
Vorzug, daß er den Krieg aus eigner Anschauung kennt und von einer tüchtigen
militärischen Bildung ausgeht. Er hat noch den letzten Feldzug des Jahres
181S mitgemacht und bis zum Jahre 1843 im activen Dienst gestanden; seit
der Zeit hat er die Materialien seines Werks zu verarbeiten gesucht. Sein
Plan war keineswegs, eine bloße Kriegsgeschichte zu schreiben, er suchte im
Gegentheil die Gesammterscheinung jener Jahre zu versinnlichen; aber er
bemerkt mit Recht, daß die militärischen Begebenheiten doch eine sehr hervor¬
ragende Stellung einnehmen müssen, wenn man Ursache und Wirkung gehörig
ergründen will, und hat es also an keinen Studien fehlen lassen, um diesen
Theil der Geschichte so sachgelreu als möglich darzustellen. Das Material,
welches wiv zu diesem Zwecke besitzen, nimmt bereit? einen sehr großen Umfang
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |